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Verhandlungen laufen
Türkei will Schulen in Deutschland gründen

Ankara wünscht sich türkische Schulen in Deutschland, so wie es deutsche Schulen in der Türkei gibt. Die Regierungen beider Länder arbeiten an einem Abkommen. Bildungspolitiker aus Bund und Ländern sind skeptisch. Sie warnen vor noch stärkerer Einflussnahme Ankaras auf hier lebende Türken.

Von Sebastian Engelbrecht | 10.01.2020
Bundesaußenminister Heiko Maas (l, SPD) besucht mit Mevlüt Cavusoglu, Außenminister der Türkei, die Deutsche Schule Istanbul.
Außenminister Heiko Maas besucht die deutsche Schule in Ankara. Die Türkei möchte nun auch türkische Schulen in Deutschland. (dpa / Bernd von Jutrczenka)
Schon seit dem Sommer verhandeln Berlin und Ankara über die Gründung türkischer Schulen in Deutschland. Sie sollen in Berlin, Köln und Frankfurt am Main entstehen - entsprechend den deutschen Schulen, die in Ankara, Istanbul und Izmir bereits existieren. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung und beruft sich auf Informationen aus dem Auswärtigen Amt.
Anlass für die Verhandlungen zu diesem Thema war die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir im Sommer 2018. Damals hatten Polizei und Vertreter des türkischen Erziehungsministeriums dem Leiter der deutschen Auslandsschule mitgeteilt, diese werde illegal betrieben. Ziel der türkischen Behörden war es, auf das mangelnde Gleichgewicht hinzuweisen: Die Regierung von Präsident Erdogan will in Deutschland Schulen betreiben - wie es Deutschland in der Türkei seit langem auch tut.
Nun arbeiten beide Staaten an einem "Abkommen über die Zusammenarbeit im Bildungsbereich". An den Verhandlungen sind auf deutscher Seite neben dem Auswärtigen Amt auch Vertreter der Bundesländer beteiligt. Das Abkommen dient nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch dazu, die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in der Türkei "abzusichern". An den deutschen Schulen in der Türkei werden die Schüler nach deutschen Lehrplänen unterrichtet. Sie können dort türkische und deutsche Abschlüsse machen.
Erdogans Einfluss auf die türkische Communitiy
Unter deutschen Bildungspolitikern bestehen Sorgen, die Türkei könne für die Schulen in Deutschland ähnliche Rechte fordern. Der FDP-Abgeordnete Peter Heidt, der im Dezember im Bundestag eine Anfrage an die Bundesregierung eingebracht hatte, erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk:
"Wir wissen, dass Erdogan immer wieder versucht, hier in Deutschland Einfluss zu nehmen auf die türkische Community, und wenn diese Schulen nicht ordentlich geregelt werden, dann gibt es hier eine weitere Möglichkeit für ihn, diesen Einfluss auszuüben."
Das Foto zeigt die deutsche Schule in Istanbul.
Ein geschickter Schachzug der Türkei Die Schließung der deutschen Schule in Izmir 2018 durch die Türkei und die Kritik eines Ungleichgewichts sei "ein geschickter Schachzug", sagt Sebastian Engelbrecht im Gespräch mit Campus & Karriere. An deutschen Schulen in der Türkei werde nach deutschen Lehrplänen unterrichtet. Ähnliches könnte die Türkei auch für ihre Schulen in Deutschland fordern.
Auch in den Bundesländern melden sich Skeptiker. Ihnen liegt ein Entwurf des deutsch-türkischen Schulabkommens vor. Die Länder befürchten, die Türkei wolle durch die Auslandsschulen vor allem ihren Einfluss auf Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland dauerhaft sichern. Das baden-württembergische Kultusministerium ließ verlauten, der Entwurf des Abkommens enthalte "zahlreiche ungeklärte Punkte", bei denen man rechtliche Bedenken habe. Wer in Baden-Württemberg eine Schule gründe, müsse sich an die Regelungen des dortigen Privatschulgesetzes halten. Baden-Württemberg koordiniert gegenwärtig die unionsgeführten Bildungsministerien innerhalb der Kultusministerkonferenz.
Deutsche Regeln, deutsche Standards
Ähnlich äußerte sich der FDP-Abgeordnete Peter Heidt: "Wichtig ist für mich und auch für die Freien Demokraten, dass hier deutsche Regeln angewendet werden, dass deutsche Standards eingehalten werden und dass das auch kontrolliert wird."
Auch Bundesaußenminister Maas pocht auf die Einhaltung des deutschen Rechts an den künftigen türkischen Schulen in Deutschland. Maas' Sprecher Rainer Breul sagte gegenüber der Presse: "Die Aufsicht über etwaige Privatschulen, die geschaffen werden, liegt bei der Schulaufsicht in den jeweiligen Ländern. Es ist vollkommen klar, dass sich eine mögliche türkische Auslandsschule vollkommen an das jeweilige Landesschulgesetz halten muss. Privilegien sind nicht vorgesehen."
Nach den Vorstellungen des Auswärtigen Amtes sollen die türkischen Schulen sogenannte Ersatzschulen sein, also Ersatz für öffentliche Schulen. Träger der Schulen könne nicht der türkische Staat sein, sondern nur private Vereine. Die Kosten würden weitgehend die Bundesländer tragen. Diese sollten die Schulen dann auch kontrollieren und den Lehrplan vorgeben.