Dienstag, 14. Mai 2024

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Studiengebühren für Nicht-EU-Studenten
"Wir wollen unsere Studierendenschaft nicht spalten"

Mit einer Onlinepetition will das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren verhindern, dass ausländische Studenten in NRW künftig von den Hochschulen zur Kasse gebeten werden. Die Landesregierung solle von den Plänen Abstand nehmen, sagte Koordinator Kurt Stiegler im Dlf.

Kurt Stiegler im Gespräch mit Regina Brinkmann | 06.06.2018
    Zwei Studierende unterschiedlicher Nationalität aud einer Wiese
    Studiengebühren für ausländische Studenten seien diskriminierend, sagte Kurt Stiegler vom Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren im Dlf (imago / JOKER/ Ulrike E. Klopp)
    Regina Brinkmann: Um das Thema Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern ist es in Nordrhein-Westfalen in letzter Zeit etwas ruhiger geworden. Vielleicht ist es auch die Ruhe vor dem Sturm, denn während von der Landesregierung in dieser Sache nicht mehr viel zu hören ist, machen sich Gegner dieser Gebühren auf den Weg nach Düsseldorf, um dort gleich im Landtag eine Online-Petition zu überreichen, die knapp 7.400 Menschen gezeichnet haben. Einer, der diese ausgedruckten Namen der Zeichner und Zeichnerinnen abgeben wird, ist Kurt Stiegler, bundesweiter Koordinator beim Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren, kurz ABS. Herr Stiegler, wer wird Sie denn heute in Düsseldorf in Empfang nehmen? Die Wissenschaftsministerin?
    Kurt Stiegler: Das wissen wir noch gar nicht so genau. Auf alle Fälle die wissenschaftspolitischen Sprecher der CDU und FDP haben zugesagt, diese Petition zu übernehmen. Wir fänden es schade, wenn die Wissenschaftsministerin das nicht übernehmen würde. Das zeigt uns einfach, dass wir da die besseren Argumente haben und sie da eben uns aus dem Weg geht.
    "Wir hätten ganz gerne eine offizielle Absage"
    Brinkmann: Könnte das auch ein Zeichen dafür sein, dass die Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen diese Pläne gar nicht mehr ernsthaft verfolgt, weil die auch schon in Baden-Württemberg zu einem Einbruch der Studierendenzahlen aus Nicht-EU-Staaten geführt haben?
    Stiegler: Möglicherweise, das wissen wir nicht. Wir hätten halt ganz gerne eine offizielle Absage, denn im Koalitionsvertrag stehen ja immer noch Studiengebühren nach dem baden-württemberger Modell. Das ist genau das Modell, von dem Sie da gerade berichtet haben, und deswegen wäre es ganz schön zu sagen, wir wollen keine Studiengebühren mehr einführen und nehmen eben Abstand von den Plänen, die da eben im Koalitionsvertrag stehen.
    "Studiengebühren für ausländische Studierende gefährden Internationalisierung"
    Brinkmann: Nun konnte man ja schon in Baden-Württemberg beobachten, dass die Gebühren trotz auch Ihres Protestes eingeführt wurden. Wie zuversichtlich sind Sie denn, dass Sie mit, ich sage es jetzt mal: gerade mal 7.400 Stimmen gegen die Pläne in NRW etwas erreichen können, wenn es die denn noch gibt?
    Stiegler: Ja, also in Nordrhein-Westfalen ist die politische Lage etwas anders. Hier haben sich also sehr viele Hochschulen schon dagegen ausgesprochen, zum Beispiel die Universität zu Köln, die Universität Münster, die Hochschule Düsseldorf und eben auch die Universität Bielefeld. Also es gibt eben auch auf Seiten der Hochschulen ein ganz starkes Bedürfnis zu sagen, Studiengebühren für ausländische Studierende gefährden unsere Internationalisierung, wir wollen keine diskriminierenden Studiengebühren, wir wollen unsere Studierendenschaft nicht spalten.
    "Da wird die rechtspopulistische Karte gespielt"
    Brinkmann: Aber wenn es auf der einen Seite die Solidarität der Hochschulen gibt, ist die doch vielleicht bei den Studierenden selber, die hierzulande studieren, vielleicht nicht davon betroffen sind, zu vermissen, weil wie gesagt, 7.400 Stimmen sind nicht gerade viel.
    Stiegler: Ja, also das ist ja das Gemeine an diesen Gebühren. Da wird eben suggeriert, ich bin Deutscher, ich bin von den diskriminierenden Studiengebühren nicht betroffen, es ist ja nur der Ausländer. Dagegen wenden wir uns. Für uns sind das alles Kommilitonen, die Anspruch auf ein gebührenfreies Studium haben.
    Brinkmann: Also es ist eine Kritik, die Sie jetzt auch konkret an Studierende richten, die sich da nicht zu Wort gemeldet haben?
    Stiegler: Ich kritisiere da nicht die Studierenden, ich kritisiere da die Landesregierung, die diese Karte spielt und eben auch die Landesregierung in Baden-Württemberg, denn man darf ja noch mal darauf verweisen, dass Theresia Bauer, die Wissenschaftsministerin, da immer wieder gesagt hat, ja, es kommen zu viele Studierende aus China, es kommen zu viele Studierende aus Indien, was eben nicht den Tatsachen entspricht. Da wird eben die rechtspopulistische Karte gespielt.
    "Ein positives Zeichen der Solidarität"
    Brinkmann: Aber man könnte es doch vielleicht auch so sehen: Wenn auf Ihren Aufruf gerade mal 7.400 Stimmen kommen, dass vielleicht solche Initiativen auch nicht mehr so wahrgenommen werden. Also wo ist da Ihre Berechtigung noch, so als Gegner der Studiengebühren aufzutreten?
    Stiegler: Na ja, also ich würde ja immer sagen, es gibt ja immer wieder Leute, die unserem Aufruf folgen, und wir müssen immer wieder darum kämpfen, zu sagen, wir wollen keine Studiengebühren, in keiner Form. Für uns sind Studiengebühren ein öffentliches Gut, und bitte macht mit. Der Kampf ist an der Stelle eben noch nicht zu Ende, aber es ist eben für uns ein positives Zeichen der Solidarität, wenn wir immerhin 7.400 Unterschriften gesammelt haben. Wenn wir sie nicht gesammelt hätten, würde uns vorgeworfen, dass wir nichts getan hätten. Also bleibt uns ja an der Stelle auch gar keine andere Wahl.
    Brinkmann: Sagt Kurt Stiegler, bundesweiter Koordinator beim Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren ABS. Er wird am Nachmittag im Düsseldorfer Landtag eine Petition gegen Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Staaten überreichen. Herr Stiegler, vielen Dank für das Gespräch!
    Stiegler: Ja, danke!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.