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US-Politologe: G8-Gipfel wird keinen Durchbruch beim Klimaschutz bringen

Der Politikwissenschaftler Daniel Hamilton aus Washington erwartet von Heiligendamm keinen Durchbruch beim Thema Klimaschutz. Während der laufenden Amtszeit werde sich die Bush-Regierung in dieser Frage nicht mehr bewegen. Auf der Ebene der Bundesstaaten und im Kongress wachse jedoch das Interesse am Klimaschutz.

Moderation: Bettina Klein | 30.05.2007
    Bettina Klein: Die Erwärmung des Erdballs sei ein ernstes Problem, die USA wollten konstruktiv beim G8-Gipfel an einer Lösung mitarbeiten, hieß es vor zwei Wochen aus dem Weißen Haus. Doch inzwischen haben die Klimaberater des US-Präsidenten der G8-Präsidentschaft klargemacht, dass deren Ziele grundsätzlich unvereinbar sind mit dem Ansatz von Präsident George Bush. Die USA wollten sich nicht per Dekret diktieren lassen, wie viel Grad sich der Globus aufheizen dürfe, hieß es. Eine klare Position, eine, die allerdings der deutschen G8-Präsidentschaft noch einiges Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Ein Eklat, ein Scheitern des G8-Gipfels in Heiligendamm in punkto Klima scheint nicht mehr ausgeschlossen. Weshalb diese Zuspitzung jetzt, welche Möglichkeiten gibt es noch, aus der Situation herauszukommen und vor allem weshalb geben sich die USA aus Sicht der Deutschen so uneinsichtig? Das habe ich Daniel Hamilton gefragt, Politikwissenschaftler in Washington.

    Daniel Hamilton: Sie wissen, die Bush-Regierung hat immer sich dagegen gewehrt, mit der internationalen Gemeinschaft im Punkt Klimaschutz mitzumachen. Es hat sich entwickelt in den letzten Jahren, gerade in den letzten Monaten, nachdem die Demokraten im Kongress eine Mehrheit gewonnen haben, dass die Administration sich ein bisschen bewegt, aber nicht so weit, dass sie wirklich ihren festen Standpunkt aufgeben. Und das heißt, sie sind nicht dabei, wenn es darum geht zu bestimmen, wie viel Grad sich das alles senken muss usw. Die sind im Prinzip einfach gegen solche Abkommen.

    Klein: Wie gut, Mr. Hamilton, sind die Argumente, die die Bush-Regierung da vorbringt, also der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2-Emissionen ist in den USA ja weit höher als hierzulande zum Beispiel. Auf der anderen Seite können wir hören, es konnten auch Emissionen im Vergleich zu Europa verringert werden.

    Hamilton: Ja, die Bush-Regierung sagt auch, die Produktivität hier ist höher, Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren war höher und einfach die Wirtschaft hier ist viel größer, und deswegen muss man das außer Betracht nehmen. Sie argumentieren auch, dass die größten Entwicklungsländer nicht bei diesen Abkommen dabei sind - China, Indien, solche Länder. Es geht nicht nur um die USA, aber wirklich um große Länder, die nicht dabei sind. Und deswegen sagen sie, man kann nicht von einem multilateralen Vorgang sprechen, wenn diese großen Länder auch nicht dabei sind. Aber wie gesagt, in den letzten Monaten hat sich einiges bewegt intern in den USA. Die Demokraten haben die Mehrheit im Kongress und sprechen sehr hart für irgendeine Bewegung hier. Was interessant ist, ist, dass die Business Community, die Firmen, die sowohl in Europa als auch in den USA natürlich tagtäglich mit Kyoto-Regelungen oder ohne Kyoto-Regelungen, mit diesen großen Unsicherheiten arbeiten müssen, diese bewegt sich in den USA intern. Sie haben auch vielleicht mitbekommen, große Bundesstaaten wie Kalifornien, auch die Neu-England-Staaten bewegen sich. Sie machen eigene Gesetze zum Klimaschutz. Und ich glaube, es kommt alles von unten jetzt. Aber kann nicht erwarten, dass die Bush-Regierung von sich aus in diesen letzten anderthalb Jahren seiner Amtszeit wirklich sehr viel bewegen wird. Es muss von unten kommen. Es ist nicht eine Frage, von ob die USA mitmachen, es ist eine Frage von wann. Leider, dieses Wann wird nicht in Heiligendamm kommen, glaube ich.

