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Terrorzelle in Belgien
Tarnuniformen in Großstädten

Nach dem Anti-Terror-Einsatz Mitte der Woche in Belgien wird weiter nach dem mutmaßlichen Kopf der Terrorzelle gefahndet. Soldaten werden eingesetzt, um die Sicherheit zu verstärken. Das ist allerdings nicht unumstritten. Kritiker befürchten, dass der Anblick von Soldaten in der Öffentlichkeit das Gefühl der Unsicherheit vergrößern könnte.

Von Kai Küstner | 17.01.2015
    Ein belgischer Soldat steht am Samstag, den 17. Januar 2015, vor der US-Botschaft in Brüssel.
    Ein belgischer Soldat steht vor der US-Botschaft in Brüssel. (Imago/Belga)
    "Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen" - gab die belgische Staatsanwaltschaft nach den massiven Anti-Terror-Razzien in der Nacht zum Freitag zu verstehen. Jetzt wird klarer, was sie damit gemeint haben dürfte: Der Einsatz galt einer mutmaßlichen Terror-Zelle.
    Deren Kopf ist nun, belgischen Medien zufolge, identifiziert - wenn auch noch nicht gefasst: Ein Propaganda-Video: Ein Mann, lässig am Steuer seines Wagens sitzend, prahlt mit seinen angeblichen Helden-Taten in Syrien. Und warnt: "All denen, die den Islam bekämpfen, sagen wir: Wir sind da!" Als die Kamera zum hinteren Teil des Wagens schwenkt wird sichtbar: Er zieht mehrere Leichen hinter sich her. Dieser Mann nun, den Berichten zufolge ein Belgier mit marokkanische Wurzeln, soll das Gehirn jener Terror-Zelle sein, die die Sicherheitskräfte in der Nacht zum Freitag auszuheben versuchten. Der Belgier, berichten mehrere Medien, soll in Syrien Seite an Seite mit den Terror-Milizen des sogenannten Islamischen Staats gekämpft haben, sich allerdings anschließend nach Griechenland abgesetzt haben. Eine Bestätigung von den Behörden gibt es für all dies bislang nicht. Nur in einem Punkt war die Staatsanwaltschaft - jene Terror-Zelle betreffend - deutlich geworden: "Diese Menschen hatten die Absicht, viele Polizisten zu töten. Sowohl auf der Straße als auch auf Polizei-Stationen." Um jenen Plan in die Tat umzusetzen, soll der Belgier - mutmaßlich von Griechenland aus - die Strippen gezogen haben. Nach ihm wird nun den Berichten zufolge gefahndet.
    Debatte über Einsatz des Militärs
    Gleichzeitig sind nun erstmals seit Jahrzehnten wieder Soldaten in belgischen Großstädten im Einsatz: in Tarnuniformen, mit Splitterschutz-Westen ausgestattet und mit Maschinengewehren bewaffnet, patrouillieren sie unter anderem vor dem Jüdischen Museum in der Hauptstadt Brüssel:
    "Ich bin in der Tat der Meinung, dass das eine abschreckende Wirkung hat, wenn man das Sicherheitsniveau anhebt. Und man die Präsenz der Sicherheitskräfte sichtbar erhöht", so rechtfertigt der belgische Premier Michel die Maßnahme. Skeptiker fragen sich, ob nicht die Sichtbarkeit von Soldaten in der Großstadt eher dazu geeignet ist, die Unsicherheit in der Bevölkerung noch zu verstärken anstatt einen beruhigenden Effekt zu haben. Jedenfalls ist die Debatte darüber, ob man die Armee für die innere Sicherheit einsetzen sollte, in Belgien in vollem Gange: "Wenn wir von Fluten bedroht werden, rufen wir ja auch die Armee zu Hilfe. Ich denke, wenn sie eine Bedrohung haben, die höher ist als normal, dann macht das einfach Sinn, auch das zu benutzen, was man zur Verfügung hat." So der Premier im öffentlich-rechtlichen Sender RTBF.
    Keine 24 Stunden, nachdem sie neue Maßnahmen zum Schutz vor Terror vorgestellt hatte, macht die belgische Regierung also bereits Ernst bei deren Umsetzung. Gerade an besonders gefährdeten Stellen des Landes hilft ab sofort die Armee der Polizei bei der Überwachung. Zunächst in den Großstädten Brüssel und Antwerpen. Bis zum Montag soll die Zahl auf 300 Soldaten anschwellen. Noch sind die im Straßenbild von Brüssel etwa nicht sehr präsent. Sie stehen nur an wenigen Stellen der Stadt. Es könnte aber sein, dass sich die Belgier an Tarnuniformen in Großstädten gewöhnen müssen.