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Terror-Anschlag in Kabul
Angriff auf eine verwundete Stadt

Die Attentäter schlugen zu, als besonders viele Menschen im Diplomatenviertel in der afghanischen Hauptstadt Kabul unterwegs waren. Kabul erlebte in diesem Jahr bereits acht große Anschläge und viele kleinere Zwischenfälle. Der Angriff verdeutlicht einmal mehr, wie schlecht die Sicherheitslage dort ist.

Von Jürgen Webermann | 31.05.2017
    Eine schwere Explosion am 31.5.2017 hat das Diplomatenviertel in Kabul erschüttert
    Eine schwere Explosion hat das Diplomatenviertel in Kabul erschüttert (AP Photos/Rahmat Gul)
    Das Emergency Krankenhaus mitten in Kabul wird von einer italienischen Organisation betrieben. An Tagen wie heute ist es die erste Anlaufstelle für die Rettungsteams, hier werden besonders viele Opfer des schweren Anschlags im Diplomatenviertel versorgt. Einer von ihnen ist Zabiullah, er befand sich bereits in seinem Büro im Stadtteil Wazir Akbar Khan, als ganz in der Nähe nach bisherigen Erkenntnissen ein ganzer Lastwagen voller Sprengstoff explodierte. "Ich wurde unter einen Tisch geschleudert. Überall flogen Glassplitter. Viele meiner Kollegen wurden ebenfalls schwer verletzt."
    Die Attentäter wollten möglichst viele Menschen töten
    An der Anschlagsstelle bietet sich den Helfern und Aufräumteams ein verheerendes Bild. Die Explosion hat einen großen Krater in die Straße gerissen, die umliegenden Gebäude wurden zerstört oder massiv beschädigt, darunter auch die deutsche Botschaft. Sie befindet sich am Rande des schwer bewachten Diplomatenviertels, genau an jener Straße, in der der Sprengsatz detonierte. Die hohen Sprengschutzmauern wurden teilweise eingerissen. Die Fassade des Hauptgebäudes, in dem auch der Botschafter untergebracht ist, ist massiv beschädigt. Es gab mehrere Verletzte, ein afghanischer Wachmann wurde getötet. Soldaten sichern das Gelände jetzt weiträumig ab.
    Wer hinter dem Anschlag steckt, ist bisher noch nicht ganz klar. Die Taliban erklärten, sie seien es nicht gewesen. Es gibt aber weitere Terror-Netzwerke, die in Frage kämen, darunter auch der sogenannte Islamische Staat, der in Kabul bereits für mehrere schwere Anschläge verantwortlich war. Fest steht: Die Attentäter hatten es darauf abgesehen, möglichst viele Menschen zu töten. Sie schlugen im Berufsverkehr zu, in dem die Straße vor der deutschen Botschaft besonders befahren ist. Ghulam Mohammad hatte Glück im Unglück - er befand sich sich heute früh ebenfalls schon an seinem Arbeitsplatz in der Nähe des Anschlagsorts. "Ich saß am Schreibtisch. Dann hörte ich einen fürchterlichen Knall, und dann wurde ich auch schon bewusstlos. Ein paar Minuten später, als ich die Augen wieder öffnen konnte, lag ich am Boden. Überall war Blut."
    Kabul erlebte in diesem Jahr bereits acht große Anschläge
    In den vergangenen Tagen hatte es bereits Warnungen vor Anschlägen gegeben, Ausländer wurden aufgefordert, in ihren Unterkünften zu bleiben. Allerdings gehören solche Meldungen zum Alltag in Kabul. Die Stadt erlebte in diesem Jahr bereits acht große Anschläge und viele kleinere Zwischenfälle, über die außerhalb Afghanistans schon nicht mehr berichtet wird. Die Sicherheitslage in der Stadt hat sich – wie im ganzen Land – in den vergangenen zwei Jahren massiv verschlechtert. Der Anschlag heute hat das nur noch einmal verdeutlicht.