Dirk Müller: Herr Thon, fangen wir doch gleich mit Ihrem Tipp an.
Olaf Thon: Bei mir ist das ein bisschen anders. Ich glaube, dass die beiden Systeme der Argentinier, die mehr Klein-Klein spielen, und wir, die mehr mit großen Schritten versuchen, nach vorne zu kommen, sich aufheben werden. Es wird bis ins Elfmeter-Schießen gehen, und da haben wir ja immer die Nase vorn. Mein Tipp ist: nach Elfmeter-Schießen werden wir gewinnen.
Müller: Sie sagen, die Argentinier spielen Klein-Klein, auch weil sie individuell deutlich überlegen sind?
Thon: Weiß ich nicht, ist schwer zu sagen. Die haben natürlich sehr kleine und quirlige Spieler, nicht nur vorne, sondern auch im hinteren Bereich. Da sehe ich Vorteile für uns größenmäßig, weil: Wir sind den Argentiniern im Schnitt ungefähr acht Zentimeter überlegen. Wichtig ist nur, dass wir uns nicht hinten reinstellen und den Gegner kommen lassen, sondern selber versuchen, das Spiel zu machen, wie wir das gegen die Schweden überfallartig praktiziert hatten. Bevor die mitbekommen haben, dass das Spiel losgeht, hatten die schon verloren. Das wird auch der Schlüssel zu diesem Erfolg sein. Aber ich weiß auch, dass die Argentinier viel stärker sind und dass man die nicht einfach überrollen kann. Von daher heißt es kompakt Stehen, dass die Stürmer nicht direkt auf uns zulaufen können, weil dann wird es gefährlich mit diesen quirligen Stürmern wie Saviola oder Crespo.
Müller: Herr Thon, es ist ja heute das fünfte Spiel. Ist das heute definitiv bislang mit Abstand die größte Prüfung vor allem für unseren Schwachpunkt der vergangenen Monate, für die Abwehr?
Thon: Der Schwachpunkt ist ja nicht mehr da. Von daher denke ich, dass gerade Ballack das Problem behoben hat, indem er noch weiter zurückgegangen ist, die Räume, die sich da aufgetan haben, dass die offensiven Mittelfeldspieler immer den tödlichen Pass in die Spitze geben konnten und unsere Viererkette gar nicht reagieren konnte. Von daher glaube ich, das ist nicht mehr unsere Schwachstelle. Wenn Ballack und Frings so konzentriert weiterspielen, auch die Stürmer mit nach hinten arbeiten, dann ist dieses Problem nicht da, und wir können wirklich Akzente nach vorne setzen mit Schweini und Poldi.
Müller: Wird das Spiel im Mittelfeld entschieden?
Thon: Das glaube ich schon, wenn man versucht, Riquelme aus dem Spiel zu nehmen. Ob man das in Manndeckung tun sollte denke ich eher nicht. Da haben die Spiele vorher gezeigt, dass Riquelme sich dann doch durchsetzt, dass unsere Ordnung dann durcheinander kommt. Deswegen sollten wir weiterhin im Raum spielen, und Frings sollte dann Riquelme übernehmen, wenn er in seinen Bereich kommt. Dann heißt es, wenn wir den Ball abfangen, vor allen Dingen über Riquelme, kann man das Spiel machen. Wenn Ballack dann versucht, über Riquelme vielleicht zum Abschluss zu kommen, dann haben wir große Chancen im Konterspiel.
Müller: Reden wir doch noch einmal über die Spielanlage. Wir haben auch mit Rainer Bonhoff darüber gesprochen. Er hat gesagt, im Grunde sind die Argentinier die deutschen Südamerikaner. Das heißt, ist es für uns ganz gut, dass die Deutschen im Grunde gegen eine andere deutsche Mannschaft spielen?
