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Vatikan
Weitere Schritte im Kampf gegen Kindesmissbrauch

In den vergangenen Jahrzehnten haben die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche für riesiges Leid bei den Opfern gesorgt. Schon Papst Benedikt XVI. verschärfte die Regeln für den Umgang mit Missbrauchsfällen. Franziskus geht nun noch weiter und hat zum Beispiel veranlasst, dass Bischöfe aus dem Amt gejagt werden können.

Von Jan-Christoph Kitzler | 13.09.2016
    Papst Franziskus läuft über den Petersplatz in Rom
    Papst Franziskus auf dem Weg zu einer Audienz in Rom (picture alliance / dpa / ANSA / Giuseppe Lami)
    Für die 94 neuernannten Bischöfe aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien, die gerade in Rom zu einem Seminar sind, gibt es eine Programmänderung. Eigentlich sollen die neuen Würdenträger den Vatikan kennenlernen und mit hohen Kurienvertretern diskutieren. Aber diesmal steht ein Thema auf dem Programm, mit dem sich die katholische Kirche lange schwer getan hat und zum Teil immer noch schwer tut. Der Jesuit und Psychologe Hans Zollner, Mitglied in der von Papst Franziskus eingesetzten Kommission zum Schutz Minderjähriger und Experte für Missbrauchsfälle wird den Bischöfen einen Besuch abstatten und soll auch ganz Grundsätzliches vermitteln:
    "Was ist Missbrauch, wie schaut die kirchliche Rechtslage aus? Wie sind sie gehalten zu regieren und was kann und soll man tun, um Kindern durch Präventionsmaßnahmen möglichst sicher zu halten. Wir sind sehr froh, dass es jetzt zum ersten Mal eine Einladung an Mitglieder der Kommission gab und dass wir über diese Bereiche Intervention und Prävention sprechen können."
    Meldepflicht von Missbrauchsfällen
    Bis es soweit war, hat es lange gedauert, nach den Missbrauchsskandalen der vergangenen Jahrzehnte, die bei den Opfern für riesiges Leid gesorgt und die katholische Kirche in vielen Ländern erschüttert haben. Nicht nur in Deutschland, auch zum Beispiel in Irland, Australien oder den USA. Dabei wurden die Regeln, wie mit diesen Fällen umzugehen ist, schon zur Zeit Papst Benedikts XVI. verschärft. Wo ein Missbrauch bekannt wird, muss ein Bischof oder Ordensoberer das nach Rom melden. Die Fälle dürfen nicht, wie so oft in der Vergangenheit, vertuscht werden, Gesetze im jeweiligen Land müssen angewandt werden. Und Papst Franziskus hat Anfang Juni noch einen draufgesetzt: Wenn ein Bischof sein Amt nachlässig ausübt, oder durch Untätigkeit schweren Schaden verursacht, kann aus dem Amt gejagt werden, hat er verfügt – also auch bei der Vertuschung von Missbrauchsfällen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die neuen Bischöfe mit dem Thema befassen, sagt Hans Zollner. Denn letztendlich müsse die katholische Kirche auch eine Vorreiterrolle spielen:
    "Wir haben in 80 Prozent der Länder nicht so voll ausgebildete Institutionen wie Kinderschutzbünde oder auch verlässliche staatliche Institutionen, die da helfend eingreifen könnten. Also insofern muss bei den Präventionsmaßnahmen sehr darauf geachtet werden, dass die Leute auch mitgenommen werden, dass die das nicht nur tun, weil sie etwas erfüllen müssen, dass jetzt von der kirchlichen Obrigkeit angeordnet wird, sondern dass sie selber dazu kommen, das aus freien Stücken und mit großem Engagement durchzuführen."
    Website für Hilfestellung
    Klare Regeln und Verfahren sind wichtig, sagt Zollner, der Missbrauchsexperte, aber entscheidend ist vor allem ein Bewusstseinswandel. An der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom werden deshalb inzwischen Experten für den Schutz von Minderjährigen aus der ganzen Welt ausgebildet. Die Päpstliche Kommission baut gerade an einer Website die Hilfestellung bieten soll. Der Vatikan wird möglicherweise schon bald Leitlinien verabschieden, die das Ergänzen sollen, was fast alle Bischofskonferenzen auf der Welt bereits beschlossen haben.
    Denn auch wenn Missbrauch und der Umgang damit von Kulturkreis zu Kulturkreis sehr unterschiedlich sein können: Auf der ganzen Welt ist das, was Minderjährigen dabei angetan wird, ein Verbrechen.
    "Wir müssen alles tun, damit Menschen, die verwundet worden sind, Gerechtigkeit erfahren, und wir müssen alles in der Macht stehende tun, damit Kinder so sicher sind und Jugendliche wie nur irgend möglich. In Familien, in Schulen, in Pfarreien, in der ganzen Gesellschaft."
    Hans Zollner ist als Experte und für die päpstliche Kommission in der ganzen Welt unterwegs. Und viele Reisen hat er noch vor sich. Auch das ist ein Sinnbild für den weiten Weg, den die katholische Kirche in Sachen Missbrauch noch gehen muss.