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UNO-Konferenz in Bonn
Ringen um den Klimaschutz

In Bonn hat die Weltklimakonferenz begonnen. Rund 25.000 Teilnehmer aus mehr als 190 Ländern wollen den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben. Es geht um die konkrete Umsetzung des Pariser Abkommens. Die USA haben allerdings ihren Austritt angekündigt.

06.11.2017
    Das Kraftwerk Niederaußem von der RWE Power
    Das Kraftwerk Niederaußem von der RWE Power (imago / Future Image)
    Bei der UNO-Klimakonferenz werden neben Wissenschaftlern, Aktivisten und Fachpolitikern auch mehrere Staats- und Regierungschefs. Ihre Teilnahme haben unter anderem auch Frankreichs Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel angekündigt. Auch der ehemalige amerikanische Vizepräsident und Klima-Aktivist Al Gore und der frühere kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger wollen nach Bonn kommen.
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte zum Auftakt der Veranstaltung, man benötige einheitliche Standards, damit kein Land schummeln könne. Ziel ist es, die Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad zu begrenzen. Deutschland dürfte sein für 2020 gestecktes Ziel verfehlen, den CO2-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
    USA wollen aus Abkommen aussteigen
    US-Präsident Donald Trump hatte vor fünf Monaten angekündigt, dass die Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. Da solch ein Ausstieg aber frühestens in drei Jahren in Kraft treten kann, verhandeln die USA bei der UNO-Klimakonferenz mit. Beobachter fragen sich, wie sich die US-Vertreter dort verhalten werden. Kurz vor Konferenzbeginn sorgte ein US-Expertenbericht für Aufsehen, der den Positionen Trumps in Teilen widerspricht.
    Fachleute sprechen von "dramatischer Erd-Erwärmung"
    Wie die Weltorganisation für Meteorologie in Bonn mitteilte, ist der Zeitraum von 2013 bis 2017 voraussichtlich der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Allein 2016 sei wegen es starken Klimaphänomens El Niño das wärmste Jahr überhaupt gewesen. Viele dieser Ereignisse seien auf den hohen Treibhausgasausstoß der Menschen zurückzuführen, hob die Organisation hervor. Für Inselstaaten wie das Konferenz-Gastgeberland Fidschi und andere tief gelegene Gebiete sei der damit verbundene Anstieg des Meeresspiegels besonders folgenschwer.
    Republik Fidschi übernimmt Präsidentschaft der Konferenz
    Die Bonner Konferenz läuft bis zum 17. November. Die Präsidentschaft hat das vom Klimawandel besonders betroffene Fidschi inne. Der kleine Inselstaat aus dem Pazifik hätte die Konferenz aber kaum selbst ausrichten können. Daher springt Deutschland als "technischer Gastgeber" ein. In Bonn hat das Klimasekretariat der Vereinten Nationen seinen Sitz.
    Fidschis Premierminister Frank Bainimarama, fordert zum Start des 23. UNO-Klimagipfels eine große Koalition der Regierungen, Zivilgesellschaften und aller Menschen. "Wo immer wir leben, wir sind alle gefährdet und müssen handeln". Die internationalen Klimaschutz-Vereinbarungen müssten tatsächlich umgesetzt werden. Die Staaten müssten zu ihren Verpflichtungen stehen und dürften nicht von den Vereinbarungen abrücken. Bainimarama fügte hinzu, 2016 sei ein Rekordjahr bei den Treibhausgas-Emissionen gewesen. Darauf müsse die Staatengemeinschaft mit allen Mitteln eine Antwort geben.
    Hofreiter kritisiert deutsche Klimapolitik
    Umweltministerin Hendricks erklärte, die Bundesregierung wolle weitere 50 Millionen Euro für den internationalen Anpassungsfonds zur Verfügung stellen. Dieser wurde 2001 eingerichtet, um Projekte und Programme zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern zu finanzieren. Die SPD-Politikerin rief die Unionsparteien, FDP und Grüne dazu auf, sich bei ihren Sondierungsgesprächen zu den Klimazielen zu bekennen. Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, hat im Vorfeld der Konferenz die derzeitige Klimapolitik in Deutschland kritisiert. Die Bundesrepublik habe ihre Führungsrolle aufgegeben. Hofreiter sagte im Deutschlandfunk, Grund sei das Festhalten an der Kohleverstromung. Weiter nannte er einen beschränkten Ausbau der erneuerbaren Energien. In den vergangenen Jahren seien 70.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich verloren gegangen.
    Entwicklungsminister Gerd Müller rief dazu auf, die Klimaschutzdebatte nicht auf die Verstromung der Kohle zu reduzieren. Jeder habe seinen Beitrag zu leisten, sagte der CSU-Politiker.
    Deutsche Industrie befürchtet Gefährdung von Arbeitsplätzen
    Der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert eine Lockerung der für 2020 vereinbarten Klimaziele. Man müsse in einen Modernisierungspfad einsteigen, der die Bundesrepublik ökologisch und ökonomisch voranbringe, sagte der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch im Deutschlandfunk . Das eigentlich politische Ziel sei es, bis Mitte des Jahrhunderts auf kohlenstoffhaltige Energieträger verzichten zu können. Lösch betonte, man wolle dieses Ziel gemeinsam erreichen, aber als Industriestandort dort auch lebend ankommen.
    Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff hatte im Interview der Woche des Deutschlandfunks eine Abkehr von den deutschen Klimazielen für 2020 gefordert. Diese Vorgaben könne niemand erreichen, ohne massiv energieerzeugende Betriebe und Industriestandorte stillzulegen.
    Proteste von Klimaschützern
    Zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Bonn hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace erneut zu Protesten aufgerufen. Bereits am Wochenende demonstrierten Umweltschützer vor Beginn der Konferenz in Nordrhein-Westfalen für den Klimaschutz. Nach einer Kundgebung mit mehreren tausend Teilnehmern drangen am Sonntag hunderte Aktivisten in den rheinischen Tagebau Hambach ein. Der Betreiber RWE hielt deswegen Bagger und Förderbänder zeitweise an. Die Polizei setzte Pfefferspray ein und löste die Versammlung auf. Auf beiden Seiten gab es Verletzte.
    In Bonn demonstrierten am Samstag mehrere tausend Menschen für eine umfassende Energiewende. Die Polizei sprach von mindestens zehntausend Teilnehmern, die Veranstalter von 25.000. Redner der Abschlusskundgebung forderten ein Klimaschutzgesetz und den Ausstieg aus der Kohlekraft. Zu der Greenpeace-Demonstration "Kids for Earth" werden am Montag rund 1.000 Kinder und Jugendliche erwartet.
    Demonstranten in Bonn fordern vor dem UNO-Weltklimagipfel mehr Engagement für den Klimaschutz.
    Demonstranten in Bonn fordern vor dem UNO-Weltklimagipfel mehr Engagement für den Klimaschutz. (AFP / SASCHA SCHUERMANN)
    (wes/tep)