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Telekommunikation
Sicherheit vor Schnelligkeit beim Netzausbau?

Der chinesische Konzern Huawei könnte wichtige Komponenten für den dringend notwendigen Ausbau des deutschen Mobilfunknetzes liefern. Allerdings sind die Sorgen groß, dass dies Spionageaktivitäten der chinesischen Regierung zur Folge hätte. Im Raum steht daher eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 13.02.2019
    March 1, 2018 - Barcelona, Spain - 5G logo during the Mobile World Congress day 4, on March 1, 2018 in Barcelona, Spain.
    Das Mobilfunknetz 5G soll im Jahr 2020 an den Start gehen, der technologische Fortschritt von Huawei bereitet Sorgen (imago / Joan Cros)
    Der Ausbau der Mobilfunknetze auf 5G-Standard soll in Deutschland schnellere und bessere Datenübertragungen ermöglichen. Doch was, wenn Komponenten in den neuen Netzen dazu genutzt werden könnten, um Spionage für die chinesische Regierung zu betreiben? Gar das ganze Netz lahmzulegen? Dieses Szenario bereitet Ex-BND-Chef Gerhard Schindler Sorge. Im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland verweist er auf den technologischen Vorsprung von Huawei, der es schwer mache überhaupt zu beurteilen, was in die Netze eingebaut würde.
    Deutlicher Vorsprung vor Nokia oder Ericsson
    Die Telekom möchte sich auf Anfrage des Deutschlandfunks derzeit nicht zu diesen Fragen äußern. Vodafone bestätigt schriftlich, dass Huawei sich im Bereich des Radio Access Network, also der Funkverbindung zwischen den mobilen Endgeräten und dem Kernnetz, auf höchstem Branchenniveau befinde und meist günstiger sei, als andere Netzwerklieferanten wie Nokia oder Ericcson. [*] Diese technischen Bereiche seien jedoch aus Sicht des Unternehmens nicht sicherheitsrelevant. Dennoch:
    "Ein Verbot von Huawei-Produkten würde in Deutschland dazu führen, dass der 5G-Ausbau wesentlich teurer und sich erheblich verzögern würde – vor allem auch im ländlichen Raum."
    Es ist dieses Spannungsverhältnis zwischen Sicherheitsinteressen auf der einen Seite und einem Interesse am Ausbau notwendiger Infrastruktur andererseits, in dem sich die Bundesregierung derzeit bewegt. Innenminister Horst Seehofer denkt daher an eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes. Diese könnte Hersteller dazu verpflichten, bestimmte Sicherheitsstandards einzuhalten und sich zu verpflichten, gelieferte Komponenten nicht zur Spionage oder Sabotage zu nutzen. Ein absoluter Schutz wäre dies allerdings nicht.
    Von Notz: "Kennen die Probleme seit Jahren"
    Den Ausbau verzögern würden neue Auflagen ganz sicher, davon geht auch Konstantin von Notz aus, er ist für die Grünen Mitglied im parlamentarischen Kontrollgremium, das heute über Seehofers Pläne informiert wird: "Wir wissen von den Problemen seit Jahren und alle wissen jetzt auf Huawei verzichten würde, beim Ausbau von 5G, würde man sich eine relevante Verzögerung wahrscheinlich um ein paar Jahre bei diesem Ausbau einhandeln." Von Notz ist daher skeptisch, wie hoch die Sicherheitsanforderungen von der Politik überhaupt gesteckt werden können. Dennoch sieht er großen Handlungsbedarf seitens der Regierung:
    "Ich glaube, dass wir seit Edward Snowden und den Erkenntnissen, die wir mit seinen Veröffentlichungen gewinnen konnten, insgesamt vor der Frage stehen, wie sieht es um die Integrität unserer Infrastruktur im digitalen Raum aus und seitdem weiß auch die Bundesregierung, von diesen Problemen. Dass das eben sehr schwierig ist, kein trojanisches Pferd in seine eigene digitale Infrastruktur einzubauen und diese Gefahr besteht ganz offenkundig, es gibt viele Länder, die uns nicht nur freundlich gesonnen sind, es gibt Bedarf an Spionage und deswegen brauchen wir zuverlässige Zertifizierungsverfahren." Was die Diskussion über Netzwerkkomponenten komplett außen vor lässt: Huawei ist mittlerweile die Nummer zwei, wenn es um Endgeräte geht. Denkt man die Gefahr potenzieller Spionage also zu Ende, tragen viele Deutsche das Werkzeug dafür längst in der Tasche.

    [*] An dieser Stelle hatten wir fälschlicherweise zunächst berichtet, Vodafone bestätige einen technischen Vorsprung von Huawei.