Mittwoch, 08. Mai 2024

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Tourismusbranche hält Flugverzicht für überflüssig

Die deutsche Tourismusbranche wehrt sich gegen die Aufforderung an Urlauber, Flugreisen zum Schutz des Klimas einzuschränken. Klaus Laepple, Präsident des Bundesverbandes der Tourismuswirtschaft, stellte heraus, dass Flugzeuge lediglich drei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verursachten. "Da müssen wir doch mal die Relationen herstellen", sagte er.

Moderation: Klaus Remme | 06.03.2007
    Klaus Remme: So langsam steigen die Temperaturen in Deutschland, und so manch einer macht sich Gedanken um den Urlaub, sei es in den Osterferien oder vielleicht schon der große Jahresurlaub im Sommer. Gleichzeitig wird zur Zeit hierzulande eine Diskussion geführt darüber, ob der Klimaschutz ein mögliches Kriterium bei der Auswahl des Urlaubszieles sein soll. Politiker empfehlen uns doch öfter mal, in Deutschland Urlaub zu machen, das belaste die Umwelt weit weniger. In Berlin wird heute die ITB eröffnet, die Internationale Tourismusbörse, die größte Reisemesse der Welt. Ich bin jetzt verbunden am Telefon mit Klaus Laepple, Präsident des Bundesverbandes der Tourismuswirtschaft. Morgen, Herr Laepple!

    Klaus Laepple: Ja, guten Morgen!

    Remme: Herr Laepple, fast 11.000 Aussteller aus 184 Ländern. Ist die Branche in Sektlaune?

    Laepple:! Die Branche ist insgesamt in einer guten Stimmung. Wir haben ja am vergangenen Freitag schon miteinander gesprochen, und die Aussteller sind ja alle schon dort, und, wie gesagt, Branche ist guter Stimmung. Sie hat auch allen Grund im Moment dazu.

    Remme: Pünktlich zum Messebeginn diskutiert alles über den Tourismus und den Klimaschutz. Freuen Sie sich über die große Aufmerksamkeit?

    Laepple: Also dass über Tourismus diskutiert wird, natürlich ja, dass über den Klimaschutz jetzt ausschließlich diskutiert wird, und da jetzt nun auch gerade aus dem Bereich der Politik die seltsamsten Vorschläge kommen, das irritiert uns doch etwas.

    Remme: Was meinen Sie damit?

    Laepple: Ja gut, also ich meine, wenn man also beispielsweise auf die Idee kommt jetzt zu sagen, man solle doch möglichst auf Flugreisen verzichten, dann ist das natürlich aus der Gastgeberrolle, die wir natürlich hier in diesem konkreten Fall bei der ITB haben, natürlich etwas seltsam. Wir laden immerhin insgesamt 183 Länder zu uns nach Deutschland ein und bitten sie, sich hier zu präsentieren, um dann möglicherweise anschließend zu erklären, schön, dass Ihr hier wart, Ihr Land ist sicherlich sehr schön, aber besuchen werden wir Euch nie, da wir nicht mehr fliegen.

    Remme: Herr Laepple, sechs Tonnen Kohlendioxid für eine Urlaubsreise nach Südostasien, ist das in Ihren Augen okay?

    Laepple: Diese Mengenfragen sind immer sehr problematisch. Im Grunde genommen sind es Totschlagargumente. Natürlich, wenn Sie die Frage so stellen, sechs Tonnen, steht das im vernünftigen Verhältnis, würde ich sagen, um Gottes Willen, so viel, das möchte ich nicht und so weiter. Aber auf der anderen Seite muss man sich doch mal Gedanken darüber machen, was kann man den tun, um diesen Zustand, so wie er momentan ist, möglicherweise zu verändern? Und da ist ja nicht der Verzicht etwas, sondern hier geht es um die Frage von intelligenten Lösungen, da geht es hier um Reduktion und um entsprechenden Ausgleich.

    Remme: Aber Herr Laepple, viele würden antworten, genau darum geht es, und es geht in diesem Falle dann um ein Umdenken, ein Verändern in den Köpfen.

