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Stromfresser auf Diät

Die Deutsche Bahn ist der größte Stromschlucker der Republik. Allein ihre rund 5400 Bahnhöfe verbrauchen jährlich so viel Strom wie 100.000 Haushalte. Mit einem Energiemanagement hält das Staatsunternehmen dagegen: Acht Energiemanager fahnden landauf landab nach Einsparmöglichkeiten.

Von Susanne Arlt | 05.04.2013
    Berlin-Hauptbahnhof. Peter Siemt läuft durch die große Eingangshalle, biegt nach links ab, richtet dann seinen Blick nach oben. Unter der Betondecke im Erdgeschoss hängen in einer langen Reihe rechteckige Leuchten. Sie dienen als Grundbeleuchtung, doch nur jede vierte Lampe brennt. Peter Siemt nickt zufrieden. Bei Tageslicht reiche das völlig aus, erklärt der Energiemanager der Deutschen Bahn. Energiefresser, dazu zählen vor allem Leuchtstoffröhren und Glühbirnen, sind dem 43-Jährigen ein Dorn im Auge. Was sich aufgrund von Vorschriften nicht ausschalten lässt, wird halt ausgetauscht, sagt Peter Siemt und deutet mit dem Daumen nach oben.

    "Da bauen wir spezielle Leuchtmittel ein. Die haben dann nicht mehr 58 Watt Energieverbrauch, sondern nur noch 51 Watt. Wir haben hier sogenannte Longlife-Leuchtmittel drin. Die halten also nicht nur ein Jahr. Wenn sie hier 8000 Stunden rechnen pro Jahr, müssten sie hier anderthalbjährlich wechseln. Wir haben jetzt Longlife-Leuchtmittel drin, die wechseln wir jetzt alle fünf oder acht Jahre."

    Die Kosten für diese Leuchtmittel seien zwar höher, würden sich aber nach wenigen Monaten amortisieren, erklärt Peter Siemt. Die Deutsche Bahn will ihren hohen Energieverbrauch mindern, denn die Ausgaben dafür steigen jährlich um zehn Prozent. Allein die 5400 Bahnhöfe verbrauchen jährlich so viel Strom wie 100.000 Haushalte. Im Jahr setzen Peter Siemt und seine Kollegen rund 600 Einzelmaßnahmen um. Auf ihren Kontrollgängen schauten sie darum streng durch eine energetische Brille, sagt Siemt und grinst. Zu ihrem Werkzeug gehören Wärmebildkameras und Messgeräte, um die Beleuchtungsstärke zu bestimmen. Ihr Ziel ist es, Jahr für Jahr den Energieverbrauch auf den Bahnhöfen um mindestens 1,5 Prozent zu senken. Das Ergebnis kann sich nach vier Jahren sehen lassen.

    "Seitdem haben wir etwa Energieminderungsziele erreicht von zehn Prozent. Das sind etwa zehntausend Haushalte, der Verbrauch von 10.000 Haushalten, was gesenkt worden ist bisher."

    Zehn Minuten später steht er auf einem Bahnsteig im unterirdischen Bereich des Berliner Hauptbahnhofs. Sein Blick wandert wieder nach oben. Dort leuchten alle Lampen. Das muss auch so sein, sonst würde es für den Fahrgast zu dunkel. Aber auch hier konnte man einsparen. Die Leuchtstofflampen wurden durch besondere LEDs ausgetauscht. Peter Siemts Motto lautet: Optimieren geht immer.

    "Das ist nur eine Frage der Innovation, die es auf dem Markt gibt. Die Leuchtmittel, die wir hier oben eingebaut haben, die gab es vor fünf Jahren noch gar nicht. Die sind neu entwickelt, spezifisch entwickelt. Und die Hersteller, die solche Dinge entwickeln haben es auch nur erkannt, weil es dafür einen Markt gibt aufgrund der hohen Strompreise."

    Peter Siemt läuft anschließend in die Technikzentrale. Meterlange Rohrstränge durchkreuzen den Raum, zu sehen sind riesige Lüftungsaggregate und diverse Heizpumpen. Siemt kramt in einem seiner Koffer. Mit einer Wärmebildkamera will er die Heizungs- und Lüftungsanlagen überprüfen. Sieht man viele rote Punkte auf dem Bildschirm, ist das ein Indiz für einen zu hohen Wärmeverlust.

    Momentan ist ein ganz interessantes Thema: Tausch von Heizungspumpen. Es gibt halt hocheffiziente Heizungspumpen. Ähnlich wie im Kühlschrankmodell haben sie dann Energieeffizienzklasse A, B, C. Und ähnlich wie in Kühlschränken ist es auch so, dass die Innovationszyklen relativ kurz sind und was jetzt A ist in zwei Jahren A++.

    Peter Siemt kommt seinem Ziel jeden Tag ein Stück näher. Er möchte den Berliner Hauptbahnhof zu einem möglichst energiefreundlichen Gebäude umgestalten. Sein Traumbahnhof aber geht gerade im nordrheinwestfälischen Kerpen-Horrem in Erfüllung. Dort errichtet die Bahn Deutschlands erstes grünes Bahnhofsgebäude. Den Strom soll eine Photovoltaikanlage liefern, die Geothermie für Heizung und Kühlung sorgen und die Solarthermie das warme Wasser aufbereiten.