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Transatlantische Beziehungen
Die Wogen wieder glätten

Nicht zuletzt die NSA-Affäre brachte die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ins Stocken. Durch die Geschehnisse auf der Krim rücken die potenziellen Partner nun wieder enger zusammen. Dieser neue Schwung freut in Europa längst nicht alle.

Von Annette Riedel und Jörg Münchenberg | 25.03.2014
    Max Bank von der Organisation Lobby Control begrüßt zu einem Journalisten-Spaziergang. Angesteuert werden verschiedene Gebäude im europäischen Viertel Brüssels. Die Gruppe kommt vor der amerikanischen Handelskammer zum Stehen. Hier sitzen die aktivsten US-Lobbyisten in Sachen Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, kurz: TTIP. Etwa ein Dutzend Journalisten lauscht an diesem Morgen dem dunkelhaarigen Endzwanziger, wie er über die Aktivitäten einzelner Akteure erzählt.
    Die Sondierungen – konkret verhandelt wird noch nicht – zu einem umfassenden Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA haben im letzten Jahr zu einem Zeitpunkt begonnen, an dem das Klima zwischen Europa und den Vereinigten Staaten wegen der NSA-Affäre zumindest getrübt war, manche sagen: vergiftet. Das Vertrauen zwischen den transatlantischen Partnern war auf einem Tiefpunkt. Jetzt hat die Ukraine-Krise die Dinge verändert. Man könnte sagen, wie Jan Techau, Direktor des Brüsseler Think Tank, Carnegie Europe, es tut: wieder zurechtgerückt.
    "Ich glaube, dass die Ukraine-Krise, die ja in Wirklichkeit eine Russland-Krise auch ist, das europäisch-amerikanische Verhältnis im Grunde auf seine alte Essenz zurück runterkocht. Es ist ganz, ganz interessant, wie plötzlich TTIP und andere Fragen auf den Rücksitz wechseln und die alte NATO-Frage, die alte Frage von Solidarität im Bündnis, von Abschreckung, von Glaubwürdigkeit der Abschreckung, wieder in den Vordergrund rückt."
    Durch Ukraine-Krise rückt NSA-Skandal in den Hintergrund
    Die Ukraine-Krise also gewissermaßen als Gegengift gegen die schleichende Entfremdung zwischen den USA und den Europäern, die – wiewohl durch die NSA-Affäre ausgelöst – schon vor geraumer Zeit nicht zuletzt über die zunehmende Konzentration Amerikas auf andere, nicht-europäische Regionen der Welt, begonnen hatte.
    "Ich weiß nicht, ob ich dieses scharfe Wort vom Gegengift benutzen würde. Aber die Krise schärft auf jeden Fall die Sinne dafür, was sozusagen eigentlich bedeutsam ist und wo die wirklichen harten Interessen in diesem Verhältnis liegen. Der NSA-Skandal, der vor allem erst mal so ein tagespolitisches Geschäft ist, der rückt dann plötzlich erst mal schnell in den Hintergrund, weil man am Ende eher damit leben kann, als mit einem Verlust an Sicherheit."
    Das sieht manch einer der Abgeordneten im Europäischen Parlament allerdings etwas anders. Das hatte im vergangenen Herbst einen Sonderausschuss eingerichtet und in fast 20 Sitzungen versucht, Licht ins Dunkel der Aktivitäten der NSA zu bringen. Für die Forderung einiger Abgeordneter, neben anderen Konsequenzen auch die Gespräche der EU mit den USA über das Freihandelsabkommen, TTIP, auszusetzen, fand sich am Ende im Ausschuss keine Mehrheit.
    "Der Ausschuss sieht die Bedeutung von TTIP für die wirtschaftliche Entwicklung und für mehr Jobs. Aber unser Bericht unterstreicht, dass das Vertrauen zwischen der EU und den USA wieder aufgebaut werden muss und dass das EU-Parlament am Ende nur einem Abkommen zustimmen wird, in dem es keinerlei Bezug auf Datenschutz gibt."
    Denn, so der britische Sozialdemokrat, Claude Moraes, der dem Ausschuss vorgesessen hatte, der sei nicht verhandelbar, gehöre nicht in ein Freihandelsabkommen. Sehr wohl aber müssten die Amerikaner begreifen, dass Datenschutz, tunlichst auf hohem Niveau, den meisten Europäern ein wichtiges Anliegen sei. Es laufen dazu, parallel zu TTIP, Verhandlungen.
