Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Untersuchungsausschuss zur Finanzpleite
Ex-Wirecard-Chef Markus Braun schweigt eisern

Der ehemalige Chef des Finanzdienstleisters Wirecard, Markus Braun, sollte vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen zur Pleite seines Unternehmens. Aber außer einer dürren Erklärung gab es keine Antwort von ihm. Es wird deshalb nicht die letzte Anhörung gewesen sein.

Von Theo Geers | 19.11.2020
Markus Braun, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Wirecard AG, kommt als Zeuge zum Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, inwiefern die Bundesregierung und ihr unterstellte Aufsichtsbehörden über die Vorkommnisse bei dem insolventen Zahlungsdienstleister informiert waren.
Braun im Wirecard-Untersuchungsausschuss (dpa / Michael Kappeler)
Die mit großer Spannung erwartete Befragung des früheren Wirecard-Chefs Markus Braun fiel schon nach wenigen Minuten in sich zusammen. Braun, ganz in Schwarz mit Rollpulli gekleidet, verlas in Gegenwart seines Anwalts eine Erklärung. Er berufe sich gegenüber dem Untersuchungsausschuss auf sein Aussageverweigerungsrecht und werde über diese Erklärung hinaus keine weiteren Fragen beantworten. Daran hielt Markus Braun dann eisern fest, egal, ob die Abgeordneten ihn nach einem Treffen mit Finanzstaatssekretär Jörg Kukies befragten, danach, ob er überhaupt jemals irgendwelche Gespräche mit Landes- oder Bundespolitikern geführt habe oder wie viel vom früheren Wirecard-Umsatz nur vorgetäuscht war. Immer die gleiche Antwort: Er, Markus Braun, werde sich hier über die Erklärung hinaus nicht äußern und keine weiteren Fragen beantworten. Beendet ist die Vernehmung des bisherigen Wirecard-Chefs Braun deshalb aber nicht.
Nach der ersten Befragung ist vor der zweiten Befragung
"Das ist nicht irgendein Zeuge, das ist die zentrale Figur bei Wirecard, fast 20 Jahre der Chef. Der, der wirklich über alles Bescheid wusste, der den Laden kontrolliert hat. Markus Braun war Wirecard. Und deswegen ist Markus Braun auch ein zentraler Zeuge für den Untersuchungsausschuss", hatte der FDP-Abgeordnete Florian Toncar schon vor Beginn der Sitzung erklärt. Deshalb ließen er und seine Kollegen auch nach der Sitzung an einem keinen Zweifel: Nach der ersten Befragung ist vor der zweiten Befragung.
Enttäuscht waren sie dennoch. Denn noch am Montag hatte Braun schriftlich angedeutet, sich zu den Fragen, die den Ausschuss interessieren, zu äußern, also dazu, wie es zu dem Aufsichtsversagen bei Wirecard kommen konnte. Nun aber erklärte Braun den verblüfften Abgeordneten, auch diese Antworten wären Teil eines mosaikartigen Gesamtbildes. Deshalb könne er den Aussagen vor der Staatsanwaltschaft nicht vorweggreifen. Nur so viel, er habe zu keiner Zeit die Feststellung getroffen oder auch nur Hinweise darauf erhalten, dass sich Behörden oder Aufsichtsstellen nicht korrekt, pflichtwidrig oder unlauter verhalten hätten. Gleiches gelte für den Aufsichtsrat und die Wirtschaftsprüfer, die offenbar massivst getäuscht worden seien.
Am Ende muss ein Gericht über jede Frage entscheiden
Wann und unter welchen Vorzeichen nun eine weitere Befragung Brauns stattfindet, ist offen. Ginge es nach Braun, ist erst die Staatsanwaltschaft an der Reihe. Die Abgeordneten hingegen sehen sich mit dieser auf gleicher Stufe. Deshalb könne Braun im Bundestag nur Antworten verweigern, die seine persönliche Schuld beträfen, nicht aber auf Fragen nach Kontakten zu Politikern und Behörden, die die Abgeordneten interessieren. Und so nahm das Spektakel im Ausschuss seinen Lauf. Die Abgeordneten verlasen Frage auf Frage. Braun erklärte jedesmal, er werde nicht antworten.
Nun muss Braun bei jeder Frage glaubhaft machen, dass er sich mit einer Antwort vor Gericht selbst belasten würde. Das wiederum dürften die Abgeordneten ihm nicht abnehmen. Entscheiden muss deshalb am Ende wohl ein Gericht und zwar zu jeder einzelnen Frage, die Markus Braun heute offen ließ.