Ein kalter Wintermorgen, nachts hat es geschneit. Diejenigen, die sich trotzdem aufs Rad schwingen, sehen sich oft genug mit dieser Situation konfrontiert: Die Straße ist schon gestreut, auf dem Radweg aber liegt der Schnee noch – ein Ärgernis. Dahinter steckt meist folgendes:
"Das sind Umweltschutzgründe."
Auf der Straße kann das Salz, nachdem es seinen Dienst getan hat, durch die Kanalisation abfließen, sagt Britta Peters von der Stadtreinigung Hamburg. Salz auf Radwegen würde dagegen in Grünflächen und Baumwurzeln landen und die Pflanzen nachhaltig schädigen. Deshalb ist es in Hamburg und auch anderswo verboten, Radwege mit Salz zu streuen. Also greift man zu einem anderen Mittel.
Umweltschutzgründe sprechen gegen Streusalz
"Wir nutzen Kies. Den können wir aber erst aufbringen, wenn es aufgehört hat zu schneien, ansonsten wird er sofort überdeckt. Und das Problem ist außerdem auch: Er liegt zwar auf der Schneedecke ganz gut, oder auf der Eisdecke. Sobald es schmilzt und wärmer wird, sackt der Kies nach unten durch. Dann friert es wieder zu, und es ist wieder spiegelglatt."
Und Kies hat noch mehr Nachteile: Irgendwann muss man ihn wieder wegfegen, und er steht im Verdacht, die Fahrradreifen kaputtzumachen. Eine unbefriedigende Situation, und deshalb fahndet Britta Peters gemeinsam mit anderen Fachleuten nun nach Alternativen. Gesucht: Ein Streumittel, das gut gegen Schnee- und Eisglätte wirkt, möglichst umweltverträglich ist und preiswert. Ein paar Kandidaten hat das Projektteam bereits identifiziert. Zum Beispiel Kaliumcarbonat[*], bekannt als Pottasche. Es gilt als umweltfreundlicher als gewöhnliches Streusalz aus Natriumchlorid. Oder die Formiate, die Salze der Ameisensäure.
"Die werden im Flughafen-Bereich eingesetzt. Die sind biologisch abbaubar. Ist deutlich teurer als Natriumchlorid, aber auch umweltfreundlicher."
Weitere Kandidaten: Kaliumacetat, ein Konservierungs- und Säuerungsmittel, es wäre gesundheitlich unbedenklich. Oder Harnstoff, der allerdings eine düngende Wirkung hat und womöglich die Zusammensetzung des Erdbodens verändert. Oder ein Naturstoff namens Mais-Spindel-Granulat.
"Das wird aus diesem inneren Kern der Maiskolben, der eigentlich immer überbleibt, also auch ein Restprodukt ist, hergestellt."
Ausgiebige Testreihen geplant
Dieses Granulat würde Schnee und Eis jedoch nicht abtauen wie ein Salz, sondern abdecken bzw. abstumpfen, so wie Kies. Oder auch wie eine andere Alternative, sogenannter Blähton, bekannt aus Hydrokulturen für Zimmerpflanzen.
"Es hat auch eine abstumpfende Wirkung, ist aber auch recht leicht. Das schwimmt dadurch besser oben, aber wird auch leicht verweht. Und es gibt einen leichten roten Matsch, was der Fahrradfahrer auch nicht so schön findet, oder auch Geschäfte, wenn Leute mit rotem Matsch an den Schuhen in die Geschäfte kommen."
Um herauszufinden, welche dieser Alternativen den besten Job macht, plant das Team um Britta Peters ausgiebige Testreihen. Zurzeit werden Wirkung, Effizienz, Umweltaspekte und Ökobilanz im Labor untersucht. Die Kandidaten, die sich dabei bewähren, sollen in den folgenden Wintern diversen Praxistests unterzogen werden.
"Da werden wir die Streustoffe hintereinander aufbringen, also Fahrradwege von einer Länge jeweils 100 bis 200 Meter für einen Streustoff. Die Fahrradfahrenden fahren drüber und werden hinterher befragt. Dass es darum geht, die subjektive Wahrnehmung der Radfahrenden bezüglich des Streustoffs aufzunehmen."
Im Sommer 2022 sollen erste Resultate vorliegen
Und haben die Fachleute schon einen Favoriten ausgemacht?
"Wir hoffen ein bisschen auf die Formiate. Die werden zum Beispiel in Kopenhagen eingesetzt. Die sind in der Anschaffung zehnmal so teuer wie Natriumchlorid. Man muss aber so ein bisschen die Gesamtkosten berücksichtigen, die man dann einspart, weil es nicht zu Korrosionsschäden oder anderen Schäden kommt."
Im Sommer 2022 sollen die Resultate vorliegen, so der Plan. Danach dann können die Fahrradfans drauf hoffen, bei Eis und Schnee deutlich besser auf den Radwegen voranzukommen.
[*] Anmerkung der Redaktion: In der Sendefassung wurde an dieser Stelle irrtümlich ein anderer Stoff mit ähnlichem Namen genannt.