    "Wir wollen, dass EU-Bürger in den USA die gleichen Rechte haben wie US-Bürger, wenn ihre Daten dort verarbeitet werden. Das ist zurzeit nicht der Fall."
    Die meisten EU-Parlamentarier wollen mehr, als EU-Justizkommissarin Viviane Reding formuliert. Sie wollen ein – im Moment eher unwahrscheinliches – No-Spy-Abkommen, einen erklärten Verzicht der Amerikaner darauf, Europäer verdachtsunabhängig massenhaft auszuspähen.
    "Wir wollen, dass es parallel zu dem Freihandels-Abkommen ein Abkommen gibt, so ein No-Spy-Abkommen. Ohne diese Bedingung macht ein Handelsabkommen keinen Sinn."
    Und sollte aus Sicht von Sozialdemokrat Bernd Lange nicht die am Ende notwendige Zustimmung des Parlaments bekommen. Er ist als Mitglied des Ausschusses für Internationalen Handel einer der wenigen EU-Parlamentarier, die Einsicht in die Dokumente der Gespräche über das geplante US-EU-Freihandelsabkommen haben. Jenseits von atmosphärischen Störungen wegen der NSA-Affäre und Bedenken bei einzelnen Verhandlungsgegenständen - beispielsweise im Bereich von Kultur, Verbraucherschutz, Investorenschutz – ist die mangelnde Transparenz der Gespräche einer der Hauptgründe für die verbreitete Skepsis im EU-Parlament. Man wisse nicht einmal genau, welches Verhandlungsmandat die EU-Kommission habe.
    "Ich habe das Privileg, dass ich weiß, was verhandelt wird. Aber das reicht natürlich bei weitem nicht hin, dass Bernd Lange das weiß. Deshalb trete ich wirklich vehement dafür ein, dass die Dokumente ganz offiziell veröffentlicht werden."
    "Es geht nicht darum, dass man sich in alle Karten schauen lässt. Aber dass dann doch so Sachen wie: Was will die Kommission eigentlich? Was sind Gegenvorschläge der US-Seite? Dass das öffentlich und transparent ist, das ist ja wohl das Mindeste",
    findet die Grüne-Abgeordnete im EU-Parlament, Ska Keller. Die Grünen plädieren deshalb, und nicht nur wegen der NSA-Aktivitäten, für einen kompletten Neustart der Freihandelsgespräche. Was eine breite Mehrheit im Parlament fordert, ist, dass wegen der massenhaften Ausspähung der Europäer durch die US-Geheimdienste verschiedene existierende Abkommen mit den USA ausgesetzt werden müssten – vom Safe Harbor Abkommen, das es europäischen Unternehmen ermöglicht, personenbezogene Daten legal in die USA zu übermitteln. Über das sogenannte SWIFT-Abkommen, mit dessen Hilfe die US-Geheimdienste legal Zugriff auf Konten-Daten von Terrorverdächtigen bekommen, bis hin zum Abkommen, das den USA den Zugriff auf Informationen über Flugreisende erlaubt.
    Liberale und CDU sehen geplantes Freihandelsabkommen als Chance
    "Wir haben sowohl unterstützt, dass das Fluggastdatenabkommen ausgesetzt wird als auch den Bankdatenaustausch über SWIFT, als auch Safe Harbor, weil wir denken, dass hier wirklich auch der Druck erhöht werden muss."
    Im Freihandelsabkommen aber sieht die Liberale im EU-Parlament, Nadja Hirsch, vor allem Chancen. Das sieht ihr Kollege von der CDU, Axel Voss, ähnlich. Zudem berge nicht nur das Abkommen selbst mehr Chancen denn Risiken. Schon allein die Gespräche darüber könnten helfen, wieder Vertrauen zwischen den transatlantischen Partnern aufzubauen. Wenn es auch im Zusammenhang mit der NSA-Affäre nicht gerade einfach ist.
