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Streit um Glyphosat
Fürchten wir uns vor dem falschen Gift im Essen?

In Deutschland und der EU wird über die Neuzulassung des Unkrautvernichters Glyphosat gestritten. Diese Woche sollen die 28 EU-Staaten darüber entscheiden. Es geht um eine mögliche Krebsgefahr - das Bundesinstitut für Risikobewertung hält sie für vergleichsweise gering. Viel gefährlicher für unser Essen seien Bakterien, Schimmelpilze, manche natürliche Gifte und mangelnde Küchenhygiene.

Von Georg Ehring | 17.05.2016
    Aussortiertes Gemüse, das wegen seiner Größe, Form oder eingerissenen Haut nicht in den Handel gelangt ist.
    In der Öffentlichkeit würden die Risiken durch Salmonellen, Schimmelpilze und andere Krankheitserreger viel zu wenig beachtet, klagen Ernährungsexperten. (dpa / picture alliance / Tobias Hase)
    Ein gemütliches Essen unter Freunden, es gibt ein Drei-Gänge-Menü: als Vorspeise grüne Paprika und Tomaten, gebacken und mit einer Dill-Marinade übergossen.
    Gemüse gilt als gesund, doch oft enthält es Rückstände von Pestiziden. Das gilt auch für Paprika und Tomaten – die Lebensmittelüberwachung der Länder und auch Umweltorganisationen wie Greenpeace haben immer wieder Obst und Gemüse testen lassen und dabei Rückstände von unterschiedlichen Pflanzenbehandlungsmitteln gefunden. Viele davon können auch den Menschen schaden, sagt Christiane Huxdorff, bei Greenpeace zuständig für die Landwirtschaft.
    "In erster Linie haben natürlich Pestizide die Eigenschaft, etwas abzutöten: Insekten, Unkräuter, Pilze, wie auch immer. Und da muss man sich einfach klar sein: Die können nicht für den einen Organismus komplett schädlich sein und für den anderen komplett unschädlich. Und es gibt eine ganze Vielfalt von Indizien, die eben darauf hindeuten, was für unterschiedliche Auswirkungen die auf den menschlichen Organismus haben: Manche können eben das Nervensystem schädigen, manche stehen im Verdacht, Krebs zu erregen, manche können Parkinson hervorrufen, manche können auch bei Kontakt zu Hautreizungen oder Augenirritationen führen."
    Verbraucherumfrage zur Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln
    Solche Warnungen finden Gehör. Viele Konsumenten fürchten gerade wegen der Belastung mit Pestiziden um die Sicherheit der Lebensmittel. Das Bundesinstitut für Risikobewertung fragte Verbraucher, was ihrer Ansicht nach die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln am meisten beeinträchtigt. Pflanzenschutzmittel, Chemikalien und Gifte standen an erster Stelle, gefolgt von der industrialisierten Landwirtschaft sowie Massentierhaltung und Antibiotika.
    Das Institut mit Sitz in Berlin hat von Amts wegen die Aufgabe, Risiken wie die durch Pestizide zu bewerten. Doch ausgerechnet die staatlichen Warner vor Lebensmittel-Gefahren widersprechen der weitverbreiteten Meinung. Reiner Wittkowski, der Vizepräsident des Instituts:
    "Lebensmittel, die im Handel sind und die die gesetzlichen Höchstmengen einhalten, sind sicher. Da können Sie auch nicht unterscheiden zwischen Bio oder Öko oder konventionell, sondern das gilt grundsätzlich. Und insofern ist die Angst vor Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln eigentlich völlig unbegründet. Und es gibt auch keine dokumentierten Fälle von Vergiftungen zum Beispiel, dass das in irgendeiner Form mit Pflanzenschutzmittel-Rückständen in Lebensmitteln zusammenhängt. Insofern ist hier eine Wahrnehmung vorhanden, die sich wissenschaftlich eigentlich gar nicht belegen lässt."
