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Syrien
Friedensgespräche in der Schwebe

Eigentlich sollten Vertreter von Syriens Staatschef Baschar al-Assad und seine Gegner in Genf unter UNO-Vermittlung über einen Fahrplan zum Frieden verhandeln. Der Streit über die Delegationen dürfte den Beginn aber verzögern.

Von Peter Steffe | 25.01.2016
    Ein Mann läuft durch eine Straße in der syrischen Stadt Duma, die voller Schutt ist.
    Während die Menschen auf Frieden warten, wird weiter gebombt (picture alliance / dpa / Mohammed Badra)
    "Keine Zugeständnisse bei den Genfer Friedensgesprächen" hieß es gestern noch aus syrischen Regierungskreisen. Auch die Opposition hatte ihrerseits, im Vorfeld von Genf 3 eine Drohkulisse aufgebaut. Man wolle den Gesprächen fernbleiben, sollte das Regime in Damaskus die Belagerung von Städten durch syrische Armee-Einheiten nicht beenden. Gefordert wurde auch das sofortige Ende aller russischer und syrischer Luftangriffe.
    Dieser verbale Schlagabtausch zeigt, wie verhärtet die Fronten zwischen den Konfliktparteien sind. Kompromisslos, unnachgiebig, beide Seiten, noch bevor man sich auch nur eine Minute Auge in Auge in Genf gegenübergesessen hat. Internationale Diplomaten, allen voran der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, versuchen seit Tagen, auf beide Seiten einzuwirken, um die Konsultationen für den von der internationalen Staatengemeinschaft gefassten Fahrplan für einen umfassenden syrischen Friedensprozess am Leben zu erhalten.
    Streit über die Zusammensetzung der Oppositionsdelegation
    Vor allem der Streit über die Zusammensetzung der Oppositionsdelegation, so kristallisierte sich heraus, sorgte vor den Genfer Gesprächen für ein weiteres Verhärten der Fronten. Russland, engster Verbündeter des Assad-Regimes, will keine Vertreter radikal-islamischer Gruppen am Verhandlungstisch sehen. Nach Moskaus Lesart seien sie Terroristen. Saudi-Arabien hingegen unterstützt mitunter solche Gruppen, finanziert ihren Kampf gegen Assad. Geht es nach dem Willen des Kreml sollten vielmehr Abgesandte der syrisch-kurdischen PYD dabei sein, einem Ableger der türkischen PKK. Die Kurden, die ein riesiges Gebiet entlang der türkisch-syrischen Grenze kontrollieren, waren im Vorfeld nicht in das Oppositionsbündnis mit eingebunden. Zum einen weil sie nicht um jeden Preis einen schnellen Abgang von Syriens Machthaber Assad fordern. Andererseits hatten sie sich mit dem Regime in Damaskus stillschweigend arrangiert.
    Beginn der Gespräche bleibt unklar
    Man werde sich nicht von außen diktieren lassen, wer aufseiten der Opposition bei den Gesprächen in der Schweiz am Tisch sitze, hieß es aus dem 15-köpfigen Gremium. Dieses war erst im Dezember im saudischen Riad von verschiedenen Oppositionsgruppierungen gebildet worden. Dass angesichts der strittigen Punkte, wer mit wem in Genf am Verhandlungstisch sitzt, die für den heutigen Tag angesetzte erste Verhandlungsrunde beginnen kann, ist eher zweifelhaft. Bereits am Freitag hatte ein UN-Vertreter durchblicken lassen, dass der Auftakt von Genf 3 sich verzögern könnte. Möglicherweise um ein oder zwei Tage. Auch US-Außenminister Kerry ließ dies während seines Besuchs in Saudi Arabien am Wochenende mitteilen.
    Es steht viel auf dem Spiel. Unter anderem ein Waffenstillstand, der von den beiden Konfliktparteien zunächst auszuhandeln ist. Dann, so sieht es der UN-Friedensplan vor, soll innerhalb von sechs Monaten eine neue syrische Übergangsregierung stehen, nach insgesamt 18 Monaten soll es freie Wahlen unter UN-Aufsicht geben. Ein Scheitern von Genf 3 wäre fatal. Im Laufe des Nachmittags will der Syrien-Sondergesandte Staffan de Mistura in einer Pressekonferenz bekannt geben, welchen Zeitplan man jetzt verfolgt bei den Gesprächen in der Schweiz.