    "Weil es schwierig geworden ist, diese Gespräche so zu führen, dass sie auch sachgerecht geführt werden. Wir werden am Ende höchstwahrscheinlich diese emotionale Verbindung dort haben, wo man sagt: Da ist aber noch ein offener Punkt, den müssen wir doch auch mit den Amerikanern irgendwie klären, obwohl es vielleicht nicht der Sache unbedingt gerecht wird, wenn wir an Freihandel denken."
    Doch so groß die Skepsis auch bei manchen Abgeordneten ist, längst hat die neue außenpolitische Realität auch institutionelle Fakten geschaffen. Der Zusammenschluss der sieben wichtigsten Wirtschaftsländer der Welt, der G7, eigentlich ein Dinosaurier aus den 70er- und 80er-Jahren, erlebt dank der Krimkrise eine unerwartete Renaissance. Dabei ist Russland auch seit 1998 mit dabei – doch wegen der Annexion der Krim wurde Russland beim Treffen der G7 am Rande des Nukleargipfels in Den Haag wieder ausgeladen. Stattdessen gab es auf Initiative von US-Präsident Barack Obama nur ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der alten Industrieländer, also USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Kanada, Italien und Frankreich. Russland wurde aus dem Kreis der Mächtigen vorerst ausgeschlossen – als direkte Reaktion auf die Ereignisse auf der Krim, so Kanzlerin Angela Merkel:
    "Wir sind heute global alle aufs Engste miteinander verflochten. Wir sehen das an den vielen multinationalen und bilateralen Formaten, in denen wir normalerweise zusammenarbeiten, zum Wohle aller Partner. Und ich glaube, dass jeder, der einen Beitrag dazu leistet, dass solche Formate nicht mehr stattfinden können, weil eben internationale Regeln verletzt werden – früher oder später merkt, dass das zu seinem eigenen großen Nachteil ist."
    Was das nun wiederum für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit heißt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall könnten die Vorgänge auf der Krim und das expansive russische Auftreten auch den laufenden Gesprächen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, die zuletzt doch etwas ins Stottern geraten waren, neuen Schwung verleihen. Dabei trommeln die Befürworter eines solchen Abkommens schon seit Mitte letzten Jahres, also mit Erteilung eines Verhandlungsmandats für die Kommission, für das wirtschaftliche Bündnis, so auch der Handelsexperte der CDU im Europäischen Parlament, Daniel Caspary:
    "Ich glaube, es ist doch auf den ersten Blick sichtbar: Wenn wir es zum Beispiel schaffen würden, dass Automobilhersteller keine doppelten Crash-Tests mehr auf beiden Seiten des Atlantiks machen müssen, dass man nicht mehr unterschiedliche Rückleuchten, Außenspiegel, Blinker, etc. entwickeln, konzipieren, in die Logistik einsteuern muss – das sind doch alles Vorteile, die kann man heben, ohne Nachteile für die Verbraucher und bei den sensiblen Themen. Da müssen wir dann wirklich aufpassen."
    Tatsächlich ist das geplante Freihandelsabkommen viel mehr als nur das bloße Absenken von Zöllen. Immerhin 31 Prozent des Welthandels im Wert von jährlich 700 Milliarden Euro entfallen auf die EU und die USA, zudem rund die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung. Gerade durch die Angleichung der Industriestandards versprechen sich die Befürworter viele Vorteile, nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die gut 800 Millionen Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks. Zugleich geht es aber auch um einen strategischen Ansatz im globalen Wettstreit der einzelnen Wirtschaftsblöcke, betonte auch der CDU-Abgeordnete Caspary:
    "Wie schaffen wir es, unsere Standards, unsere Vorstellungen von wirtschaftlichem Zusammenleben und von der Frage: Wie sieht ein Produkt aus, wie kommt ein Produkt zustande; welche Sozial- und Umweltstandards, technischen Standrads gelten da?, – schaffen wir es da, unsere Standards zu behaupten? Und ich stelle fest, dass aufstrebende Volkswirtschaften, beispielsweise die Chinesen, auch zunehmend versuchen, ihre eigenen Standards zu setzen. Damit natürlich versuchen, den Weltmarkt zu dominieren. Und da geht es eben schon um die Frage: Schaffen wir es, unsere Vorstellungen in Zukunft aufrecht zu erhalten? Das werden wir mit 500 Millionen Europäern nicht schaffen. Da brauchen wir Partner, und da stehen uns die Amerikaner sicherlich näher als die allermeisten anderen."
