Montag, 13. Mai 2024

Archiv

US-Vizepräsidentin
Journalistin Marie-Astrid Langer porträtiert Kamala Harris

Eine disziplinierte Frau, die einen hohen Arbeitsethos vertritt, der aber auch große Fehler unterlaufen. Das ist das Bild, das die Journalistin Marie-Astrid Langer von der amerikanischen Vizepräsidentin Kamala Harris zeichnet. So habe sie Anfang des Jahres das Zuwanderungsthema unterschätzt.

Marie-Astrid Langer im Gespräch mit Doris Simon | 08.11.2021
Marie-Astrid Langer: „Kamala Harris. Ein Porträt“
Ein Jahr nach der Wahl: Porträt über US-Vizepräsidentin Kamala Harris (Foto: IMAGO / MediaPunch, Buchcover: Suhrkamp Verlag)
Die US-Korrespondentin Marie-Astrid Langer hat den politischen Aufstieg von Kamala Harris beobachtet und nun ein Porträt der Vizepräsidentin vorgelegt. Es gebe gewissermaßen zwei Persönlichkeiten, die Harris vereine, wie aus ihren Gesprächen mit Vertrauten hervorgegangen sei, berichtet Langer. Die eine sei die warmherzige, familienfreundliche Frau, die andere die sehr ambitionierte, zielstrebige und fordernde Politikerin Harris.
Dennoch unterliefen Harris Fehler, der schwerste sei es gewesen, das Thema Zuwanderung Anfang des Jahres zu unterschätzen, so Langer. Damals hatte die Politikerin auf die vermehrt gestellte Frage, warum sie noch nicht an der Grenze zu Mexiko gewesen sei, keine adäquate Antwort. Ihr Satz, sie sei ja auch noch nicht in Europa gewesen, handelte Harris viel Kritik ein. Langer beschreibt das als einen "disconnect", eine teils fehlende Verbindung zu dem, was die Menschen wirklich bewegt.

Moderat ist nicht unbedingt beliebt

Dass auch ihr Plan, vor allem die nicht-weiße Wählerschaft für sich zu gewinnen, nicht richtig aufgegangen sei, habe einen anderen Grund, mein Langer. Wie Barack Obama sei Kamala Harris moderat in ihren Ansichten und damit auch moderater, als es sich viele schwarze Menschen wünschten. Ein kritischer Punkt für Langer: Häufig sei nicht klar, wofür Harris stehe. Sie schaffe es oft, sich alle Türen offen zu lassen, um keine Wählergruppe zu verprellen. Das wiederum enttäusche viele Menschen in der schwarzen Community. Hinzu komme, dass die USA sich in einem Zeitalter befänden, in dem Polarisierung besser ankomme als moderate Positionen.
Die Probleme in den USA seien so groß, die sozialen Probleme so enorm, dass die Erwartungen an die neue Regierung sehr hoch und unrealistisch hoch seien. Das erkläre zu einem großen Teil die schlechteren Umfragewerte. Dabei würden auch Harris‘ Erfolge übersehen, meint Marie-Astrid Langer. So habe sie maßgeblich dazu beigetragen, dass die USA Kindergeld eingeführt haben.

Langer rechnet mit Präsidentschaftskandidatur Harris‘

Falls Joe Biden 2024 nicht noch einmal antreten wird, geht Langer davon aus, dass Kamala Harris sich als Präsidentschaftskandidatin bewerben wird. Trotz aller derzeitigen Schwierigkeiten für die Biden-Administration sei es noch zu früh, um die Tür zuzuschlagen für eine Präsidentin Harris in drei oder acht Jahren.
Marie-Astrid Langer: "Kamala Harris. Ein Porträt",
Suhrkamp Verlag, 222 Seiten, 16 Euro.