USA und Venezuela
Sorge vor einem großen militärischen Konflikt

Die USA ziehen Truppen und Schiffe vor der Küste von Venezuela zusammen und erhöhen den Druck auf Machthaber Maduro. Während US-Präsident Trump den Einsatz mit der Bekämpfung des Drogenschmuggels rechtfertigt, sehen Experten andere Hintergründe.

    Der größten Flugzeugträger der Welt mit einer US-Flagge vor blauem Himmel und Militärflugzeugen
    Der größte Flugzeugträger der Welt - USS Gerald R. Ford - wird von der US-Marine als tödlichste Kampfplattform der Welt bezeichnet (Getty Images via AFP / U.S. NAVY)
    Seit September haben US-Truppen mindestens 21 angebliche Drogenboote in der Karibik und im Pazifik angegriffen. Dabei wurden mindestens 83 Menschen getötet. Die US-Regierung bezeichnet die Militäreinsätze als Kampf gegen Drogenschmuggel und macht dabei auch Druck auf Venezuelas linksautoritären Präsidenten Nicolás Maduro. Dieser kontrolliere die Drogenbanden. US-Präsident Donald Trump bestätigte zudem, dass der US-Auslandsgeheimdienst CIA in Venezuela aktiv sei. Auch den Einsatz von US-Bodentruppen in Venezuela schloss Trump im Oktober 2025 nicht aus.
    Trump erklärte Ende November überraschend, der Luftraum über und um Venezuela sei als vollständig geschlossen zu betrachten. Beobachter sehen zunehmend Hinweise darauf, dass Trump nicht nur gegen den Drogenschmuggel vorgeht, sondern auch einen Regimewechsel anstrebt, mit Blick auf Venezuelas Ölreichtum.
    Die venezolanische Regierung spricht von „kriegerischen und überzogenen Äußerungen“ des US-Präsidenten. Maduro kündigte an, über vier Millionen Reservisten bewaffnen zu lassen und bemüht sich, demonstrativ Stärke zu zeigen. Droht ein Krieg zwischen den USA und Venezuela?

    Übersicht

    Der angebliche Kampf gegen den Drogenhandel: Nur ein Vorwand?

    Donald Trump rechtfertigt die Operation "Southern Spear" mit dem Kampf gegen Terrorismus und behauptet, Venezuelas Präsident Maduro stehe an der Spitze eines Drogenkartells. Experten bezweifeln das. Sie weisen darauf hin, dass Venezuela keine große Rolle im Drogenhandel spielt. Dort werde kein Koka angebaut und es würden auch lediglich fünf Prozent des Kokains aus Kolumbien über Venezuela geschmuggelt, sagt der Politikwissenschaftler Tobias Lambert. Wenn es Trump um Drogenhandel ginge, dann müsse er andere Ziele priorisieren.

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    Im jüngsten Weltdrogenbericht der Vereinten Nationen (UN) komme Venezuela kaum vor, schreibt Pino Arlacchi in einem Beitrag für Amerika21. Der Soziologie-Professor hat von 1997 bis 2002 das Internationale Drogenkontrollprogramm der UN geleitet. Venezuela sei immer ein guter Partner der UN gewesen im Kampf gegen Drogenhandel. „Es geht nicht um Drogen, Kriminalität oder nationale Sicherheit“, schreibt Arlacchi, das sei lediglich eine Erzählung, um Sanktionen, Embargos und militärische Interventionen zu rechtfertigen.

    Will Trump Macht und Öl?

    Es gehe offensichtlich nicht um Drogen, die USA hätten es stattdessen „vielleicht eher auf den Sturz Nicolás Maduros oder das Erdöl in Venezuela abgesehen“, sagt der Politikwissenschaftler Tobias Lambert.
    Den Sturz Maduros habe Trump schon in seiner ersten Amtszeit anvisiert. Die damaligen US-Sanktionen hätten das erklärte Ziel gehabt, die Bevölkerung zum Aufstand zu motivieren. Die USA unterstützten dann auch Oppositionsführer Juan Guaidó, der sich im Jahr 2019 einen Machtkampf mit Maduro lieferte, ohne die Macht übernehmen zu können.
    Nun setzt Trump zusätzlich auf Drohungen und militärischen Druck. Trump hat bestätigt, dass der US-Auslandsgeheimdienst CIA in Venezuela aktiv ist. Ob die CIA den Auftrag habe, gezielt gegen Präsident Nicolás Maduro vorzugehen, ließ Trump offen. Auf Hinweise, die zur Festnahme von Maduro führen, hat die US-Administration inzwischen eine Belohnung von 50 Millionen US-Dollar ausgeschrieben.
    Trump soll dem venezolanischen Staatschef am 21. November in einem kurzen Telefonat eine sichere Ausreise für sich und seine Familie angeboten. Maduro hatte im Gegenzug vollständige rechtliche Amnestie, die Aufhebung aller US-Sanktionen und das Ende eines Verfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof gefordert. Trump lehnte die meisten Forderungen ab.
    „Ich glaube, die Vereinigten Staaten hoffen darauf, dass es viel einfacher sein wird, mit einer legitim gewählten venezolanischen Regierung Abkommen über Ölförderung und Handel abzuschließen“, sagt Benigno Alarcón, Leiter des Zentrums für politische Studien an der katholischen Universität in Caracas, der Hauptstadt Venezuelas. Denn Venezuela ist eines der ölreichsten Länder der Welt, auch China und Russland bemühen sich um Einfluss auf die Ressourcen des Landes.

    Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik

    Der Politikwissenschaftler Tobias Lambert sieht in Trumps aggressivem Auftreten auch einen erneuten Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik gegenüber allen Ländern Lateinamerikas. Trump wolle wieder als „harter Politiker“ gesehen werden, der im Zweifel auch internationales Recht ignoriere, sagt Lambert. Damit sende Trump nicht nur an Venezuela ein Signal, es gehe ihm darum, „Lateinamerika auch wieder in diese Hinterhofrolle zu drängen, die sie klassisch aus Sicht der US-Außenpolitik hatte.“
    Diese Politik hatte der ehemalige US-Präsident Barack Obama im Jahr 2015 für beendet erklärt. Auf dem Amerika Gipfel hatte Obama gesagt, die Zeiten der ungestraften Einmischung der USA in dieser Region seien vorbei.
    Historisch hatten die USA und Venezuela gute Beziehungen, vor allem durch das gemeinsame Ölgeschäft. Aber 1998 kam es zum Bruch, als Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt wurde. Chávez war ein Ex-Militär, der an einem Putschversuch beteiligt war, im Gefängnis saß und sich danach zur Stimme der Armen aufgeschwungen und gegen die USA gewettert hat. 
    2013 starb Chávez und Maduro, der bis dahin Vizepräsident war, übernahm als Interimspräsident. Die kommende Wahl gewann er knapp gegen einen konservativen Herausforderer, die Opposition sprach von Unstimmigkeiten bei der Auszählung, setzte sich damit aber nicht durch. Menschenrechtsorganisationen beklagten damals schon lange, dass Angriffe auf Oppositionelle sowie gegen kritische Journalisten und Medien seit der Amtsübernahme von Chávez extrem zugenommen hatten.

    Maduro: Präsident ohne demokratische Legitimität

    Nicolas Maduro herrscht in Venezuela als Diktator. Das Militär steht hinter ihm. Die Opposition ist stark geschwächt und zersplittert, seit Maduro sich vergangenen Sommer bei den Präsidentschaftswahlen unter Betrugsvorwürfen zum Sieger ausrief.
    Die venezolanische Oppositionsführerin María Corina Machado war zuvor von der Wahl ausgeschlossen worden. Die venezolanische Justiz, die diese Entscheidung gefällt hatte, zählt zu den Verbündeten von Maduro. María Corina Machado ist die führende Stimme gegen das Regime von Maduro und wurde dafür 2025 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
    Maduro habe auch kein politisches Projekt, sagt der Politikwissenschaftler Lambert, es gehe schlicht um Machterhalt. Dabei helfe ihm der Druck der USA innenpolitisch sogar weiter. Maduro instrumentalisiere die USA als äußeren Feind, um sich als Gegenspieler zu präsentieren und im Inneren Geschlossenheit einzufordern.

    Trump verstärkt militärische Drohkulisse massiv

    Inzwischen sind rund 15.000 Soldaten in dem Gebiet stationiert, das entspricht mehr als zehn Prozent der eingesetzten US-amerikanischen Seestreitkräfte. Der größte Flugzeugträger der Welt hat die Region erreicht. Zusätzlich operieren vor Ort Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge, Bomber, Drohnen und Spionageflugzeuge. Es ist die größte Militärpräsenz in der Region seit Jahrzehnten.
    Beobachter erinnern daran, dass Trump in der Vergangenheit militärische Drohungen häufig dazu genutzt hat, um international politische Forderungen durchzudrücken. Vielen Beobachtern scheint es deshalb wahrscheinlicher, dass Maduro eingeschüchtert und dessen Regime destabilisiert werden soll. Ziel könnte es sein, nach einem möglichen Sturz Maduros eine US-freundlichere Regierung in Caracas zu etablieren. Ein politisches Kalkül, das jedoch mit erheblichen Risiken verbunden wäre.
    Das Militär von Venezuela bereite sich auf US-Angriffe vor, sagte der Politikwissenschaftler Tobias Lambert. Eine Invasion mit anschließender Besetzung Venezuelas hielt er noch im September aber für ein sehr unwahrscheinliches Szenario, „das würde schon erhebliche Ressourcen benötigen und wäre sehr fragwürdig, auch aus militärischer Sicht“, sagt Lambert. Einzelne Militärschläge seien hingegen ein realistisches Szenario.
    Ein Angriff der USA mit einer Bodenoffensive hält Jesus Renzullo vom Leipniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg für unwahrscheinlich. „Die Truppenpräsenz an der Karibikküste ist lächerlich gering, um eine effektive Invasion des venezolanischen Territoriums durchzuführen.“ Dafür würden laut Schätzungen etwa 100.000 Soldaten gebraucht.
    Die US-Regierung betont, dass direkte und tödliche Militärschläge rechtmäßig seien, schließlich befinde man sich im Kampf gegen Drogenkartelle, die die US-Administration zuvor zu ausländischen terroristischen Organisationen erklärt hatte. Viele Rechtsexperten haben mit Blick auf internationales und US-amerikanisches Recht erhebliche Zweifel an dieser Auslegung.

    pto, tha, tei