Über 100.000 Fans sind Ende September in Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama mit dabei, um den 41:34-Sieg des eigenen College-Teams über den großen Rivalen, die Georgia Bulldogs zu feiern. Mit Sport an Universitäten wird pro Jahr über 18 Milliarden Dollar generiert, mehr als die Profi-Ligen im Baseball, Eishockey und Basketball zusammen. Mit am lautesten ist der Jubel an diesem September-Abend aber bereits vor der Partie, als Donald Trump in seiner Loge auf dem Videowürfel gezeigt wird.
Auch die Zukunft des Collegesports steht bei der Wahl auf dem Spiel
Mit lauten USA-Sprechchören wird der Ex-Präsident und jetzige republikanische Kandidat von den Football-Fans im Stadion gefeiert. Themen wie Migration oder Abtreibung dominieren zwar den Wahlkampf in den USA, aber Sportrechtler Robert Boland betont: Auch die Zukunft des Collegesports steht bei dieser Wahl auf dem Spiel.
Collegesportlerinnen und -Sportler werden in den USA traditionell nicht bezahlt, erst vor ein paar Jahren wurden erste Gesetze verabschiedet, die es einigen Athleten jetzt ermöglichen, Sponsoren zu akquirieren und so Geld zu verdienen.
Da die Universitäten durch den Sport teilweise Millionen-Summen generieren, fordern aber viele Athletinnen und Athleten, dass sie nicht nur als Schüler, sondern auch als Angestellte ihrer Colleges angesehen werden und sich gewerkschaftlich organisieren dürfen.
„Und die demokratische Partei mit Kamala Harris als Kandidatin ist mehr arbeitnehmer-orientiert. Demokraten wollen College-Athleten als Angestellte ihrer Universitäten etablieren und für ihre Rechte als Gewerkschaftler kämpfen.“
Republikaner wollen keine Angestellten als Collegesportler
Für Robert Boland ist das ein starker Kontrast zur Partei von Donald Trump.
„Die Republikaner sind weniger offen für einen Angestellten-Status von Athleten. Sie sind zwar dafür, dass diese Sportler individuell mit ihrem Namen durch Sponsoren Geld verdienen dürfen, wollen aber nicht, dass sich diese Athleten gewerkschaftlich organisieren.“
Entscheidend für die Entwicklung im Collegesport ist das National Labor Relations Board, kurz NLRB. Eine Bundesbehörde, die die Arbeitsbeziehungen zwischen privatwirtschaftlichen Arbeitgebern und deren Arbeitnehmern überwacht – und deren Führungspersonen vom US-Präsidenten bzw. der Präsidentin ernannt werden.
„Wenn Kamala Harris das National Labor Relations Board kontrolliert und besetzt, dann glaube ich, dass der Weg hin zu einem Angestellten-Status von College-Athleten frei ist. Wenn Trump gewählt wird und er einen Republikaner als Teil des Board ernennt, wird das die Idee eines Angestellten-Verhältnisses von College-Athleten weit zurückwerfen.“
Trump bei Collegesportlern beliebter
Trotzdem ist Donald Trump bei Collegesport- und vor allem Football-Fans beliebter als seine demokratische Gegnerin. Das liegt auch daran, dass er ein anderes großes Streitthema im Sport in seinem Wahlkampf effektiv nutzt.
Donald Trump spricht in seinen Wahlkampf-Reden immer wieder von Männern, die im Frauensport antreten wollen, und spielt damit auf transgender Athletinnen an – also Sportlerinnen, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde, sich jetzt aber als weiblich identifizieren.
„Die Republikaner nutzen dieses Thema momentan zu ihrem Vorteil, um traditionelle, weiße Republikaner des Establishments und Trumps Basis wieder zu vereinen“, erzählt Spencer Harris von der University of Colorado Springs.
„Und damit wahrscheinlich auch junge, konservative Idealisten auf ihre Seite zu holen, die denken, dass das ganze Thema Schwachsinn ist und sich fragen, wie sich Leute mit etwas identifizieren können, mit dem sie nicht geboren wurden. Und das ist ein mächtiger Weg für die Republikanische Partei, um diese Menschen zu erreichen und zu mobilisieren.“
Bundesstaaten verbieten Transgender-Athletinnen den Schulsport
Spencer Harris hat in einer Studie festgestellt, dass schon in 19 von 50 US-Staaten in den vergangenen Jahren Gesetze verabschiedet wurden, die es transidentitären Kindern verbieten, am Schulsport teilzunehmen – obwohl es bis heute keine handfesten Zahlen dafür gibt, wie viele transgender Sportlerinnen in den USA tatsächlich kompetitiv aktiv sind.
Was für Harris bei seiner Studie besonders offensichtlich wurde: Alle 19 Staaten werden rein republikanisch regiert, mit republikanischem Gouverneur und einer republikanischen Mehrheit in den beiden gesetzgebenden Kammern.
„Wenn Trump gewinnt, dann werden wir wahrscheinlich sehen, dass die Staaten, die noch keine Gesetzgebung auf den Weg gebracht haben, unter Druck gesetzt werden. Das könnte dann bis vor den Obersten Gerichtshof gehen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass, wenn die Republikaner auch im Abgeordnetenhaus und im Senat die Mehrheit bei den Wahlen erringen, eine Trump-Regierung dann auch über ein bundesweites Gesetz nachdenken wird.“
Der Ausgang der Wahl könnte große Auswirkungen haben
Die Demokraten mit Kamala Harris betonen dagegen immer wieder, wie wichtig die Rechte der LGBTQ-Community sind und dass sie entschlossen gegen die Diskriminierung von trans* Personen vorgehen. Wenn es um Inklusion im Schulsport geht, gibt es seitens der Harris-Kampagne aber keine eindeutige Positionierung.
„Bei einer Harris-Regierung glaube ich, dass es den Staaten überlassen wird, einzelne Gesetze zu verabschieden. Dann kommt natürlich die Frage auf, ob ein Fall irgendwann auch vor dem Obersten Gerichtshof landen wird. Aber dadurch, dass die Mehrheit der Richter momentan eher konservativ sind, ist das eher unwahrscheinlich.“
Auch wenn der Sport im Wahlkampf in den vergangenen Monaten nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat: Der Ausgang der Wahl in ein paar Tagen könnte vor allem auf den Nachwuchs- und Schulsport in den USA große Auswirkungen haben.