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US-Zinserhöhung
Trumps Kampf mit der Fed

Die US-Notenbank hat die Zinsen wie erwartet angehoben - zum Unmut Donald Trumps. Der US-Präsident fürchtet, dass der Aufschwung, den er sich selbst auf die Fahnen schreibt, damit wieder abgewürgt wird. Problematisch wird die Zinserhöhung aber erst einmal für die Schwellenländer.

Klemens Kindermann im Gespräch mit Stefan Heinlein | 27.09.2018
    Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, verlässt eine Pressekonferenz nach der Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed in Washington, D.C.
    Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell (imago / Kevin Dietsch)
    Stefan Heinlein: Die US-Notenbank hat die Zinsen gestern Abend erneut erhöht, und zwar um einen Viertel Prozentpunkt auf die neue Spanne von 2 bis 2,25 Prozent - war das so erwartet worden oder kam die Zinserhöhung überraschend?
    Klemens Kindermann: Die Zinserhöhung war erwartet worden. Weil alle Faktoren stimmen: die Wirtschaft in den USA läuft außergewöhnlich gut: im Frühjahr haben wir das höchste Wachstum seit fast vier Jahren gesehen und jetzt für das dritte Quartal wird ein Zuwachs um mindestens drei Prozent hochgerechnet. Die Arbeitslosenquote ist auf unter vier Prozent gesunken, das entspricht de facto Vollbeschäftigung: und die Löhne steigen.
    So begründete denn auch gestern Abend der Chef der Notenbank, Jerome Powell, die Zinserhöhung: "Die Wirtschaft ist stark. Das Wachstum legt kräftig zu. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Die Zahl der Menschen, die arbeiten, steigt stetig und die Löhne steigen."
    Ganz wichtig: die Inflation ist nach wie vor niedrig und stabil. Alles in allem für die Notenbank Grund genug, moderat weiter die Zinsen anzuheben. Wahrscheinlich noch einmal jetzt im Dezember und dreimal im nächsten Jahr.
    "Trump überschreitet permanent die unsichtbare rote Linie"
    Heinlein: Trotzdem ist US-Präsident Donald Trump gegen Zinserhöhungen - warum?
    Kindermann: Weil der große Ökonom Trump befürchtet, dass höhere Zinsen den Aufschwung, den er sich selbst auf die Fahnen schreibt, wieder abwürgt. Den von ihm selbst eingesetzten Fed-Chef Powell geht er seit dem Sommer in knackigen Tweets hart an: "Unsere Schulden werden fällig und wir heben die Zinsen an - echt jetzt?" ätzt er zum Beispiel. Und: Die Fed könnte ihm ruhig etwas helfen. Und gestern Abend dann noch: "Leider haben sie die Zinsen gerade wieder erhöht - ich bin darüber nicht glücklich."
    Damit überschreitet Trump permanent die unsichtbare rote Linie, wonach sich US-Präsidenten nie zur Geldpolitik der unabhängigen Notenbank äußern.
    Donald Trump steht vor dem Weißen Haus in Washington und schüttelt die Hand von Jerome Powell.
    US-Präsident Donald Trump (re.) und Fed-Notenbankchef Jerome Powell (AFP/SAUL LOEB)
    "Sachliche, fundierte Kritik an der Handelspolitik Trumps"
    Heinlein: Wie reagiert der Notenbank-Chef auf diese Anwürfe?
    Kindermann: Mit einer sehr sachlichen, fundierten Kritik an der Handelspolitik Trumps. Wenn sich die Welt weiter in Richtung einer fortgesetzten Politik der Strafzölle bewege, habe das negative Folgen, so Powell:
    "… das würde für die US-amerikanische Wirtschaft schlecht sein, und für Amerikas Arbeitnehmer und Familien und auch für andere Volkswirtschaften."
    Heinlein: Welche Folgen hat die US-Zinserhöhung für uns in Deutschland? Kommt jetzt auch die Europäische Zentralbank unter Druck, die Zinsen anzuheben?
    Kindermann: Nein, wir werden hier noch eine ganze Weile - zum Leidwesen vieler Sparer - bei null Prozent verharren. EZB-Chef Mario Draghi hat erst diese Woche gesagt, dass der Leitzins über den Sommer 2019 hinaus bei null Prozent bleiben werde.
    Aber die Zinserhöhung in den USA betrifft uns massiv als Exportwirtschaft, denn: sehr viele Länder, mit denen wir Handel treiben, bekommen zunehmend Probleme mit den höheren Zinsen in den USA. Allen voran die Türkei und Argentinien, in denen wir jetzt schon heftige Turbulenzen bei den Währungen sehen können, aber auch Länder wie Brasilien, Kolumbien, Mexiko, Chile, Südafrika oder Indonesien.
    Emerging Markets waren das bisher, wo Anleger Geld investiert haben. Die sich aber jetzt fragen, warum sie das Geld dort lassen sollen, wenn sie in den USA höhere und sichere Renditen bekommen können. Vielleicht auch ein Grund, warum der der türkische Präsident Erdogan jetzt nach Deutschland kommt.