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Unterstützung für Böhmermanns "Schmähkritik"
Erdogan scheitert auch in zweiter Instanz gegen Döpfner

Erfolg gegen Jan Böhmermann, kein Erfolg gegen Mathias Döpfner: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat auch in zweiter Instanz keine gerichtlichen Schritte gegen den Chef des Axel-Springer-Konzern durchsetzen können. Döpfner hatte sich Böhmermanns Schmähgedicht über den Türken "voll und ganz angeschlossen".

21.06.2016
    Eine Collage zeigt den Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
    Eine Collage zeigt den Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. (dpa-Bildfunk / Wolfgang Kumm / Handout)
    Das Oberlandesgericht Köln bestätigte am Dienstag eine Entscheidung des Landgerichts Köln, das den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Döpfner abgelehnt hatte. "Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben", betonte das Gericht. Erdogan habe nur noch die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde einzulegen.
    Hintergrund des Streits ist die öffentliche Unterstützung des Vorstandsvorsitzenden des Axel-Springer-Konzerns für den Satiriker Jan Böhmermann. Dieser hatte Ende März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" ein "Schmähkritik" genanntes Gedicht über Erdogan vorgetragen. Darin wird der türkische Präsident in Vulgärsprache beleidigt.
    Döpfner solidarisierte sich mit Böhmermann
    Der Moderator Jan Böhmermann
    Erdogan ging auch gegen den Moderator und Satiriker Jan Böhmermann vor. (dpa-Bildfunk / Henning Kaiser)
    Der türkische Präsident ging daraufhin rechtlich gegen Böhmermann vor. Die Regierung in Ankara forderte zudem ein Verfahren nach Paragraf 103, der die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter unter Strafe stellt. Gegen den Widerstand des Koalitionspartners SPD erteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) damals die dazu nötige Erlaubnis. Die Angelegenheit sorgte in Deutschland über Wochen hinweg für heftige Diskussionen. Die strafrechtlichen Ermittlungen zu dem Fall führt die Staatsanwaltschaft in Mainz.
    Im April hatte Mathias Döpfner in einem Beitrag auf der Internetseite der Springer-Zeitung "Die Welt" seine Unterstützung für das Gedicht erklärt und in einem "Post Scriptum" unter anderem hinzugefügt, dass er sich alle darin enthaltenen Formulierungen "in jeder juristischen Form zu eigen mache". Erdogan leitete wie zuvor gegen Böhmermann daraufhin rechtliche Schritte gegen Döpfner ein.
    Das Oberlandesgericht Köln entschied nun, bei dem Text handele es sich um "eine von Artikel 5 des Grundgesetzes geschützte zulässige Meinungsäußerung". Dem OLG zufolge ändern auch Döpfners Aussagen im nachgeschobenen "Post Scriptum" nichts an der rechtlichen Bewertung. Auch diese seien "Teil der Auseinandersetzung um die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Meinungs- und Kunstfreiheit sowie um die Diskussion hierüber im Anschluss an das 'Gedicht' von Herrn Böhmermann".
    Döpfner habe sich Böhmermanns Worte dabei im presserechtlichen Sinn nicht zu eigen gemacht, betonten die Richter. So habe er das Gedicht nicht etwa wiederholt. Vielmehr gehe es dem Springer-Chef erkennbar darum kundzutun, dass er das Gedicht Böhmermanns in seiner vorgetragenen Form für Satire und damit für zulässig halte. Eine andere rechtliche Bewertung folgt aus Sicht der Richter auch nicht daraus, dass der offene Brief Döpfners das Wort "Ziegenficker" enthält.
    Mehr Erfolg hatte Erdogan im Mai noch vor dem Hamburger Landgericht: Die Richter dort verboten Böhmermann einstweilig die Wiederholung von Teilen seines Gedichts. Dabei handle es sich um Passagen, die Erdogan "angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen muss", erklärte das Gericht. Die Entscheidung basiere auf einer Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit sowie den Persönlichkeitsrechten.
    (hba/jasi)