    Doch Umweltgruppen und Nichtregierungsorganisationen, aber auch Gewerkschaften bleiben skeptisch. Dort misstraut man den schönen Verheißungen von Kommission und Freihandelsbefürwortern. Am Ende, so ist oft zu hören, würden dann doch wieder nur die großen Unternehmen profitieren.
    Industrievertreter hatten fast ungehinderten Zugang zu den Dokumenten
    "Dieses Abkommen geht um Deregulierung. Es geht um die Absenkung von Umwelt-, Arbeits-, Sozial- und Verbraucherstandards. Und das soll dann ein enormes Wirtschaftswachstum geben. Wir stehen solchen Erwartungen sehr kritisch gegenüber. Wenn man sich mal das erwartete Wirtschaftswachstum anschaut – das ist doch sehr bescheiden. Die Kommission sagt selbst, das zusätzliche jährliche Wachstum belaufe sich auf 0,05 Prozent. Und auch die Zahl der Arbeitsplätze soll laut Kommission nur um 400.000 steigen",
    sagt Paul de Clerck von der Umweltschutzorganisation "Friends of the Earth". Anders ausgedrückt: Der Preis für dieses Abkommen sei einfach zu hoch im Vergleich zu den möglichen Vorteilen. Bei der Kommission weiß man, dass die Kritiker nur schwer zu überzeugen sind. Allerdings hatte EU-Handelskommissar Karel van Miert auch anfangs einen strategischen Fehler begangen und damit ungewollt die Kritiker des Freihandelsabkommens bestärkt. So hatten Industrievertreter fast ungehinderten Zugang zu den wichtigen Dokumenten: Außerdem fanden ihre Argumente weitaus mehr Gehör als die der Freihandelsgegner. Inzwischen aber gibt sich die Kommission geläutert. Man höre zu und habe eine offene und positive Debatte über das Abkommen unterstützt, weil es sehr wichtig sei und alle Bürger Europas betreffe, erklärt der Sprecher des Handelskommissars, John Clancy.
    Freilich ist der Gegenwind für die Kommission zuletzt deutlich stärker geworden. Auslöser der jüngsten Kritik sind die sogenannten Investitionsschutzabkommen. Sie sollen eigentlich verhindern, dass Investoren in einem Land benachteiligt werden. Deshalb sollen sie im Zweifel vor ein unabhängiges Schiedsgericht ziehen können, um ihre Rechte zu verteidigen. Das Problem dabei: die betroffenen Staaten können bislang solche Urteile nicht anfechten. Dennoch dürfe man das Instrument nicht grundsätzlich verteufeln, meint Handelsexperte Caspary:
    "Denn Investitionsschutz ist grundsätzlich ein bewährtes Instrument. Wir haben das jetzt seit fast 60 Jahren im Einsatz – wurde übrigens in Deutschland erfunden. Deutschland hat über 140 solcher Abkommen, europäische Mitgliedstaaten über 1400 solcher Investitionsschutzabkommen. Es gibt weltweit über 2000 davon und die funktionieren in der Regel wunderbar. Schützen Investoren und regen dazu an, dass manche Investoren in manchen Ländern überhaupt erst investieren und zu Entwicklung und Beschäftigung und höheren Standards dort erst beitragen. Aber wir haben auf der anderen Seite auch Einzelfälle, bei denen diese Abkommen missbraucht wurden. Und ich habe den Eindruck, dass gerade in den letzten Jahren solche Einzelfälle auch zugenommen haben."
    Und genau das hat die Kritiker von TTIP zusätzlich mobilisiert. Inzwischen ist schon von einer geheimen Paralleljustiz die Rede. Sinnvoller, so die Grünen-Abgeordnete Keller, wäre es daher, auf diese umstrittenen Schiedsgerichte komplett zu verzichten:


    Ska Keller
    Ska Keller (picture alliance / dpa /Bernd Settnik)
    "Vattenfall verklagt gerade Deutschland wegen dem Atomausstieg. Weil es eben dadurch seinen Profit verringert sieht. Einheimische Unternehmen haben diese Möglichkeit nicht – sie können sich nur an nationale Gerichte wenden. Wir finden, ausländische Investoren können sich genauso an nationale Gerichte wenden und sollten nicht vor diese völlig intransparenten privaten Schiedsgerichte ziehen können, die eben meistens den Unternehmen Recht geben."