Thon: Ich habe das auch gehört, und er hat natürlich Recht. Sie spielen aber doch vermehrt Klein-Klein. Ich habe sie verfolgt in der Arena auf Schalke, wo sie 6:0 gegen Serbien-Montenegro gespielt haben. Da haben sie wirklich extrem auf engem Raum gespielt und sind dort natürlich auch anfällig für Ballverluste, und da muss man zuschnappen. Wir werden nicht so tatenlos zusehen, wie das Serbien-Montenegro gemacht hat. Wenn wir dann über Poldi links und Schneider rechts die Spitzen Podolski und Klose bedienen können, dann haben wir riesige Chancen. Bei Standardsituationen - das habe ich ja schon erwähnt - sind wir so gefährlich mit dem besten Kopfballspieler Ballack, mit Klose, der eine Sprungkraft hat wie kein zweiter. Dann dürfte es mit dem Teufel zugehen, wenn wir da nicht ein, zwei Tore machen. Trotzdem glaube ich, dass es dann zu einem Unentschieden kommt und dass wir dann ins Elfmeter-Schießen gehen müssen. Da haben wir Jens Lehmann, mit dem ich '97 ja den UEFA-Pokal gewonnen habe, auch im Elfmeter-Schießen, und das ist ein gutes Omen.
Müller: Herr Thon, im Deutschlandfunk sucht man immer händeringend nach etwas Kritischem. Jetzt haben Sie auch ganz viele positive Dinge der Fußballnationalmannschaft genannt. Die ersten Spiele waren für die meisten ja nun auch überzeugend. Ich frage jetzt noch einmal: Wo liegt unser Schwachpunkt? Liegt das gegebenenfalls in den technischen Defiziten gegenüber den Argentiniern?
Thon: In den technischen Dingen, hatte ich auch gedacht, bevor die WM losging, aber dann haben wir uns von Spiel zu Spiel gesteigert und haben wirklich einen technisch hervorragenden Fußball gespielt. Von daher sehe ich da nicht das Problem. Gegen Ecuador ist mir aufgefallen, dass wir in der Deckung zu weit nach innen gerückt sind und da Räume auf der anderen Seite immer durch Diagonalpässe da waren. Das ist die einzige Schwachstelle, die ich feststellen konnte, und natürlich der Torabschluss. Gerade Ballack hat sehr viel Pech gehabt, und ich wünsche ihm gerade als Kapitän und Kopf der Mannschaft ein Tor. Dann trägt er uns bis ins Finale.
Müller: Wo schauen Sie sich das Spiel an?
Thon: Ich werde um die Mittagszeit nach Berlin fliegen und werde mir das vor Ort anschauen dürfen.
Müller: Der frühere Nationalspieler Olaf Thon war das, Weltmeister von 1990. Ich danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch und auf Wiederhören!
Thon: Schönen Tag noch!
Olaf Thon: Bei mir ist das ein bisschen anders. Ich glaube, dass die beiden Systeme der Argentinier, die mehr Klein-Klein spielen, und wir, die mehr mit großen Schritten versuchen, nach vorne zu kommen, sich aufheben werden. Es wird bis ins Elfmeter-Schießen gehen, und da haben wir ja immer die Nase vorn. Mein Tipp ist: nach Elfmeter-Schießen werden wir gewinnen.
Müller: Sie sagen, die Argentinier spielen Klein-Klein, auch weil sie individuell deutlich überlegen sind?
Thon: Weiß ich nicht, ist schwer zu sagen. Die haben natürlich sehr kleine und quirlige Spieler, nicht nur vorne, sondern auch im hinteren Bereich. Da sehe ich Vorteile für uns größenmäßig, weil: Wir sind den Argentiniern im Schnitt ungefähr acht Zentimeter überlegen. Wichtig ist nur, dass wir uns nicht hinten reinstellen und den Gegner kommen lassen, sondern selber versuchen, das Spiel zu machen, wie wir das gegen die Schweden überfallartig praktiziert hatten. Bevor die mitbekommen haben, dass das Spiel losgeht, hatten die schon verloren. Das wird auch der Schlüssel zu diesem Erfolg sein. Aber ich weiß auch, dass die Argentinier viel stärker sind und dass man die nicht einfach überrollen kann. Von daher heißt es kompakt Stehen, dass die Stürmer nicht direkt auf uns zulaufen können, weil dann wird es gefährlich mit diesen quirligen Stürmern wie Saviola oder Crespo.
Müller: Herr Thon, es ist ja heute das fünfte Spiel. Ist das heute definitiv bislang mit Abstand die größte Prüfung vor allem für unseren Schwachpunkt der vergangenen Monate, für die Abwehr?
