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US-Klimapolitik
Kalifornien als Pionier in Sachen Klimaschutz

Der US-Bundesstaat Kalifornien versteht sich als Speerspitze des Widerstands gegen die Klimapolitik aus Washington. Dürre, steigender Meeresspiegel und Waldbrände - das gehört schon länger zum Alltag in dem Westküstenstaat. Gouverneur Jerry Brown hat US-Präsident Donald Trump darum den Kampf angesagt.

Von Kerstin Zilm | 09.11.2017
    Demonstration gegen die Klimapolitik von US-Präsident Donald Trump. Demonstranten tragen eine Schild mit der Aufschrift "Das ist nicht normal. LA wehrt sich".
    Demonstration gegen die Klimapolitik von US-Präsident Donald Trump (Deutschlandradio / Kerstin Zilm)
    Proteste gegen US-Präsident Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, gegen Ölbohrungen, Kohle-Abbau und die Ausbeutung von Rohstoffen in Nationalparks gehören in Kalifornien seit einem Jahr zum Alltag. Nancy Hass aus Los Angeles demonstrierte vor 50 Jahren zum letzten Mal für Bürgerrechte. Trumps Klimapolitik treibt sie wieder auf die Straße.
    "Die Klimapolitik lässt mich nachts nicht schlafen. Wir waren endlich soweit, politisch Entscheidungen zu treffen, die die Erderwärmung aufhalten könnten. Jetzt machen wir wieder Rückschritte. Und ich weiss nicht, ob wir uns davon erholen können. Ich mache mir Sorgen um meine Enkelkinder. Die, die diese Entscheidungen treffen müssen doch auch Familien haben. Ich weiss nicht, wie sie schlafen können."
    Gouverneur Brown: "Kalifornien ist die Zukunft!"
    Die Demonstranten haben einen starken Partner in Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown. Kaum hatte Donald Trump sein Kabinett mit Klimawandel-Leugnern und Energieunternehmern bestückt, kündigte der 79 Jahre alte Politiker angriffslustig Widerstand auf allen Ebenen an:
    "Mit dem kalifornischen Bruttosozialprodukt von mehr als 2,2 Billionen Dollar sind wir die fünft- oder sechstgrößte Wirtschaftskraft der Welt. Wir haben eine Menge Munition. Wir haben Wissenschaftler, Universitäten und Anwälte. Wir werden unsere Werte verteidigen. Was immer Washington auch glaubt zu tun - Kalifornien ist die Zukunft!"
    Als US-Präsident Trump ankündigte, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, kam Browns Antwort prompt und war vernichtend.
    "Das ist eine verrückte Entscheidung. Sie widerspricht den Fakten, wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Realität. Wir wissen, dass wir aus der Kohle aussteigen müssen. Tun wir das nicht, werden Menschen sterben, Habitate zerstört und Meeresspiegel steigen."
    Trump konterte gegen Angriffe und Kritik von der Westküste mit einem verbalen Tiefschlag quer über den Kontinent:
    "California in many ways is out of control, as you know."
    Kalifornien sei "in vielerlei Hinsicht außer Kontrolle".
    Allianzen als Gegenpol zu Trumps Klimapolitik
    Gouverneur Brown ignoriert diese Attacken weitgehend. Er schmiedet lieber Allianzen als Gegenpol zu der aus seiner Sicht verheerenden Klimapolitik Washingtons. Er unterzeichnete Vereinbarungen unter anderen mit dem chinesischen Präsidenten, dem Ministerpräsidenten von Baden Württemberg und Kollegen in den USA. Der von Kalifornien mit den Bundesstaaten New York und Washington gegründeten US-Klima-Allianz gehören inzwischen 14 Bundesstaaten an, die mehr als ein Drittel der US-Bevölkerung vertreten.
    Unterstützt wird Brown dabei von der überwältigenden Mehrheit der Kalifornier. Nur knapp ein Drittel der Wähler des Westküstenstaates hatten Trump ihre Stimme gegeben. Kalifornische Wissenschaftler und Universitäten protestieren mit Unterschrifts-Aktionen gegen Kabinettsmitglieder, die den Klimawandel anzweifeln. Prominenz von Leonardo DiCaprio bis Jane Fonda machen sich öffentlich stark für strengere Emissionsgrenzwerte und wissenschaftsgestützte Umweltpolitik. Fonda bei einer Demonstration für Klimaschutz:
    "Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit sind wir mit einer existentiellen Bedrohung unseres Planeten und unserer Demokratie konfrontiert. Wenn diese Politiker gewinnen, kommen wir dem kritischen Punkt der globalen Erwärmung näher und von dort gibt es kein zurück. Wir dürfen nicht tatenlos zuschauen, wie ein paar männlich weiße Milliardäre versuchen, dem amerikanischen Volk eine lebenswerte Zukunft zu verwehren."
    Kaliforniens Sonderrolle
    Kalifornien hat eine lange Geschichte progressiver Klimapolitik. Ausgelöst durch hohe Smogwerte und einen verheerenden Ölunfall an der Küste bildeten sich in den 60er Jahren einflussreiche Umweltgruppen im bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat. Kalifornien bekam vom Bund einen Sonderstatus zugestanden, der unter anderem strengere Abgaswerte als im Rest des Landes erlaubte. Präsident Obama hatte die Standards landesweit übernommen. Die Trump-Regierung droht nun, den Sonderstatus aufzuheben. Kalifornien klagt gegen dieses Vorhaben. David Pettit, Anwalt des ‘National Resources Defense Council’, erklärt: der Bundesstaat verdient weiter eine Sonderrolle:
    "Schauen Sie, was in unserem Bundesstaat passiert: Fünf Jahre Dürre. Der Meeresspiegel steigt vor unserer Küste. Das ganze Jahr Waldbrände. Schädlinge kommen aus Mittelamerika zu uns und vernichten Millionen von Bäumen. Stürme verändern unseren Wasserhaushalt. Das sind Ereignisse, die es kaum in Staaten mitten im Land gibt."
    Gouverneur Jerry Brown ist wild entschlossen, die Rolle Kaliforniens als Pionier in Sachen Klimaschutz gegen Trumps Politik auszubauen. Er lädt deshalb die Welt für das nächste Jahr zum Globalen Klima Aktions Gipfel nach San Francisco ein.
    Dort werden Politiker, Wissenschaftler, Unternehmer, Studenten und Wohltätigkeitsorganisationen an Initiativen gegen die Erderwärmung arbeiten. Brown fordert alle, die Klimawandel als existentielle Bedrohung der Menschheit ansehen auf, anzureisen, Energien und Idealismus in Kalifornien zu bündeln.
    "Ich weiß, Präsident Trump versucht, aus dem Pariser Abkommen auszusteigen, aber er vertritt nicht den Rest Amerikas. Wir in Kalifornien und anderen US-Bundessaaten glauben, dass die Zeit zum gemeinsamen Handeln gekommen ist. Das werden wir bei diesem Gipfel schaffen. Bis dann."