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UNO-Gipfel in Marrakesch
Klimavertrag: Jetzt geht es an die Details

In Marrakesch in Marokko hat die UNO-Klimakonferenz begonnen. Bis zum 18. November beraten mehr als 190 Teilnehmerstaaten über die Umsetzung des Klimaschutzabkommens von Paris. Manches ist bereits in Bewegung gekommen. Ob Deutschland eine Strategie vorlegen kann, ist aber noch nicht sicher.

Von Georg Ehring |
    Verschiedene Nationalflaggen wehen auf einem Gelände. Davor steht ein Soldat, im Hintergrund ein rostfarbener Flachbau.
    Die letzte UNO-Klimakonferenz in Paris war die größte der Geschichte. (EPA/MOHAMED MESSARA)
    Die große Entscheidung fiel vor einem Jahr, jetzt geht es an die Details: Heute Vormittag beginnt in Marrakesch die 22. Welt-Klimakonferenz. Vier Tage vor Konferenzbeginn ist das Klima-Abkommen von Paris in Kraft getreten und die Delegierten aus über 190 Ländern wollen die schnelle Ratifizierung knapp ein Jahr nach dem Abschluss durchaus feiern – schließlich hatten die Unterhändler ursprünglich fünf Jahre für diesen Prozess angesetzt. Doch das Abkommen gibt nur den groben Rahmen vor für den Klimaschutz der nächsten Jahrzehnte vor. Und allein der Abschluss eines internationalen Vertrages kann die Erderwärmung nicht stoppen, sagt Annalena Baerbock, klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag:
    "Das Klima ist mit dieser Ratifikation keineswegs gerettet, sondern: Rein pro forma ist das ja nur eine Unterschrift oder nur eine Umsetzung in nationales Recht. Aber damit das Klimaabkommen mit Leben gefüllt wird, müssen jetzt nationale Maßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel Kohleausstieg einleiten, Reduktion von CO2 in der Landwirtschaft oder im Verkehr.
    Viel in Bewegung gekommen
    Dabei ist weltweit in dieser Hinsicht in den vergangenen Monaten viel in Bewegung gekommen: Die UNO-Organisation für Zivilluftfahrt einigte sich darauf, ab 2020 nur noch klimaneutral zu wachsen, außerdem kam ein Abkommen über das Ende der Verwendung von Fluor-Kohlenwasserstoffen zustande. Das sind technischen Gase, die das Klima besonders stark belasten. Und auch der Ausbau erneuerbarer Energien hat weiter Fahrt aufgenommen, beobachtet Christoph Bals, Klimaexperte bei der umwelt- und entwicklungspolitischen Organisation Germanwatch.
    "Wir haben im Jahr 2015 erstmals mehr Investitionen und auch Leistung, die aufgebaut wurde für erneuerbare Energien weltweit, gehabt, als für alle anderen Bereiche: Kohle, Öl, Gas, nuklear, zusammengenommen, an Kapazitäten, mehr an erneuerbaren Energien aufgebaut weltweit. Und das hat dann dazu geführt, dass 2014 und 15 die Emissionen aus den fossilen Energien nicht mehr gestiegen sind, sondern stabil waren, obwohl es ein Wirtschaftswachstum von mehr als drei Prozent weltweit gegeben hat."
    In Marrakesch wollen die Delegierten unter anderem darüber verhandeln, wie sichergestellt werden kann, dass eine Tonne des Treibhausgases CO2 überall gleich oder zumindest vergleichbar gerechnet wird, damit kein Land einen unfairen Vorteil hat. Und es geht ums Geld, sagt Ottmar Edenhofer, Chef des Mercator Research Institute on Global Commons in Berlin.
    "Die COP 22 wird reden über die Frage der Klimafinanzierung, sie werden darüber reden, wie die freiwilligen Selbstverpflichtungen vergleichbar gemacht werden können, und sie wird auch zumindest anfangen müssen, darüber zu reden, wie freiwillige Selbstverpflichtungen verschärft werden können."
    "Wir haben ein großes Ziel in Paris vereinbart"
    100 Milliarden Dollar sollen ab 2020 pro Jahr in Entwicklungsländer fließen, damit dort von vornherein eine umweltverträgliche Entwicklung stattfinden kann und die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels bewältigt werden. Das Geld ist noch längst nicht zusammen. Das Fernziel ist dabei klar – Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium:
    "Wir haben ein großes Ziel in Paris vereinbart: Wir wollen klimaneutral, treibhausgasneutral, welches Synonym man da auch immer verwendet, werden, ungefähr zur Mitte des Jahrhunderts. Und das bedeutet: Wir brauchen in allen Sektoren – im Verkehr, in der Energie, in der Landwirtschaft, in anderen Bereichen, große Anstrengungen."
    Deutschland sieht sich bisher als einer der Vorreiter dabei, doch es ist fraglich, ob das so bleibt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks will in der zweiten Gipfelwoche nach Marrakesch reisen und es ist längst nicht ausgemacht, dass sie dort einen Klimaschutz-Plan für die nächsten Jahrzehnte in Deutschland vorlegen kann. Im Kabinett gibt es noch keine Einigung darüber, vielleicht klappt es in dieser Woche.
    Das Gastgeberland Marokko gilt demgegenüber gerade beim Ausbau der erneuerbaren Energien als besonders fortschrittlich. Riesige Windparks wurden aufgebaut, im heißen und trockenen Klima des Landes bringt auch die Solarenergie hohe Erträge.
    Zum Start der UN-Klimakonferenz in Marrakesch fordert Journalist und Naturfilmer Dirk Steffens einen entschlossenen Schutz von Klima und Artenvielfalt. Interview mit dem ZDF-Moderator über Klima- und Umweltschutz und die Frage, wo Deutschland dringend nachbessern muss.