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Streit um Brexit
Schwere Zeiten für Geert Wilders in den Niederlanden

Der Streit um den Brexit hat auf die niederländischen Wähler eine abschreckenden Wirkung. Nach neuesten Umfragen steigt die Zahl derjenigen, die für die EU und gegen einen EU-Austritt der Niederlande sind. Keine leichte Ausgangslage für Geert Wilders und seine Anti-EU-Kampagne.

Von Kerstin Schweighöfer | 28.01.2019
    Parteivorsitzender der Partei für Freiheit (PVV) Geert Wilders spricht am Samstag, 16. Dezember 2017, während der Konferenz der Gruppe "Europa der Nationen und Freiheit" (ENF) im Europäischen Parlament im tschechischen Prag.
    Geers Wilders ist es gelungen, mit weiteren sechs Europagegnern, eine eigene Fraktion im Europäischen Parlament zu gründen (CTK / dpa / Vit Simanek)
    Dienstagabend, 15. Januar 2019. Just als Theresa May im britischen Parlament bei der Abstimmung über ihren Brexit-Plan eine historische Niederlage einstecken musste, nutzte Geert Wilders in den Niederlanden einen seiner selten gewordenen TV-Auftritte bei einem Privatsender, um den Wahlkampf einzuläuten - sprich: gegen die EU zu wettern und das Establishment in Den Haag. Denn 2019 stehen im Polderstaat gleich zwei Wahlen an: die Provinzialwahlen im März und die Europawahlen im Mai.
    Als Ministerpräsident der Niederlande, verkündete Wilders, würde er als erstes für Menschen aus islamischen Ländern alle Grenzen schließen:
    Die letzten Europawahlen 2014 verliefen für Wilders’ "Partei für die Freiheit" PVV zwar enttäuschend: Im Gegensatz zu anderen EU-feindlichen Parteien in Europa konnte die PVV nicht wie erhofft zulegen; mit 13,2 Prozent blieb sie nach den niederländischen Christdemokraten zwar zweitstärkste Partei, verlor aber fast ein Viertel ihrer Stimmen.
    Geert Wilders will zur Europawahl antreten und das europäische Parlament abschaffen
    Doch kurz darauf gelang es Wilders, mit sechs anderen Europagegnern im europäischen Parlament eine eigene Fraktion zu gründen, darunter Marine le Pens Rassemblement National.
    "Ich habe mit der EU nichts am Hut", so Wilders, "ich würde das europäische Parlament am liebsten morgen abschaffen. Aber Parteien wie die meine in den Niederlanden oder in Italien und Österreich – die könnten als zweitstärkste Fraktion aus diesen Europawahlen hervorgehen, das hat es noch nie gegeben, dann könnten wir die EU von innen heraus anpacken. Deshalb ist es so wichtig, dass alle zur Wahl gehen!"
    Bei den letzten Parlamentswahlen 2017 wurde die PVV ebenfalls zweitstärkste Partei – nach den Rechtsliberalen des amtierenden Ministerpräsidenten Mark Rutte. Doch niemand wollte mit Wilders eine Koalition eingehen, seine PVV blieb in der Opposition. Mehr als sieben Monaten brauchte Rutte, um mit den Christdemokraten, den liberalen D66-Demokraten und der kleinen kalvinistischen Christenunie eine Koalition zu schmieden. Sie hat nur eine hauchdünne Mehrheit im Abgeordnetenhaus.
    Auch die Mehrheit im Senat, der Ersten Kammer, ist sehr knapp – und steht Umfragen zufolge bei den Provinzialwahlen auf dem Spiel. Denn die Provinzialparlamente wählen die Abgeordneten der Ersten Kammer.
    Mark Rutte appelliert an den Zusammenhalt
    Geert Wilders will bei diesen Wahlen den Anfang vom Ende der Ära Rutte einläuten. Worüber sich Mark Rutte nur allzu sehr bewusst ist: In einem seitengrossen offenen Brief an alle Niederländer, der kurz vor Weihnachten in einer Tageszeitung erschien, verglich Rutte die Niederlande mit einer kostbaren, aber zerbrechlichen kleinen Vase, die in falsche Hände geraten könnte – eine Vase aus Delfter Blau-Porzellan, erläuterte der Premier im Fernsehen:
    Als abschreckendes Beispiel nannte Rutte Großbritannien: Da hätten Bürger und Politiker vergessen, was sie zusammen erreicht haben - und die Vase fallen lassen.
    Von den 13 Parteien im niederländischen Abgeordnetenhaus ist neben Wilders’ PVV nur noch das "Forum für Demokratie" für einen Nexit, sprich: einen EU-Austritt der Niederlande. Das Forum gilt als intellektuelle Ausgabe der PVV. Der Beiname dieser beiden Parteien: "die zwei Nexitiere" - frei nach Alexandre Dumas.