    Selbst eine geringfügige Überschreitung der Höchstmengen beeinträchtigt nach Ansicht von Wittkowski die Lebensmittel-Sicherheit nicht. Dafür sorgten großzügige Sicherheits-Margen bei ihrer Festlegung. Es gibt sie freilich aus gutem Grund: Wie giftig eine Substanz ist, kann nur im Tierversuch ermittelt werden. Doch Menschen reagieren auf Chemikalien oft anders als Versuchstiere. Der Ausweg:
    "Dieser Wert, der dann gefunden wird, von dem man ausgehen darf, dass er bei Tieren keinen Effekt hat, der wird dann noch mal mit Sicherheitsfaktoren belegt. Meistens ist es der Faktor 100, dass man sagt: Diesen Wert legen wir fest für einen sogenannten ADI-Wert, das ist der acceptable daily intake. Das heißt: Das ist eine Menge, die können Sie täglich aufnehmen, ein Leben lang, ohne irgendeinen Schaden zu erleiden. Und das ist dann die Basis für einen Rückstandshöchstwert für ein Lebensmittel."
    Auch wer das umstrittene Pflanzengift Glyphosat mit der Nahrung aufnimmt, hat nach Ansicht des Bundesinstituts nichts zu befürchten – die in Bier oder Brot gefundenen Mengen seien viel zu gering. Zu dem gleichen Ergebnis kommt ein gemeinsamer Ausschuss der Weltorganisationen für Gesundheit und Ernährung für die Bewertung von Pestiziden. Die internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hält es dagegen für wahrscheinlich krebserregend, allerdings ohne zu Angabe zu den Mengen, bei deren Aufnahme das Risiko besteht. Unumstritten ist wohl nur, dass weitere Forschung erforderlich ist.
    Keine Einigung in der Bundesregierung über Glyphosat
    Die Europäische Union will in dieser Woche über eine Verlängerung der Zulassung um neun Jahre entscheiden – und die Bundesregierung ist in dieser Frage uneins: Landwirtschaftsminister Christian Schmidt ist für die Verlängerung, Umweltministerin Barbara Hendricks dagegen. Wenn es in der Regierung keine Einigung gibt, wird Deutschland sich in der Abstimmung enthalten müssen; die letzte Entscheidung liegt ohnehin bei der EU-Kommission. Umwelt- und Verbraucherverbände wollen ein Verbot von Glyphosat – Matthias Wolfschmidt von der Organisation Foodwatch begründet dies so.
    "Wenn es wissenschaftliche Unsicherheit gibt und Uneinigkeit gibt bezüglich der Gefährlichkeit einer Substanz, dann greift das Vorsorgeprinzip und das fordern wir tatsächlich von der Europäischen Kommission ein: Aus vorsorgendem Gesundheitsschutz eine Substanz, über die sich Wissenschaft bezüglich ihrer Gefährlichkeit nicht einig ist, eine solche Substanz nicht zuzulassen."
    Viele Lebensmittelhändler haben auf die Angst der Kunden vor Pestizid-Rückständen reagiert. Sie verlangen von ihren Lieferanten, die gesetzlichen Höchstgrenzen für Pestizide deutlich zu unterschreiten oder sie tolerieren gar keine Rückstände bestimmter Mittel. Die Lebensmittelbranche reagiert damit auch auf Kampagnen pestizid-kritischer Nichtregierungsorganisationen oder NGOs, sagt Matthias Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation Foodwatch.
    "Sie wissen, dass aufgrund langjähriger Kampagnenbemühungen von Greenpeace die Handelsunternehmen die gesetzlichen Vorgaben ja verschärft haben gegenüber ihren Lieferantinnen und Lieferanten, was darauf hinweist, dass die gesagt haben: Erstens: Wir wollen keinen Ärger haben mit NGOs und zweitens: Wir wollen, dass so wenig an Rückständen in diesem Obst und diesem Gemüse auffindbar ist oder zurückbleibt, wie es eben möglich ist. Und deswegen haben die ihre eigenen schärferen zulässigen Höchstwerte definiert."
