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US-Fußballerinnen
Verbandschef Cordeiro tritt zurück

Im Prozess der US-Fußballerinen um gleiche Bezahlung wehrt sich der Verband mit allen Mitteln. Verbandschef Carlos Cordeiro ist der Meinung, dass männliche Nationalspieler mehr können als ihre weiblichen Kollegen - und deshalb auch mehr verdienen. Eine Protestwelle zwang den Präsidenten jetzt zum Rücktritt.

Von Jürgen Kalwa | 13.03.2020
Megan Rapinoe, Kapitänin des US-Frauennationalteams, hält bei einer Siegesfeier in New York am 11. Juli den WM-Pokal in die Höhe.
Die US-Fußballerin sind deutlich erfolgreicher als die US-Männer, aber ihr Verdienst ist im Vergleich sehr gering (imago images / Xinhua / Wang Ying)
Als die Weltmeisterinnen letzten Sommer aus Frankreich zurückkehrten, wurden sie in New York mit einer Konfettiparade gefeiert. Der Präsident des amerikanischen Fussballverbands machte auf gute Stimmung. Im schwelenden Streit mit den Spielerinnen um gleiche Bezahlung habe der Vorstand die Absicht, sich "anständig zu verhalten", sagte Carlos Cordeiro. Denn: "Alle Sportlerinnen verdienen eine faire und gleichberechtigte Behandlung".
Wie ernst diese Aussage gemeint war, weiß man in Amerika seit Anfang der Woche. Da wurde bekannt, mit welchen Argumenten die Anwälte des Verbandes in der von den Nationalspielerinnen angestrengten Sammelklage die Forderung abzuschmettern versuchten: Die Frauen seien körperlich schwächer und liefen langsamer. Mit anderen Worten: Den vom Gesetz angemahnten Gleichheitsgrundsatz dürfe man eigentlich überhaupt nicht anwenden.
Es geht um 66 Millionen Dollar
Die Entrüstung war prompt und massiv. Sogar große Sponsoren wie Coca-Cola, Visa und Budweiser meldeten sich zu Wort. Cordeiro machte zwar zunächst einen Rückzieher und entschuldigte sich. Doch am Donnerstag zog er die einzig denkbare Konsequenz. Er trat zurück. Die Verantwortung trägt nun erstmals eine Frau: Vize-Präsidentin Cindy Parlow Cone.
Theoretisch soll der offizielle Teil des Prozesses im Mai beginnen. Doch vielleicht kommt es nun zu einer außergerichtlichen Einigung. Denn die wichtigsten Eckpunkte rund um die Klage lassen sich nicht vom Tisch wischen. Danach erzielen Megan Rapinoe, Alex Morgan und ihre Kolleginnen ebenso hohe Einnahmen für den Verband wie die Männer. Sie fordern deshalb einen Schadenersatzbetrag von 66 Millionen Dollar.
Was Sexismus unter dem Dach von US Soccer in der Praxis bedeutet, zeigt sich nirgendwo krasser als bei den Gehältern der Cheftrainer. Jill Ellis, die mit ihrem Team 2015 und 2019 zweimal Weltmeister wurde, erhielt pro Jahr nur ein Viertel von dem, was Interimstrainer Bruce Arena kassierte. Seine Bilanz? Er schied mit den Männern in der Qualifikation für die WM 2018 aus.

Noch mehr erhielt Jürgen Klinsmann. Auch seine sportliche Bilanz ist vergleichsweise mager.