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Ukrainische Opposition
Klitschko und Jazenjuk bei Merkel

Vor seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin erneuert der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko seine Forderung nach Sanktionen. In Kiew zogen sich Regierungsgegner nach monatelanger Besetzung aus dem Rathaus und zentralen Straßen zurück.

Von Sabine Adler | 17.02.2014
    Fordert Bürgerwehren: Vitali Klitschko am 02.02.2014 in Kiew
    Vor seinem Treffen mit Kanzlerin Merkel erneuerte Vitali Klitschko seine Forderung nach EU-Sanktionen (AFP / Sergej Supinsky)
    Die ukrainische Opposition rüstet ab. Durch die Barrikaden auf der heftig umkämpften Gruschewskastraße wurde eine Schneise geschlagen, damit wieder Autos ins Regierungsviertel fahren können, vor allem aber wurde das Kiewer Rathaus geräumt, was als eine der wichtigsten Vorbedingungen galt, damit das Amnestiegesetz in Kraft tritt. Rund 2.000 Regierungsgegner, von denen mehrere hundert noch unter Hausarrest stehen, hoffen darauf, denn dann würden die Anklagen gegen sie nicht weiter verfolgt und sie straffrei ausgehen. Vor dem Kiewer Rathaus, das auf dem seit Monaten verbarrikadierten Kretschatik liegt, wurde am Sonntagmorgen das Übergabeprotokoll unterzeichnet.
    Der Kommandeur erklärte, dass das Rathaus jedoch nicht dem von Präsident Janukowitsch eingesetzten Statthalter Makejenko übergeben wird, sondern der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa: "Hunderte unserer Aktivisten haben sich in Untersuchungshaft befunden. Sie sind jetzt frei. Deswegen räumen wir das Gebäude, gehen in ein anderes. Allerdings bleiben unsere Barrikaden bestehen, unser Kontrollpunkt, unsere Zelte. Wir ziehen nicht ab. Heute unterzeichnen wir die Erklärung mit dem Schweizer Botschafter Christian Schönenberg, dessen Land derzeit den OSZE-Vorsitz innehat, und legen damit die Kontrolle des Gebäudes in die Hände der OSZE."
    Vor dem Rathaus von Kiew sitzen Aktivisten mit schwarzen Skihauben auf Stühlen.
    Die Besetzer haben das Rathaus von Kiew geräumt - blieben aber davor versammelt. (picture alliance / dpa / Sergey Dolzhenko)
    Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka hat erklärt, dass die Amnestie ab dem 17. Februar in Kraft tritt und demnach Straftaten fallengelassen werden, die zwischen dem 27. Dezember und 2. Februar begangen worden sind. Bei der allsonntäglichen Massendemonstration, der elften in Folge, erklärte der Chef der Timoschenko-Partei Vaterland, Arseni Jazeniuk, er sei nicht käuflich, stehe für eine Übergangsregierung nicht zur Verfügung - es sei denn, sie dürfe überwiegend aus Oppositionspolitikern bestehen. Damit berücksichtigte der Timoschenko-Vertraute die Bedenken der inhaftierten Ex-Regierungschefin, die von ihrer Zelle in einem Charkower Klinikum aus das Geschehen nicht nur beobachtet, sondern mitbestimmt. Julia Timoschenko hatte dringend vor einer Regierungsbeteiligung der Opposition gewarnt.
    Nationalist Tjanigbok reist nicht nach Berlin
    Vitali Klitschko und Jazeniuk werden in Berlin von Bundeskanzlerin Merkel empfangen. Dort werde Jazeniuk die Abschaffung der Visapflicht, Finanzhilfen, Investitionen und eine Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft ansprechen. Der dritte der drei Oppositionsführer, Oleg Tjanigbok, reist nicht nach Berlin, war auch nicht bei der Münchener Sicherheitskonferenz. Er gilt als Antisemit und Nationalist, weswegen ihn EU-Politiker häufig meiden. Tjagnibog kündigte heute auf dem Maidan einen Marsch der Demonstranten zum Parlament am Dienstag an, wo über die Rückkehr zur Verfassung von 2004 beraten werden soll. Sie soll Neuwahlen bringen und würde die Wiederherstellung einer parlamentarischen Republik statt einer präsidialen bedeuten.
    Vitali Klitschko besuchte am Wochenende Dnjeprpetrowsk. Im mehrheitlich russischsprachigen Osten des Landes hat die Protestbewegung bislang weit weniger Anhänger als in der Hauptstadt und in der Westukraine.