    Für die Wirtschaft geht es vor allem um Imagevorteile, wenn ein Unternehmen weniger Pestizide in seinen Produkten duldet als die Konkurrenz. Marcus Girnau vom Branchenverband Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, BLL.
    Import aus anderen Ländern
    "Das kann ein Wettbewerbsvorteil sein, aber es ist kein Gesichtspunkt der Sicherheit. Die Frage ist ja auch: Kann ich das nach saisonalen Gesichtspunkten durchweg durchhalten?"
    Denn die Lieferanten kommen oft aus unterschiedlichen Ländern – gerade wenn ein Gemüse oder ein Obst in Europa keine Saison hat, kann es aus Ländern importiert werden, in denen ein Unterschreiten der Höchstgrenzen nur schwer zu garantieren ist.
    Zurück zu unserer Tafelrunde: Als Hauptgang gibt es Hähnchenbrust auf indische Art – mit Reis und vielen Gewürzen. Doch auch hier lauern unerwünschte Stoffe – bei Reis wurden neben Pestiziden vor einiger Zeit Rückstände von Mineralöl gefunden, die aus der Verpackung stammten. Das größte Risiko lauert allerdings im Hühnerfleisch, sagt Reiner Wittkowski vom Bundesinstitut für Risikobewertung:
    "In allen tierischen Lebensmitteln haben Sie mit Mikroorganismen zu kämpfen, das können Salmonellen sein, das kann E-Coli sein, also Ehec, oder das kann auch Campylobacter sein. Das heißt: Es ist normal, dass diese Tiere diese Populationen tragen, sie werden auch nicht krank davon".
    Beim Menschen ist das anders. Allein an Salmonellen erkrankten im Jahr 2014 in Deutschland mehr als 16.000 Menschen. 17 Todesfälle wurden dokumentiert. Die Dunkelziffer bei den Erkrankungen ist vermutlich hoch. Einmal, weil die Meldepflichten nicht immer beachtet werden. Zum anderen, weil Betroffene häufig nicht zum Arzt gehen. Auch Keime wie Escherichia Coli oder EHEC und Campylobacter können krank machen. Bei Ehec gab es im Jahr 2011 einen großen Ausbruch mit 4.000 Erkrankungen und 53 Toten in Deutschland – in diesem Fall wohl hervorgerufen durch verunreinigten Bockshornklee aus Ägypten. Immer wieder werden Lebensmittel zurückgerufen, weil krankmachende Mikroorganismen gefunden wurden – zum Beispiel im Rohmilchkäse, in Würsten, in Fisch oder Gewürzen.
    Salmonellen, Campylobacter oder Ehec
    Im Gegensatz zum eher theoretischen Risiko, durch Pestizide geschädigt zu werden, lauern hier wirklich akute Gesundheitsgefahren, meint auch Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
    "Wenn ich mich mit Salmonellen, Campylobacter oder Ehec infiziere, habe ich natürlich direkte Auswirkungen, die ich spüre. Die sind zwar sicherlich indifferent, weil es eben Durchfall, Erbrechen, Unwohlsein sein kann, was nicht immer direkt auf eine Lebensmittelinfektion schließen lässt, aber ich habe natürlich die direkten Auswirkungen und das ist ja sehr unangenehm."
    Lebensgefahr droht vor allem für Menschen, die zusätzlich geschwächt oder anfällig sind. Also zum Beispiel Säuglinge und Kleinkinder, alte Menschen oder solche, deren Immunsystem bereits durch eine andere Erkrankung geschwächt ist.
    Um das Risiko zu begrenzen, ist strikte Küchenhygiene gefragt. Doch auch wer nur selten kocht, sollte zum Beispiel beim Umgang mit Geflügel einige Regeln beachten, sagt Antje Gahl.
