Das kleine Ladengeschäft im Helgoländer Unterland sieht aus wie ein Fanshop. Reichlich Kapuzenpullis, T-Shirts, Mützen und Tassen sind im Angebot. Sie alle zeigen das Logo des Helgoländer Wahrzeichen, die Lange Anna. Daneben steht der Schriftzug "The Rock Radio Helgoland".
"Wir sind keine Werbeplattform. Wir versuchen, Helgoländer Lebensgefühl auch nach draußen zu transportieren." Thore Laufenberg ist 48 Jahre alt. Der gebürtige Kölner hat das Radioprojekt gegründet und steht in dem kleinen Geschäft, das auch als Studio fungiert.
Seit dem 1. März 2017 sendet The Rock Radio Helgoland via Internet-Livestream von der Insel in die weite Welt hinaus. Der Name ist Programm: Es läuft viel Musik und dabei vor allem Rock, manchmal aber auch ein Shanty, sagt Laufenberg. Ein Jahr nach dem Sendestart zeigt er sich zufrieden. "Erstmal ist der Helgoländer ja sowieso sehr schwer zu begeistern. Also, das dauert 'n bisschen, bis er 'ne Sache toll findet, dann unterstützt er sie auch. Und ich denke, es gibt hier keinen auf der Insel, der es wirklich einfach nur blöd findet."
Thore Laufenberg ist der Sohn des bekannten früheren SWR-Moderators Frank Laufenberg. Doch er hat nie etwas mit Radio zu tun gehabt und ist stattdessen in die IT-Branche gegangen. Der Verkauf seiner Firma vor einigen Jahren hat ihn finanziell unabhängiger gemacht und gibt ihm Zeit, Dinge zu machen, die ihm Spaß bringen, wie er sagt.
Journalisten? Nur zum Teil
Erst seit 2016 wohnt Laufenberg auf der Insel. Doch schnell hat er Unterstützung für sein Mitmach-Radio gefunden: Elf Moderatorinnen und Moderatoren sind inzwischen dabei, wobei zwei auf dem Festland sitzen. Auch Kathrin Ostroga gehört zum Team. Die 22-jährige Studentin aus Bochum macht daheim schon länger Radio. Nun absolviert sie ein vierwöchiges Praktikum beim Inselsender.
"Ich find' es total spannend, dass so wenig Menschen hier so einen vollen Tag füllen können. Also, ich meine, es ist moderiert von 6 bis 21 Uhr und ich find', das ist 'ne breite Spanne dafür, dass man sagt, man macht es ehrenamtlich."
Neben der Musik gibt es bei "The Rock" Meldungen zum aktuellen Schiffsverkehr genauso wie Veranstaltungstipps. Und immer wieder gibt es auch Beiträge und Kollegengespräche zu aktuellen Inselthemen - zum Beispiel, was da neulich auf der Fähre nach Cuxhaven passiert ist. Oder es kommen Gäste zum ausführlichen Interview ins Studio. So wie Henning, der als Pilot zwischen Helgoland und Festland hin und her fliegt und von der kurzen Landebahn auf dem Inselflughafen erzählt.
"Selbst die in Büsum ist nahezu doppelt so lang wie die längste Helgoländer Landebahn. Und die muss man dann schon treffen und sich das ein bisschen einteilen, dass das funktioniert."
Als Journalisten sieht Laufenberg sich und seine Radio-Kollegen aber nur zum Teil. Im Vordergrund stehe der Spaß am Radio machen. Ein Programm, das regelmäßig journalistische Formate bringt, sei nur schwer zu stemmen, denn "wir sind alle Laien", sagt er. Gleichzeitig setze der auf Helgoland immer schon knappe Raum auch journalistisch Grenzen.
"Also, wenn wir hier jeden Tag versuchen würden, große Meldungen über Helgoland zu produzieren, dann würden wir sehr schnell dabei landen, dass irgendwie was weiß ich, zwei Vögel wieder auf die Lange Anna geflogen sind, die gestern noch nicht da waren. Also, so viel passiert hier nicht. Das ist ja gerade der Charme der Insel, dass es hier relativ ruhig ist."
Viel Tourismus, ein wenig Politik
Das Radio finanziert sich ausschließlich durch Werbeeinnahmen. Die Preise für die Werbespots der Inselkaufleute variieren zwischen 100 und 500 Euro. Auf der Seite sind ein knappes Dutzend Restaurants, Geschäfte und Ferienwohnungen als Partner aufgeführt. Sie zeigen: Helgoland - das ist weiterhin eine Insel, die vor allem vom Tourismus lebt. Das Risiko, dass eine derartige Verbandelung auch das Programm beeinflusst, sieht Laufenberg nicht.
"Wenn wir böswillig irgendetwas machen würden, ich glaube, da hätten wir sehr schnell Ärger. Aber wenn wir einfach nur berichten, was gerade da draußen passiert, dann ist uns auch keiner böse. Also, das haben wir bis jetzt zumindest so noch nicht erlebt."
Jeden Tag läuft um viertel nach drei die Radio-Comedy "Helgolands schrägste Vögel". Darin geht es zum Beispiel um die Partei "Alternative für Rotfels", die auf der Insel zuletzt 13 Prozent eingefahren hat. Die Angst vor den fremden Vögeln greift auch hier um sich…
"Aber es ist doch eigentlich nur ein fremder Vogel…"
"… und er hat sich einfach verflogen, was soll er denn machen, so einfach kommt er nicht wieder zurück…"
"Das ist doch egal! Der nimmt uns die Mistplätze weg und klaut uns die Fische aus dem Meer. Und da bleibt überhaupt nichts mehr für uns übrig!"