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Streit um Rundfunkbeitrag
Alle Augen auf Karlsruhe

Nachdem Sachsen-Anhalt eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags abgelehnt hat, haben die öffentlich-rechtlichen Sender Klagen angekündigt. Sie sind wohl nicht die einzigen, die vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Von Michael Borgers |
Eine Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts mit dem Schriftzug „Bundesverfassungsgericht".
Eine Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts (dpa)
Das bedeutet das Aus für die Bundesländer
Beim Streit um den Rundfunkbeitrag geht es nicht nur um 86 Cent. Die unabhängige Expertenkommission KEF hatte vorgeschlagen, den Rundfunkbeitrag von aktuell 17,50 Euro auf 18,36 Euro ab dem 1. Januar 2021 zu erhöhen. In dem jetzt vorläufig gescheiterten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sollte es auch um den internen Finanzausgleich in der ARD gehen. Wie beim Länderfinanzausgleich stützen auch innerhalb der ARD die größeren finanzstarken Sender kleinere Sender wie Radio Bremen oder den Saarländischen Rundfunk, etwa indem sie für Gemeinschaftssendungen und -einrichtungen finanziellen Ausgleich leisten. Doch dieses Prinzip ist nun in Gefahr – und betrifft damit die Länder.
Das Verständnis eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland geht von einem Zusammenschluss aller Bundesländer aus. "Und wenn jetzt ein Bundesland ausschert aus dieser Solidarität, dann kommen die anderen Bundesländer in die Bredouille, weil sie alleine ihrer Verantwortung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem nicht nachkommen können", erklärte hierzu im Deutschlandfunk der Leipziger Staats- und Verfassungsrechtler Hubertus Gersdorf. Andere Bundesländer könnten deshalb gegen die Nicht-Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht "mit Erfolg klagen". Noch hat das aber kein Bundesland angekündigt.
"Sachsen-Anhalt verletzt Verfassung"
Der Staats- und Verfassungsrechtler Hubertus Gersdorf kritisiert das Nein zum Rundfunkbeitrag aus Sachsen-Anhalt. Sowohl die Sender als auch die anderen Bundesländer könnten nun klagen, sagte er im Dlf.
Das ist bislang bekannt über die Pläne der Länder
Die Landesregierungen von Bremen, dem Saarland und Hessen (der Hessischer Rundfunk ist auch stark betroffen) wollten sich nicht gegenüber dem Deutschlandfunk äußern. Man werde sich "nach weiteren Gesprächen und Abstimmungen mit den anderen Ländern zu gegebener Zeit zu diesem Thema äußern", heißt es in einer schriftlichen Antwort aus dem Saarland.
Die Länder werden nun über das weitere Vorgehen beraten. Das hat die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) angekündigt, die bundesweit die Rundfunkkommission der Länder koordiniert. Sie werde jetzt mit dem Co-Vorsitzland Sachsen zu einer außerordentlichen Sitzung einladen, sagte sie gegenüber MDR aktuell.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Vorsitzende der Länder-Rundfunkkommission, erklärte im ZDF Heute Journal, nun stehe "nur noch der Klageweg" offen.
Das haben die öffentlich-rechtlichen Sender vor
ARD, ZDF und Deutschlandradio haben nach der Entscheidung aus Magdeburg angekündigt, Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Der genaue Zeitplan blieb zunächst unklar. Auch, ob per Eilverfahren die Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar möglicherweise doch noch bis zur endgültigen Entscheidung vorläufig in Kraft treten könnte.
SWR-Intendant Kai Gniffke verteidigte die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts gegenüber der dpa. Er habe sich nicht vorstellen können, "dass sich nicht alle Länder verfassungskonform verhalten". Den Sendern bleibe nun nichts anderes übrig, als nach Karlsruhe zu ziehen.