    "Wenn ich das lagere, bitte Geflügelfleisch separat von anderen Fleischsorten zu lagern, immer die Kühlkette einzuhalten, also auch wenn ich es frisch einkaufe, möglichst schnell auch wieder zu kühlen. Wenn ich es tiefgekühlt gekauft habe und es auftaue, dann das Auftauwasser separat aufzufangen und auch bitte wegzuschütten. Dann bei der Vorbereitung der Lebensmittel sicherlich die Brettchen und die Messer, alles, was ich mit Geflügelfleisch in Verbindung bringe, immer separat verwenden und nicht danach noch das Gemüse darauf schneiden."
    Nüsse und Schimmelpilze
    Wenn das Fleisch dann auch gut durchgegart ist, dann ist die Gefahr weitgehend gebannt. Zu einem guten Essen gehört auch der Nachtisch. Es gibt eine Creme aus Joghurt und Mascarpone mit Birnen- und Bananenstücken sowie mit Schokolade, verfeinert mit gehackten Walnüssen aus dem eigenen Garten. Rein von den Kalorien her hat das Dessert es in sich und den Gästen schmeckt es.
    Doch auch hier findet Risikoforscher Reiner Wittkowski Gefahren, die einem den Appetit verderben könnten.
    "Ja, Nüsse das ist natürlich ... so ist es ja damals auch entdeckt worden, ein großes Thema für die Mykotoxine. Das sind also toxische Verbindungen, giftige Verbindungen, sie können Organe schädigen, sie können auch Erbgut-verändernd sein, sie können Krebs erzeugend sein, sie können teratogen also fruchtschädigend sein und das sind die sogenannten Mykotoxine. Das bekannteste ist mit Sicherheit das Aflatoxin."
    Akute Vergiftungen durch Schimmelpilz-Gifte sind zwar in unseren Breiten selten geworden, die Krebsgefahr allerdings ist geblieben. Aflatoxine gehören zu den stärksten Krebsgiften überhaupt. In Zahlen zu fassen ist das Risiko trotzdem nicht: Bis zum Ausbruch einer Erkrankung können Jahrzehnte vergehen und Leber- oder Magenkrebs zum Beispiel können viele Ursachen haben. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für den Umgang mit Schimmel in Nüssen und anderen Lebensmitteln:
    "Die sollten nicht mehr verzehrt werden, weil: Gerade diese Schimmelpilze bilden sozusagen giftige Substanzen, die Leber und Nieren schädigen können. Also, die haben schon ein relativ hohes Vergiftungspotenzial und deshalb sollte man solche Lebensmittel, die eben mit Schimmelpilzen befallen sind, nicht mehr verzehren. Der Vorteil ist meistens, dass man es relativ gut sehen kann. Wenn dann so ein kleiner Schimmelrasen da ist, aber auch sobald nur das erste Anzeichen da ist, nicht denken: Das schneide ich mal großzügig weg. Sondern: Schimmelpilze bilden sozusagen Verzweigungen, die dann schon ins Lebensmittel übergegangen sein können, was man gar nicht mehr sieht."
    Befallene Stellen großzügig wegzuschneiden oder kleine Schimmelpilz-Funde zu ignorieren, ist also zu riskant – auch wenn es in früheren Jahren völlig üblich war und auch heute noch in vielen Haushalten praktiziert wird.
    In der Öffentlichkeit würden die Risiken durch Salmonellen, Schimmelpilze und andere Krankheitserreger viel zu wenig beachtet, klagen Ernährungsexperten. Das spiegelt sich auch im Verbrauchermonitor des Bundesinstituts für Risikobewertung wieder. Die Befragten konnten bis zu drei Beispiele nennen, wodurch Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln beeinträchtigt sein könnten. Auf Salmonellen, Schimmel und andere Mikroorganismen kam dabei kam jemand.
