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Transplantation von Schweineorganen
"Pilotstudie könnte in ein bis zwei Jahren beginnen"

Der Transplantationschirurg Bruno Reichart geht davon aus, dass Menschen schon in naher Zukunft Schweineherzen eingepflanzt werden können. Auch bei anderen Organen sei eine Verpflanzung vom Schwein auf den Menschen realistisch, sagte er im Dlf.

Bruno Reichart im Gespräch mit Arndt Reuning |
Vorbereitungen für eine Herzklappenoperation
Vorbereitungen für eine Herzklappenoperation (imago images / Joachim Sielski)
Arndt Reuning: Wer wegen einer Krankheit dringend ein lebenswichtiges Organ benötigt, der weiß, dass die Wartelisten lang sind. Es gibt zu wenige Spender in Deutschland. Daher arbeiten Forscher bereits seit vielen Jahren daran, Gewebe vom Schwein auf Menschen zu übertragen, etwa ein ganzes Herz oder auch einfach nur Inselzellen aus der Bauchspeicheldrüse.
Welche Fortschritte die Fachleute auf dem Gebiet der Xenotransplantation bisher erreicht haben, das ist das Thema einer Konferenz, die zur Zeit in München stattfindet. Und genau das möchte ich nun auch erfahren von einem der Organisatoren der Tagung, von dem Transplantationspionier Bruno Reichart, Professor emeritus am Klinikum der Universität München. Herr Professor Reichart, werden denn heutzutage bereits Ersatzteile von Schweinen in den menschlichen Körper verpflanzt?
Bruno Reichart: Es werden Schweineherzklappen seit den frühen 70er-Jahren verpflanzt, aber man muss fairerweise sagen, die sind so ein Stück Leder, so wie Handtaschen oder wie Schuhe werden die präpariert, und das ist harmlos. Die generieren dann und man muss sie auswechseln, wenn sie kaputt gehen, aber der Körper reagiert nicht auf diese so veränderten Schweineherzklappen. Wenn Sie dagegen ganze Schweineherzen verpflanzen wollen, dann ist es eine ganz andere Baustelle.
"Ein Herz ist ein einfaches Organ"
Reuning: Ja, was denken Sie denn, wann dürfte es soweit sein, dass auch ganze Organe vom Schwein auf den Menschen verpflanzt werden?
Reichart: Wir haben einen Zeitplan, den wir bislang eingehalten haben, dann könnte das in zwei bis drei Jahren mit einer Pilotstudie, mit einer Erststudie beginnen, wie man das so nennt.
Reuning: Sie sind Herzchirurg, und Sie haben Anfang der 1980er-Jahre die allererste Herz-Lungen-Transplantation in Deutschland durchgeführt, und erst vor zwei Jahren ist es Ihnen gelungen, Schweineherzen in Paviane einzusetzen. Die Affen haben anschließend noch knapp 200 Tage gelebt. Ist es denn das Herz, das im Moment die größten Chancen hat, erfolgreich vom Schwein auf den Menschen übertragen zu werden?
Reichart: Das könnte sein, denn ein Herz ist ein sehr einfaches Organ. Es ist ein super Organ. Wie wir alle wissen, schlägt es 85 Jahre, 90 Jahre, aber es produziert kaum Botenstoffe, keine Hormone, wie zum Beispiel die Niere oder gar die Leber, die ja Proteine produzieren für unseren Körper. Das ist einfach eine Pumpe, die Sie auswechseln.
Genetische Veränderung nötig
Reuning: Und wo liegen aber trotzdem noch die großen Herausforderungen bei der Xenotransplantation vom Herzen?
Reichart: Ja, also erst mal, wenn Sie so ein normales Schwein nehmen, so ein deutsches Landrasseschwein, das Herz nehmen würden, dann würde das innerhalb von einer Stunde abgestoßen werden. Es würde nicht mehr funktionieren. Man muss diese Schweineherzen genetisch verändern – das haben andere Leute für uns gemacht. Diese genetischen Veränderungen müssen stabil sein, weil sie dürfen nicht verschwinden. Ja, das brauchen Sie, und dann brauchen Sie eine Immunsuppression, die aber nicht so giftig ist, toxisch ist wie die, die man bei Menschenorganverpflanzungen benötigt. Man versucht das jetzt seit 25 Jahren umzusetzen. Man muss ein bisschen sich von der Menschenchirurgie verabschieden und muss sich so hineinfühlen, wie man das mit Schweinen in Pavianen macht.
Nieren, Bauchspeicheldrüsenzellen, Hornhäute potenziell transplantierbar
Reuning: Wie sieht das denn aus mit anderen Organen? Könnte man damit in den nächsten fünf, vielleicht zehn Jahren damit rechnen, dass eine Transplantation vom Schwein auf den Menschen stattfinden kann?
Reichart: Ich glaube, realistisch ist auch die Verpflanzung von genmodifizierten Nieren. Da haben die Amerikaner einen Vorsprung uns gegenüber. Wir haben im Gegensatz dazu einen Vorsprung bei den Herzen, dann die Bauchspeicheldrüsenzellen, die sogenannten Inseln, die den Blutzucker messen können und dann eben entsprechend Insulin abgeben oder nicht. Das wird auch sehr bald kommen. Und dann die Hornhäute, das ist eine Herausforderung vor allem für Asiaten, die offensichtlich da einen Mangel haben aufgrund ihrer Erkrankungen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.