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Ukraine
EU-Freihandelsabkommen wird verschoben

Das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union wird vorerst nicht umgesetzt: Beide Parteien einigten sich mit Russland darauf, die Vereinbarung erst 2015 in Kraft zu setzen. Hintergrund sind Bedenken, die Russland geltend gemacht hat.

Von Annette Riedel, Büro Brüssel | 13.09.2014
    EU-Handelskommissar de Gucht (r.) schüttelt die Hand des russischen Wirtschaftsministers Uljukajew vor dem Treffen in Brüssel.
    EU-Handelskommissar de Gucht (r.) mit dem russischen Handelsminister Uljukajew vor dem Treffen in Brüssel. (afp / John Tys)
    Das war schon eine überraschende Ankündigung, die EU-Handelskommissar De Gucht nach trilateralen Gesprächen mit der Ukraine und Russland auf der Ministerebene machte:
    "Wir werden die Anwendung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und der Ukraine bis zum 31.Dezember 2015 verschieben", verkündete De Gucht. Das heißt, die im Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine verabredete vollständige Marktöffnung für ukrainische Produkte in der EU und umgekehrt für EU-Produkte in der Ukraine wird in den kommenden 15 Monaten nicht umgesetzt. Vorausgesetzt, die EU-Länder stimmen dieser Verschiebung noch zu.
    "Die einseitigen Handelserleichterungen werden andererseits bis dahin weiterführen."
    Hilfsmaßnahme geht weiter
    Das heißt, vorbehaltlich der dafür nötigen Zustimmung nicht nur der EU-Länder, sondern auch des EU-Parlaments, dass die zollfreie Einfuhr praktisch sämtlicher ukrainischer Produkte in die EU weitergehen soll. Diese Maßnahme, die die EU beschlossen hatte als Teil eines Hilfspakets für die ukrainische Wirtschaft, wäre eigentlich zum 1. November ausgelaufen. Sie soll also jetzt verlängert werden. Bis Ende 2015 sollen nun die trilateralen Gespräche über Bedenken im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen fortgesetzt werden.
    "Auf der Basis dieser Einigung, kommen Russland und die Ukraine überein, dass die Zollfreiheit für Produkte im bilateralen Handel zwischen diesen beiden Ländern bestehen bleibt."
    Bedenken aus Russland
    Hintergrund ist, dass Russland und andere Staaten der ehemaligen Sowjetunion befürchten – wohl nicht ganz ohne jede Berechtigung - dass über den Umweg über die Ukraine, zollfreie – und damit vergleichsweise günstige – EU-Produkte in die Märkte strömen könnten und der russischen Wirtschaft erheblich schaden könnten. Deshalb hatte Moskau gedroht, der Ukraine den privilegierten Zugang zu seinen Märkten zu versperren.
    Jetzt soll also über diese Bedenken weiter gesprochen, Lösungen gesucht werden – ohne allerdings, so die Lesart der EU-Kommission – dass das Assoziierungsabkommen an sich verändert werden müsse. Es ließe genug Spielraum für mögliche Anpassungen. Deshalb sähe er auch keinen Grund, warum das Assoziierungsabkommen nicht nächste Woche Dienstag zeitgleich im EU-Parlament und im ukrainischen Parlament ratifiziert werden könne, sagte De Gucht.
    "Our understanding is: Yes, there will be ratification."
    Eigentlich schien eine deutliche Mehrheit klar
    Ob das die Abgeordneten im Parlament auch so sehen, ob sie jetzt ein Abkommen ratifizieren wollen, was in wesentlichen Teilen bis Ende des Jahres ausgesetzt bleibt, das werden sie in Straßburg diskutieren. Eigentlich schien es sehr klar zu sein, dass eine deutliche Mehrheit für das Abkommen stimmen wollte. Der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im EU-Parlament Manfred Weber:
    "In der Ukraine sind die Menschen aufgestanden – vor allem die jungen Menschen – wegen dem Assoziierungsabkommen mit Europa. Und deswegen müssen wir Europäer die Antwort geben."
    Über das Thema Sanktionen gegen Russland, deren Verschärfung die EU heute in Kraft gesetzt hat, sei nicht Gegenstand der trilateralen Gespräche gewesen.
    "Über die Sanktionen und mögliche Gegenmaßnahmen Russlands haben wir nicht gesprochen", sagt der EU-Handelskommissar.