    Verbraucher ignorieren wichtige Risiken
    Insgesamt also ein wenig rationaler Umgang mit Gefahren beim Essen – wichtige Risiken werden ignoriert, kaum vorhandene dramatisch überschätzt. Für den Bonner Hirnforscher Professor Bernd Weber hat das damit zu tun, dass die meisten Menschen mit vielen Risiken kaum selbst in Berührung kommen – allenfalls über einen Bericht in den Medien.
    "Unser Gehirn ist halt so aufgemacht, dass wir aus Erfahrungen lernen. Und wir können für unwahrscheinliche Ereignisse sehr schlecht aus Erfahrungen lernen, weil sie eben sehr selten auftreten. Das ist halt der Punkt, weshalb wir mit Risiken so schwer umgehen können, gerade mit so abstrakten und seltenen Risiken."
    Natürliche Lebensmittel-Risiken würden dagegen vielleicht gerade deshalb unterschätzt, weil viele Menschen ihre Erfahrungen damit gemacht haben: Der Magen war zwar verdorben, doch die Beschwerden verschwanden meist schnell.
    "Das ist auf der anderen Seite ein ganz interessantes Phänomen, dass natürlich man sich auch an solche Dinge gewöhnt und dann vielleicht auch mitbekommt: So gravierend hat das gar keinen Effekt auf meine Gesundheit – und deswegen auch die damit verbundenen Risiken unterschätzt."
    Das Resultat sei eine Einschätzung von Gefahren, die mit der Realität kaum etwas gemein habe – und das gilt nicht nur für die Risiken der Ernährung.
    "Ein rationaler Umgang mit Risiken ist sehr schwierig und wahrscheinlich für uns Menschen gar nicht machbar. Es geht ja zum Einen darum, sich kognitiv-rational klar zu machen, wie bestimmte Wahrscheinlichkeiten sind und die sind halt häufig sehr viel geringer als wir vermuten. Das ist aber sehr schwierig quasi mit dieser emotionalen Reaktion auf Risiken zusammen zu bringen, die häufig sehr stark ausgeprägt ist. Es gibt auf der einen Seite dieses objektive Risiko, was tatsächlich mit Wahrscheinlichkeiten zusammenhängt und dann gibt es die subjektive Wahrnehmung von Risiken, die halt häufig verzerrt ist."
    Das Thema Glyphosat werde sehr stark in den Medien aufgegriffen
    Dazu komme die Berichterstattung in den Medien, sagt Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde.

    "Das Thema Pflanzenschutzmittel-Rückstände ist gerade in den letzten Monaten über das Thema Glyphosat sehr stark in die Öffentlichkeit gespielt worden, wird eben sehr stark auch von den Medien aufgegriffen, wird sehr stark auch politisch instrumentalisiert und diskutiert, weg von der reinen Risikobewertung. Von daher ist natürlich sehr stark auch der Fokus auf diese Stoffe gesetzt, während eben mikrobiologische Risiken beispielsweise die eine sehr viel höhere Relevanz haben, gar nicht im öffentlichen Fokus so stark stehen."
    Die öffentliche Diskussion über Pestizide hat freilich nicht nur die Risiken für den Verbraucher zum Thema, sondern auch die für Natur und Umwelt. Und die sind häufig beträchtlich - zum Beispiel bei Glyphosat. Weltweit wird kein Wirkstoff häufiger eingesetzt. Christiane Huxdorff von Greenpeace:
    "Glyphosat hat den Zweck, alles kaputt zu machen, wo es drauf gespritzt wird. Es ist ein Totalherbizid und macht erst mal reinen Tisch. Dafür wird es ja auch in der Landwirtschaft angewendet, der Landwirt möchte eben eine saubere, freie Fläche haben und geht eben dann mit Glyphosat darüber und tötet erst mal alles ab, was da zuvor gewachsen ist, um dann hinterher sein Getreide, seine Kartoffeln oder seinen Salat eben anzubauen."
