USA und Venezuela
Trump setzt auf Eskalation

US-Präsident Donald Trump setzt das Militär und die Geheimdienste ein, um Druck auf Venezuelas Präsident Nicolás Maduro auszuüben. Er begründet die Einsätze mit dem Kampf gegen den Drogenschmuggel, doch Experten sehen ganz andere Hintergründe.

    Der US-Zerstörer USS Sampson
    Der US-Zerstörer USS Sampson wurde im September nach Panama verlegt. (picture alliance / Anadolu / Daniel Gonzalez)
    Nach eigenen Angaben haben US-Truppen seit Anfang September fünf Boote in der Karibik angegriffen und zerstört, dabei habe das US-Militär mindestens 27 Menschen getötet. Die US-Regierung bezeichnet die Militäreinsätze als Kampf gegen Drogenschmuggel und macht dabei auch Druck auf Venezuelas linksautoritären Präsidenten Nicolás Maduro. Dieser kontrolliere die Drogenbanden, behauptet US-Präsident Donald Trump. Trump hat zudem bestätigt, dass der US-Auslandsgeheimdienst CIA in Venezuela aktiv ist, auch ein Einsatz von US-Bodentruppen sei denkbar.
    Die venezolanische Regierung spricht von „kriegerischen und überzogenen Äußerungen“ des US-Präsidenten. Trump richte sich mit seinen Einsätzen gegen den Frieden und die Stabilität Venezuelas. Maduro hat angekündigt, mehr als vier Millionen Reservisten bewaffnen zu lassen. Droht ein Krieg zwischen den USA und Venezuela?

    Übersicht

    Der angebliche Kampf gegen den Drogenhandel: Nur ein Vorwand?

    Experten weisen darauf hin, dass Venezuela keine große Rolle im Drogenhandel spielt. Dort werde kein Koka angebaut und es würden auch lediglich fünf Prozent des Kokains aus Kolumbien über Venezuela geschmuggelt, sagt der Politikwissenschaftler Tobias Lambert. Wenn es Trump um Drogenhandel ginge, dann müsse er andere Ziele priorisieren.
    Im jüngsten Weltdrogenbericht der Vereinten Nationen (UN) komme Venezuela kaum vor, schreibt Pino Arlacchi in einem Beitrag für Amerika21. Der Soziologie-Professor hat von 1997 bis 2002 das Internationale Drogenkontrollprogramm der UN geleitet. Venezuela sei immer ein guter Partner der UN gewesen im Kampf gegen Drogenhandel. „Es geht nicht um Drogen, Kriminalität oder nationale Sicherheit“, schreibt Arlacchi, das sei lediglich eine Erzählung, um Sanktionen, Embargos und militärische Interventionen zu rechtfertigen.

    Will Trump Macht und Öl?

    Der Politikwissenschaftler Lambert sieht das ähnlich: Es gehe offensichtlich nicht um Drogen, die USA hätten es stattdessen „vielleicht eher auf den Sturz Nicolás Maduros oder das Erdöl in Venezuela abgesehen“.
    Den Sturz Maduros habe Trump schon in seiner ersten Amtszeit anvisiert. Die damaligen US-Sanktionen hätten das erklärte Ziel gehabt, die Bevölkerung zum Aufstand zu motivieren. Die USA unterstützten dann auch Oppositionsführer Juan Guaidó, der sich im Jahr 2019 einen Machtkampf mit Maduro lieferte, ohne die Macht übernehmen zu können.
    Nun setzt Trump zusätzlich auf Drohungen und militärischen Druck. Trump hat bestätigt, dass der US-Auslandsgeheimdienst CIA in Venezuela aktiv ist. Ob die CIA den Auftrag habe, gezielt gegen Präsident Nicolás Maduro vorzugehen, ließ Trump offen. Auf Hinweise, die zur Festnahme von Maduro führen, hat die US-Administration inzwischen eine Belohnung von 50 Millionen US-Dollar ausgeschrieben.
    „Ich glaube, die Vereinigten Staaten hoffen darauf, dass es viel einfacher sein wird mit einer legitim gewählten venezolanischen Regierung Abkommen über Ölförderung und Handel abzuschließen“, sagt Benigno Alarcón, Leiter des Zentrums für politische Studien an der katholischen Universität in Caracas, der Hauptstadt Venezuelas. Denn Venezuela ist eines der ölreichsten Länder der Welt, auch China und Russland bemühen sich um Einfluss auf die Ressourcen des Landes.

    Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik

    Der Politikwissenschaftler Tobias Lambert sieht in Trumps aggressivem Auftreten auch einen erneuten Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik gegenüber allen Ländern Lateinamerikas. Trump wolle wieder als „harter Politiker“ gesehen werden, der im Zweifel auch internationales Recht ignoriere, sagt Lambert. Damit sende Trump nicht nur an Venezuela ein Signal, es gehe ihm darum „Lateinamerika auch wieder in diese Hinterhofrolle zu drängen, die sie klassisch aus Sicht der US-Außenpolitik hatte.“
    Diese Politik hatte der ehemalige US-Präsident Barack Obama im Jahr 2015 für beendet erklärt. Auf dem Amerika Gipfel hatte Obama gesagt, die Zeiten der ungestraften Einmischung der USA in dieser Region seien vorbei.
    Historisch hatten die USA und Venezuela gute Beziehungen, vor allem durch das gemeinsame Ölgeschäft. Aber 1998 kam es zum Bruch, als Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt wurde. Chávez war ein Ex-Militär, der an einem Putschversuch beteiligt war, im Gefängnis saß und sich danach zur Stimme der Armen aufgeschwungen und gegen die USA gewettert hat. 
    2013 starb Chávez und Maduro, der bis dahin Vizepräsident war, übernahm als Interimspräsident. Die kommende Wahl gewann er knapp gegen einen konservativen Herausforderer, die Opposition sprach von Unstimmigkeiten bei der Auszählung, setzte sich damit aber nicht durch. Menschenrechtsorganisationen beklagten damals schon lange, dass Angriffe auf Oppositionelle sowie gegen kritische Journalisten und Medien seit der Amtsübernahme von Chávez extrem zugenommen hatten.

    Maduro: Präsident ohne demokratische Legitimität

    Nicolas Maduro herrscht in Venezuela als Diktator. Das Militär steht hinter ihm. Die Opposition ist stark geschwächt und zersplittert, seit Maduro sich vergangenen Sommer bei den Präsidentschaftswahlen unter Betrugsvorwürfen zum Sieger ausrief.
    Die venezolanische Oppositionsführerin María Corina Machado war zuvor von der Wahl ausgeschlossen worden. Die venezolanische Justiz, die diese Entscheidung gefällt hatte, zählt zu den Verbündeten von Maduro. María Corina Machado ist die führende Stimme gegen das Regime von Maduro und wurde dafür 2025 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
    Maduro habe auch kein politisches Projekt, sagt der Politikwissenschaftler Lambert, es gehe schlicht um Machterhalt. Dabei helfe ihm der Druck der USA innenpolitisch sogar weiter. Maduro instrumentalisiere die USA als äußeren Feind, um sich als Gegenspieler zu präsentieren und im Inneren Geschlossenheit einzufordern.

    Eine US-Invasion ist unwahrscheinlich

    Donald Trump baut eine massive Drohkulisse auf, um Druck auf Maduro auszuüben, auch US-Bodentruppen schließt er nicht aus. "Wir blicken jetzt ganz klar auf das Land, da wir die Lage auf See sehr gut unter Kontrolle haben", sagte Trump am 16.10.2025 im Oval Office in Washington auf die Frage eines Journalisten, ob er Angriffe an Land in Venezuela in Betracht ziehe.
    Im Sommer 2025 haben die USA einen Flottenverband vor die Küste Venezuelas entsandt, darunter drei Zerstörer, Landungsschiffe und insgesamt 4500 Soldaten an Bord. Mit solchen Drohgebärden lässt der US-Präsident bewusst offen, ob es ihm am Ende darum geht, Maduro gewaltsam zu stürzen.
    Das sei ernst zu nehmen, sagt der Politikwissenschaftler Tobias Lambert. Das Militär von Venezuela bereite sich auf US-Angriffe vor. Eine Invasion mit anschließender Besetzung Venezuelas sei aber ein sehr unwahrscheinliches Szenario, „das würde schon erhebliche Ressourcen benötigen und wäre sehr fragwürdig, auch aus militärischer Sicht“, sagt Lambert. Einzelne Militärschläge seien hingegen ein realistisches Szenario.
    Die US-Regierung betont, dass direkte und tödliche Militärschläge rechtmäßig seien, schließlich befinde man sich im Kampf gegen Drogenkartelle, die die US-Administration zuvor zu ausländischen terroristischen Organisationen erklärt hatte. Viele Rechtsexperten haben mit Blick auf internationales und US-amerikanisches Recht erhebliche Zweifel an dieser Auslegung.

    pto