    Laepple: Ja, aber gut, was wollen Sie in den Köpfen ändern? Wenn, macht das ja auch nur Sinn, wenn Sie das natürlich weltweit schafften, also da habe ich so meine Zweifel. Sehen Sie mal, wir haben natürlich den Riesenvorteil, dass wir ohne jeden Zweifel ja schon einen gewissen Sättigungsgrad in punkto Reisen auch erreicht haben, und deshalb ist ja auch bei uns das Wachstum ja in diesem Sektor ja auch nur noch sehr geringfügig.

    Remme: Es geht dabei um eine Verlagerung. Sie sind ja gleichzeitig Inhaber eines Reisebüros. Haben Sie denn den Eindruck, der Klimawandel hat jetzt schon Auswirkungen auf die Entscheidungen von Touristen?

    Laepple: Nein, den Eindruck habe ich nicht, zumindest sagt es niemand. Also ich meine, es mag sein, dass das indirekt natürlich bei dem einen oder anderen eine Rolle spielen mag. Aber das würde ja in der Konsequenz bedeuten, dass dann erkennbar mehr Leute, ich sage jetzt mal, Binnentourismus dann bevorzugen würden. Das ist aber nicht so. Ich meine, Deutschland ist unverändert der Deutschen liebstes Urlaubsziel. Das ist seit vielen Jahren so, und daran wird sich auch mit Sicherheit nie etwas ändern. Aber Deutschland wäre ja auch gar nicht in der Lage dazu, alle Urlauber hier beispielsweise aufnehmen zu können, also alle deutschen Urlauber.

    Remme: Welche Auswirkungen, Herr Laepple, befürchten Sie denn, wenn die Klimaveränderung anhält, die Daten noch dramatischer werden, für die Zukunft?

    Laepple: Ja gut, ich meine, die Szenarien sind bekannt. Ich meine, das, was uns die Klimaforscher dazu erklärt haben, das wissen wir. Wenn die Entwicklung so völlig ungebremst weiterginge, dann würden wir natürlich ganz dramatische Veränderungen erleben, insbesondere würde es ja dazu führen, dass dann bestimmte Landstriche, also nicht hier bei uns, sondern in anderen Gegenden möglicherweise komplett verschwinden werden. Also ich meine, das mag man sich überhaupt nicht vorstellen. Nur ich meine, jetzt muss man mal wieder auf den Boden der Realität zurückkommen. Die Reisenden, also hier im konkreten Fall das Flugzeug verursacht ja nur weltweit 3 Prozent des CO2-Ausstoßes, und darüber hinaus, also hier bezogen auf Europa, sind es nur 0,5. Also das muss man ja immer mal wieder hier deutlich machen. Wir müssen an andere ran.

    Remme: Was heißt das, wir müssen an andere?

    Laepple: Ja, beispielsweise wir müssen an die Kraftwerke, und ich meine, da kommt doch auch die Widersprüchlichkeit der Politik. Auf der einen Seite sagt man, jawohl, Atom, nein danke, wir wollen keine Atomkraftwerke mehr, verweigert die Verlängerung beispielsweise von Biblis A, und auf der anderen Seite geht man her und genehmigt Kohlekraftwerke.

    Remme: Aber es klingt ein bisschen nach dem Floriansprinzip, jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wenn die Branche sparen kann, sollte sie es doch tun.

    Laepple: Ja, aber da muss ich doch bitten, da müssen wir doch mal die Relationen herstellen. Also die Kohlekraftwerke, die Kraftwerke machen immerhin 43 Prozent aus, und wir reden hier bei uns in Europa über 0,5 Prozent. Setzen Sie das doch bitte mal ins Verhältnis!

    Remme: Wo haben Sie Ihren letzten Urlaub verbracht, Herr Laepple?

    Laepple: Ich habe meinen letzten Urlaub in den Vereinigten Arabischen Emiraten verbracht.

    Remme: Und die CO2-Bilanz für diesen Flug, die macht Ihnen keine Sorgen?

    Laepple: Nein, die macht mir keine Sorgen.

    Remme: Das war Klaus Laepple, Präsident des Bundesverbandes der Tourismuswirtschaft. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Laepple.

    Laepple: Bitteschön.