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Ukraine-Krise
Keine Entspannung in Sicht

Nach der tödlichen Schießerei hat der selbsternannte "Bürgermeister" von Slawjansk im Osten der Ukraine Friedenstruppen und Waffen von Russland gefordert. Der russische Außenminister Lawrow ging darauf jedoch nicht ein, sondern kritisierte vor allem die Übergangsregierung in Kiew.

Von Oliver Soos | 21.04.2014
    Eine prorussische Demonstrantin in Charkiw hält ein Schild mit der Aufschrift "Russia is our friend - USA go home!"
    Prorussische Demonstranten in Charkiw, Ukraine, fordern mehr Autonomie von der Regierung in Kiew und engere Bindungen an Russland (picture alliance / dpa/ Anastasia Vlasova)
    "Eine fatale Schießerei torpediert das Genfer Abkommen", titelt heute die "Moskau Times". In der Tat: Von einer Befriedung ist der Südosten der Ukraine genauso weit entfernt wie vor den Verhandlungen zwischen der Ukraine, Russland, den USA und der EU. Die versprochene österliche Ruhe war am frühen Ostersonntag gegen drei Uhr Ortszeit zu Ende. Bei einer Schießerei an einem Checkpoint nahe der südostukrainischen Stadt Slawjansk wurden mindestens drei Menschen getötet. Die prorussischen Separatisten geben an, von ukrainischen Nationalisten angegriffen worden zu sein. Die Beschuldigten sprechen von einer russischen Inszenierung.
    In Slawjansk wurde bis heute Morgen sechs Uhr eine Ausgangssperre verhängt. Russische Nachrichtenagenturen berichten über Schießereien an drei weiteren Straßen-Checkpoints in der Region. Meldungen über Tote oder Verletzte gibt es bislang nicht. Der Separatistenführer und selbsternannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarew, wählte im russischen Fernsehen drastische Worte:
    "Ich möchte mich persönlich an Präsident Putin wenden. Man tötet unsere Brüder, überfällt Zivilisten. Sie führen einen offenen Krieg gegen unser Volk. Deshalb möchte ich Sie bitten, Wladimir Wladimirowitsch, denken Sie bald nach über die Frage einer Einführung russischer Friedenstruppen in die Regionen Donezk, Charkiw und Lugansk."
    Lawrow wirft Kiew vor, das Genfer Abkommen zu verletzen
    Der russische Außenminister Sergej Lawrow meldete sich heute Mittag im russischen Fernsehen zu Wort. Er ging heute auf diese Aufforderung nur indirekt ein, wählte vor allem scharfe Worte gegenüber der Kiewer Regierung:
    "Der wichtigste Punkt der Genfer Vereinbarung war, dass keine Gewalt mehr zugelassen wird. In diesem Punkt wurden die Abmachungen nicht erfüllt. Mehr noch: Wir sehen, dass die Kiewer Regierung die vereinbarten Schritte nicht unternimmt und das Genfer Abkommen somit verletzt. Die Behörden in Kiew tun gar nichts, um die Ursachen der schweren ukrainischen Krise zu beseitigen."
    Ukrainische Regierung setzt Anti-Terror-Operation fort
    Die Ukraine bestreitet, etwas mit der Schießerei am Ostersonntag zu tun zu haben. Bewaffnete radikale Gruppen seien aneinander geraten - so die offizielle Erklärung der ukrainischen Übergangsregierung. Interimspräsident Alexander Turtschinow erklärte gestern Abend allerdings, dass die sogenannte Anti-Terror-Operation weitergehe. Gleichzeitig setze man aber auf das Abkommen von Genf:
    "Jede Verhandlung ist besser als Krieg. Ein erster Schritt in Richtung einer friedlichen Regelung wurde gemacht. Russland wurde gezwungen anzuerkennen, dass die Besetzung der Regierungsgebäude durch bewaffnete Terroristen gesetzeswidrig ist. Wie aufrichtig Russland ist, wird sich noch zeigen. Aber ich möchte wiederholen: Jede Verhandlung ist schon etwas Positives."
    OSZE-Beobachtermission startet am Montag in Slawjanks
    In der zur Zeit unruhigsten Stadt der Ukraine, Slawjansk, werden heute OSZE-Beobachter erwartet. Sie wollen unter anderem versuchen herauszufinden, was bei der Schießerei tatsächlich passiert ist. Klaus Zillikens, der Leiter der internationalen Beobachtermission, äußerte sich vorab vorsichtig: "Bis wir nicht selber uns das angesehen und mit Leuten gesprochen haben, würde ich mich da gern zurückhalten und nicht aus dem Fenster lehnen." Zillikens zog eine ernüchternde Bilanz: Die Patrouillenfahrten der letzten Tage hätte nicht den Eindruck erweckt, dass die Separatisten in der Region Donezk bereit sind, ihre Waffen abzugeben und die besetzten Regierungsgebäude zu räumen. Man müsse nun vor allem Vertrauen schaffen, so Zillikens.