    Selbst in der Bundesregierung ist deshalb die Kritik zuletzt deutlich gewachsen. Auch dort gibt es inzwischen Stimmen, die einen völligen Verzicht auf die Schiedsgerichte fordern. Was wiederum für das Abkommen insgesamt gefährlich werden könnte, denn die USA halten daran fest. Bei der Kommission hat man das wachsende Konfliktpotenzial erkannt und die Notbremse gezogen. Seit März gilt für diesen speziellen Teil ein dreimonatiges Moratorium – Kritiker und Befürworter können ihre Argumente vorbringen, dann will Brüssel abschließend entscheiden. Ganz darauf verzichten werde man aber wohl nicht, sagt Sprecher Clancy:
    "Ein Feind des Gesetzes ist die Ungenauigkeit. Denn das ist der Moment, in dem die großen Kanzleien ihre Chance wittern und versuchen, die Verträge zu interpretieren. Was wir nun vorschlagen und was hoffentlich demnächst für alle verfügbar sein wird, ist ein sehr klarer Text, der genau festlegt, was möglich ist und was nicht."
    Und der eben verhindern soll, dass Staaten nicht mehr ihre eigenen Umwelt- und Sozialstandards festlegen können – aus Sorge vor möglichen Klagen. Mit all diesen Details wird sich Barack Obama in Brüssel natürlich nicht beschäftigen. Aber die Europäer hoffen noch einmal – trotz Ukraine-Krise und NSA-Affäre – auf ein positives Bekenntnis zum Freihandelsabkommen in all seinen Facetten, zumal auch die Staats- und Regierungschefs erst kürzlich klar gemacht haben: Die politische Führung will dieses Abkommen.
    Im Europäischen Parlament in Straßburg spricht Ska Keller in ihr Handy. Die Grüne-Abgeordnete und ihre Fraktionskollegen haben im Zusammenhang mit der NSA-Affäre zahlreiche Kontakte auch zur Zivilgesellschaft in den USA aufgebaut. Sie stellen eine wachsende Sensibilität für Datenschutz-Themen fest. Was erwartet sie vom Besuch des amerikanischen Präsidenten Obama in Brüssel?
    "Ich erhoffe mir, dass, wenn Obama kommt, dass die Kommission ganz klar sagen wird, dass wir diese Überwachung nicht zulassen wollen in der Europäischen Union, dass es bei uns ganz klare BürgerInnenrechte gibt, die eingehalten werden müssen. Ich hoffe, dass es da Zugeständnisse geben wird von Obama."
    Die zu machen er allerdings wenig Zeit haben wird. Es wird ein kurzer EU-USA-Gipfel am Mittwoch. Der Abgeordnete im EU-Parlament, Bernd Lange, hofft darauf, dass der amerikanische Präsident den Freihandelsgesprächen deutliche Impulse geben kann.
    "Muss. Also, sonst glaube ich, braucht man bis zum November nicht mehr verhandeln."
    Denn im November gibt es in den USA Kongresswahlen. Und im Herbst endet die Amtszeit der jetzigen EU-Kommission.
    "Meine Erwartungen an Obama bestehen darin, dass er zu den Zielen, die er am Anfang seiner ersten Präsidentschaft formuliert hat, als ein Partner unter vielen multilateral zu wirken, wenn er diese Botschaft hier in Brüssel verkünden könnte, wäre es, glaube ich, ein großer Schritt."
    Den der linke EU-Abgeordnete Helmut Scholz gern sähe. Jan Techau vom Think Tank Carnegie Europe schätzt, dass beim EU-USA-Gipfel ein Thema die diversen anderen möglichen dominieren wird.
    "Ich glaube, es gibt vier Themen: Es gibt die Ukraine. Es gibt TTIP. Es gibt den NATO-Gipfel. Und es gibt NSA. Die Ukraine überschattet das alles. Aber es ist auch interessant, wie TTIP gegebenenfalls ja sogar profitieren kann von dieser neuen geopolitischen Lage, weil das Argument für engere transatlantische Zusammenarbeit ja jetzt wieder vielen ganz, ganz offensichtlich ist."