    Die Folge sei eine Monokultur, die dem Bauern Erträge bringen könne, die Natur allerdings verarmen lasse und nützlichen Tieren die Nahrungsgrundlage entziehe.
    "Insekten, Bienen, wie sie alle heißen, sind natürlich auf eine Vielfalt angewiesen und in dem Zeitraum, wo dann erst mal alles abgetötet wurde oder, wenn dann die Zierpflanze wächst, ist natürlich für die Biene und die anderen Insekten kaum noch Nahrung vorhanden und erst recht keine Vielfalt, die ja eigentlich nötig ist, um ein intaktes System zu erhalten."
    Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung macht sich in seinem vergangene Woche veröffentlichten Jahresbericht für eine Begrenzung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln stark, um die Artenvielfalt in der Natur zu erhalten.
    Umgang mit risikobehafteten Produkten in der Küche
    Wer Lebensmittel sicherer machen will, findet im Kampf gegen Salmonellen, Schimmelpilze und andere natürliche Stoffe dagegen ein lohnenderes Betätigungsfeld. Die Möglichkeiten des Staates sind hier allerdings begrenzt. Denkbar wäre zum Beispiel ein Verbot der Verwendung von Rohmilch und Rohmilch-Produkten wie Käse – oder die Behandlung von Geflügelfleisch mit Chlor, wie es in den USA üblich ist. Ob dies allerdings wirklich mehr Sicherheit bringen würde, ist fraglich. Entscheidend ist wohl eher der Umgang mit risikobehafteten Produkten in der Küche. Der müsse wieder stärker vermittelt werden, fordert Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
    "Also Ernährungsbildung halten wir auf jeden Fall für ganz wichtig, dass man schon weiß, wie Lebensmittel-Zubereitung aussehen sollte, damit ich auch weiß, was ich kaufe. Also von daher von klein auf sicherlich ein wichtiges Thema."
    Zumal das Wissen um grundlegende Zusammenhänge beim Kochen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer weiter verloren gegangen ist. Immer weniger Menschen kochen selbst und gerade junge Leute sind häufig von Krankheiten aufgrund verdorbener Lebensmittel oder mangelnder Küchenhygiene betroffen.
    Trotzdem sind Lebensmittel in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich sicherer geworden, da sind sich die meisten Experten einig. Auch bei Salmonellen gehen die Erkrankungszahlen zurück – vielleicht auch deshalb, weil immer mehr Menschen das Kochen den Profis überlassen.
    Risiken des Alkohols
    Doch kehren wir zum Schluss noch einmal zu unserer Tafelrunde zurück. Denn es fehlen noch die Getränke. Zum Essen gab es Wein – einen Riesling von der Mosel. Und der enthält rund elf Prozent Alkohol – ein Zellgift, das unter anderem Krebs verursacht, das Leber und Gehirn schädigt. Rund 40.000 Menschen sterben nach Schätzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung jedes Jahr an den Folgen des Alkoholkonsums – eine Zahl, die vieles andere in den Schatten stellt. Der Alkohol ist allerdings erwünscht und in der Gesellschaft völlig akzeptiert. Auch Reiner Wittkowski vom Bundesinstitut für Risikobewertung will hier nicht als Warner auftreten. Er fühlt sich schlicht nicht zuständig – seine Behörde hat andere Aufgaben.
    "Wir beschäftigen uns mit den Risiken des Alkohols nicht, weil die Risiken des Alkohols bekannt sind. Die Einstufung von Alkohol in die Klasse 1a der Karzinogene ist bekannt, seit Langem. Und jeder weiß, der Alkohol trinkt, dass er sich einem Risiko aussetzt. Und wenn jemand das weiß und darüber informiert ist, dann kann er auch eine selbst bestimmte Entscheidung treffen."