    Klein: Sie sprechen vom Druck, der jetzt von den Demokraten ausgeht. Wie viel bringt es denn der Kanzlerin und G8-Präsidentin, wenn sie gegenwärtig Unterstützung bekommt von Nancy Pelosi, der demokratischen Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus? Die haben sich ja gestern beide getroffen in Berlin.

    Hamilton: Ich glaube, die deutsche Position lange Zeit war, wie kann man im Klimaschutz gegen die nationale Regierung der USA arbeiten. Das schien unrealistisch zu sein. Aber ich glaube, im letzten Jahr oder so hat man eingesehen, man kann auch mit der internen Politik der USA arbeiten, das sind andere Akteure. Das heißt, im Kongress gibt es interessante neue Positionen und Gouverneure, die Bundesstaaten an sich verändern sich, und ich glaube, der Druck kommt wirklich von unten jetzt, aber es kommt nicht so schnell, dass in den nächsten Tagen oder so man hier einen großen Wandel in der US-Regierung sehen wird.

    Klein: Das heißt, die Unterstützung der Demokraten wird bis zum G8-Gipfel in Heiligendamm oder vermutlich nicht mal in den nächsten anderthalb Jahren in punkto Klimaschutz irgendetwas bringen?

    Hamilton: Nichts, was die Deutschen sich erhoffen, aber wenn man schaut, wie weit man kommen könnte im Vergleich zu den sturen Positionen der Regierung am Anfang von Bushs Amtszeit, sehen wir schon etwas Bewegung.

    Klein: Etwas Bewegung sagen Sie, auf der anderen Seite meldet die "Süddeutsche Zeitung" heute, dass die US-Regierung planen würde, beim G8-Gipfel auf ein Dokument zu drängen, das eine Abkehr vom bisherigen Kyoto-Protokoll bedeuten würde, dass sie ein neues globales Rahmenwerk anstreben würde, was bedeuten würde, dass nicht mehr alle Länder der Welt mit im Prozess sind und auch, dass die Vereinten Nationen nicht mehr in maßgeblicher Form beteiligt sind. Können Sie das bestätigen?

    Hamilton: Ja, es sind einige Überlegungen, aber wie gesagt, es ist alles im Fluss. Kyoto läuft eigentlich nur bis 2012, und die größten Überlegungen sind, wie kann die Weltgemeinschaft nach dieser Zeit des Auslaufens von Kyoto zu einer neuen Einigung kommen. Die Bush-Regierung bevorzugt einen Rahmen außerhalb der UNO, und wie Sie gerade sagten, in einem etwas flexibleren, losen Rahmen. Die anderen Länder der Welt natürlich bevorzugen doch einen UNO-Rahmen, und da stehen wir wieder vor einer Kluft zwischen dieser Regierung und anderen Nationen.

    Klein: Im Falle, es kommt nicht zu einem Einverständnis, zu einem Kompromiss jetzt noch vor Heiligendamm, was würde denn passieren, wenn die G8-Präsidentschaft ein substanzielles Klimapapier verabschiedet, vereinbart und die USA unterschrieben nicht?

    Hamilton: Wie ich das einschätze, es wird eine Einigung geben, dass Klimaschutz ein Problem ist usw., aber keine Einigung, dass die Gruppe an sich, die Gruppe von acht oder andere Gruppierungen unterhalb dieser Gruppe irgendwas gemeinsam unterschreiben. Ich glaube, die Bush-Regierung hätte nichts dagegen, aber wenn in einem zweiten Dokument die EU voranschreiten könnte und würde sagen, die EU sozusagen als Pilotregion könnte eine Führungsrolle spielen, das belastet dann die Bush-Leute aus ihrer Sicht dann nicht und erlaubt dann Frau Merkel und der EU zu zeigen, dass sie doch vorankommen. Aber wie Sie sagten, das ist keine schöne Lösung.

    Klein: Insgesamt, wie bewerten Sie den Streit, der jetzt entstanden ist oder noch mal eskaliert ist, mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen, droht da wieder ein Graben sich aufzutun?

    Hamilton: Dieser Graben war schon lange da, ich glaube nicht, ich glaube, alle bemühen sich innerhalb ihrer politischen Möglichkeiten sozusagen, irgendwas hier auszusuchen. Aber ich sagte, die Zeiten ändern sich in den USA in dieser Frage, aber nicht so schnell, dass es in Heiligendamm zu einem Durchbruch kommen wird. Aber man kann schon rechnen, dass intern die USA im Klimaschutz, ich würde sagen, in den nächsten zwei Jahren wirklich zu einer neuen Etappe kommen werden. Aber man muss einfach sehen, politisch wird es nicht so schnell kommen.