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US-Notenbank
Steigende Zinsen in den USA mit gravierenden Folgen

Europa fährt noch immer im Nullzinsmodus - in den USA dagegen könnte der Leitzins erneut angehoben werden. Die US-Wirtschaft brummt, sie könne steigende Zinsen vertragen, sagt Eva Bahner aus der Dlf-Wirtschaftsredaktion. Die US-Geldpolitik hinterlasse aber deutliche Spuren in Schwellenländern.

Eva Bahner im Wirtschaftsgespräch mit Mario Dobovisek | 26.09.2018
    Donald Trump steht vor dem Weißen Haus in Washington und schüttelt die Hand von Jerome Powell.
    Bei der Nominierung von Jerome Powell als Fed-Chef zeigte sich US-Präsident Trump noch zufrieden (AFP/SAUL LOEB)
    Mario Dobovisek: Steigende Zinsen werden wir in der Eurozone frühestens im Herbst nächsten Jahres sehen, bis dahin will die EZB den Leitzins wohl bei nahe null belassen. Die amerikanische Notenbank, die Fed, ist da schon weiter. Sie hat bereits Ende 2015 die Zinswende eingeläutet und wird heute ein weiteres Mal die Zinsen anheben?
    Eva Bahner: Das wird an den Märkten so erwartet, dass die Fed den Zins um ein Viertelprozentpunkt anhebt. Das wäre dann die dritte Zinserhöhung in diesem Jahr, auf eine Spanne zwischen 2,0 und 2,25 Prozent, diese geldpolitische Straffung gilt eigentlich als gesetzt. Offen die Frage, ob im Dezember noch eine Zinserhöhung kommen wird und bis wohin die amerikanische Notenbank noch gehen will, einige rechnen mit drei Prozent bis Ende 2019 – und in welchem Tempo.
    Dazu wird es dann wohl Hinweise geben auf der Pressekonferenz nach der zweitägigen Sitzung nach Börsenschluss. Dort wird Fed-Chef Jerome Powell einen Ausblick geben, auch für Wachstum und Inflation in den USA, möglicherweise auch unter Berücksichtigung des eskalierten Handelsstreits mit China. Derzeit zumindest kann die amerikanische Wirtschaft gut mit steigenden Zinsen leben, die Wirtschaft brummt, hat im Frühjahr auf das Jahr hochgerechnet um 4,2 Prozent zugelegt, die Arbeitslosenquote bleibt konstant niedrig bei 3,9 Prozent, es herrscht also de facto Vollbeschäftigung in den USA.
    Keine Sorge über Unabhängigkeit der Fed
    Dobovisek: Und dennoch gab es zuletzt ja auch Kritik am Kurs des Fed-Chefs - ausgerechnet von US-Präsident Donald Trump. Was ja eigentlich ein Tabu ist, dass sich Politiker in die Geldpolitik einmischen. Wie kam es dazu?
    Bahner: Was den US-Präsidenten grundsätzlich stört ist ein zu starker Dollar, das hat Trump immer wieder mal moniert, denn der passt insofern nicht zu seiner America-First–Politik, weil ein starker Dollar Exporte teurer macht, die Exportunternehmen ausbremst. In dem Interview im August, hat er erstmals direkt den Kurs des Fed-Chefs kritisiert, der mit steigenden Zinsen natürlich den Dollar stärkt und darin hat er auch China und Europa vorgeworfen, ihre Währungen zu manipulieren – grundsätzlich ist eine derart öffentliche Kritik aus dem Weißen Haus an der Fed-Politik höchst ungewöhnlich - und speziell in dem Fall auch sehr sonderbar, weil Jerome Powell Trumps Wunschkandidat war.
    Dennoch muss man sich jetzt keine allzu großen Sorgen machen um die Unabhängigkeit der Fed, die wird sich davon wahrscheinlich wenig beeinflussen lassen in ihren Entscheidungen und weiterhin das tun, was sie soll: nämlich für Preisstabilität sorgen und den Produktions- und Beschäftigungsstand hoch zu halten in den USA.
    Schwellenländer spüren die Zinswende bereits
    Dobovisek: Andere Länder bekommen hingegen Probleme. Seit Wochen berichten wir über die Gefahr einer Schwellenländer-Krise – und dafür ist ja auch der starke Dollar verantwortlich oder?
    Bahner: Das kann man schon so sagen. Steigende Leitzinsen lassen auch die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen steigen, das zieht Investoren und Anleger an, die als die Zinsen niedrig waren in den USA, ihr Geld in Schwellenländern angelegt haben – mit einem höheren Risiko, aber auch mit einer höheren Rendite. Die kehren jetzt zurück. Es ist also seit ein paar Monaten eine Kapitalflucht aus einigen Schwellenländern zu beobachten, aus der Türkei und ganz massiv auch aus Argentinien, aber auch andere Länder Südafrika, Indien und Indonesien sind betroffen. Am dramatischsten ist die Lage sicherlich in Argentinien, wo der Peso seit Jahresanfang 50 Prozent an Wert verloren hat, auch weil Investoren das Vertrauen in die Regierung Macri verloren haben. Nun hat auch noch der argentinische Zentralbank-Chef, Luis Caputo, hingeschmissen, nach nur drei Monaten und das während die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds laufen, um eine Ausweitung des 50-Milliarden-Dollar-Kredits, den der IWF ja bereits im Frühjahr zugesagt hatte. Das Verhältnis zwischen dem IWF und Argentinien ist traditionell schwierig, denn mit Hilfsgeldern sind ja auch wieder Sparauflagen verbunden, und damit haben die Argentinier ja schon ihre Erfahrungen gemacht bei der Staatspleite Anfang des Jahrtausends.