Thon: Der Schwachpunkt ist ja nicht mehr da. Von daher denke ich, dass gerade Ballack das Problem behoben hat, indem er noch weiter zurückgegangen ist, die Räume, die sich da aufgetan haben, dass die offensiven Mittelfeldspieler immer den tödlichen Pass in die Spitze geben konnten und unsere Viererkette gar nicht reagieren konnte. Von daher glaube ich, das ist nicht mehr unsere Schwachstelle. Wenn Ballack und Frings so konzentriert weiterspielen, auch die Stürmer mit nach hinten arbeiten, dann ist dieses Problem nicht da, und wir können wirklich Akzente nach vorne setzen mit Schweini und Poldi.
Müller: Wird das Spiel im Mittelfeld entschieden?
Thon: Das glaube ich schon, wenn man versucht, Riquelme aus dem Spiel zu nehmen. Ob man das in Manndeckung tun sollte denke ich eher nicht. Da haben die Spiele vorher gezeigt, dass Riquelme sich dann doch durchsetzt, dass unsere Ordnung dann durcheinander kommt. Deswegen sollten wir weiterhin im Raum spielen, und Frings sollte dann Riquelme übernehmen, wenn er in seinen Bereich kommt. Dann heißt es, wenn wir den Ball abfangen, vor allen Dingen über Riquelme, kann man das Spiel machen. Wenn Ballack dann versucht, über Riquelme vielleicht zum Abschluss zu kommen, dann haben wir große Chancen im Konterspiel.
Müller: Reden wir doch noch einmal über die Spielanlage. Wir haben auch mit Rainer Bonhoff darüber gesprochen. Er hat gesagt, im Grunde sind die Argentinier die deutschen Südamerikaner. Das heißt, ist es für uns ganz gut, dass die Deutschen im Grunde gegen eine andere deutsche Mannschaft spielen?
Thon: Ich habe das auch gehört, und er hat natürlich Recht. Sie spielen aber doch vermehrt Klein-Klein. Ich habe sie verfolgt in der Arena auf Schalke, wo sie 6:0 gegen Serbien-Montenegro gespielt haben. Da haben sie wirklich extrem auf engem Raum gespielt und sind dort natürlich auch anfällig für Ballverluste, und da muss man zuschnappen. Wir werden nicht so tatenlos zusehen, wie das Serbien-Montenegro gemacht hat. Wenn wir dann über Poldi links und Schneider rechts die Spitzen Podolski und Klose bedienen können, dann haben wir riesige Chancen. Bei Standardsituationen - das habe ich ja schon erwähnt - sind wir so gefährlich mit dem besten Kopfballspieler Ballack, mit Klose, der eine Sprungkraft hat wie kein zweiter. Dann dürfte es mit dem Teufel zugehen, wenn wir da nicht ein, zwei Tore machen. Trotzdem glaube ich, dass es dann zu einem Unentschieden kommt und dass wir dann ins Elfmeter-Schießen gehen müssen. Da haben wir Jens Lehmann, mit dem ich '97 ja den UEFA-Pokal gewonnen habe, auch im Elfmeter-Schießen, und das ist ein gutes Omen.
Müller: Herr Thon, im Deutschlandfunk sucht man immer händeringend nach etwas Kritischem. Jetzt haben Sie auch ganz viele positive Dinge der Fußballnationalmannschaft genannt. Die ersten Spiele waren für die meisten ja nun auch überzeugend. Ich frage jetzt noch einmal: Wo liegt unser Schwachpunkt? Liegt das gegebenenfalls in den technischen Defiziten gegenüber den Argentiniern?
Thon: In den technischen Dingen, hatte ich auch gedacht, bevor die WM losging, aber dann haben wir uns von Spiel zu Spiel gesteigert und haben wirklich einen technisch hervorragenden Fußball gespielt. Von daher sehe ich da nicht das Problem. Gegen Ecuador ist mir aufgefallen, dass wir in der Deckung zu weit nach innen gerückt sind und da Räume auf der anderen Seite immer durch Diagonalpässe da waren. Das ist die einzige Schwachstelle, die ich feststellen konnte, und natürlich der Torabschluss. Gerade Ballack hat sehr viel Pech gehabt, und ich wünsche ihm gerade als Kapitän und Kopf der Mannschaft ein Tor. Dann trägt er uns bis ins Finale.
Müller: Wo schauen Sie sich das Spiel an?
Thon: Ich werde um die Mittagszeit nach Berlin fliegen und werde mir das vor Ort anschauen dürfen.
Müller: Der frühere Nationalspieler Olaf Thon war das, Weltmeister von 1990. Ich danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch und auf Wiederhören!
Thon: Schönen Tag noch!