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Verkehrsunternehmen
Weniger Schwarzfahrer, höhere Ticketpreise

Schwarzfahren müsse weiterhin eine Straftat sein, fordert der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und widerspricht damit Überlegungen, das Vergehen künftig nur als Ordnungswidrigkeit zu behandeln. Der Verband meldet zugleich höhere Passagierzahlen und mehr Einnahmen bei gestiegenen Ticketpreisen.

Von Daniela Siebert | 30.01.2018
    Die S-Bahn-Haltestelle in Berlin-Wilmersdorf
    Mehr Menschen in Deutschland nutzen den ÖPNV (imago / Schöning)
    Die wichtigsten Pfeile zeigen für die Branche nach oben: mehr Passagiere und mehr Einnahmen meldet der VDV für den ÖPNV, den Öffentlichen Personen Nahverkehr 2017. Die Einnahmen stiegen um 3,3 Prozent, die Passagierzahlen um 1,4 Prozent auf 10,3 Milliarden Personen. VDV-Präsident Jürgen Fenske:
    "Durchschnittlich sind im letzten Jahr die Preise im Nahverkehr um 1,87 Prozent angehoben worden, wir haben jetzt einen Kostendeckungsgrad in 2016 von 76,3 Prozent erreicht, das heißt ein ganz leichter Anstieg, die Zahlen 2017 liegen uns noch nicht vor."
    Die Zahl der Schwarzfahrer sei rückläufig, berichtet der VDV. Trotzdem äußerten sich die Verbandsvertreter leidenschaftlich zu der aktuellen Diskussion, dass Schwarzfahren keine Straftat mehr sein solle, weil dadurch auch Personen für Ersatzfreiheitsstrafen im Gefängnis landen, wenn sie ihre Strafe nicht bezahlen. 4.900 solcher Fälle gab es 2016.
    "Justiz nach Kassenlage"
    Dabei liegen die Kosten für die Haft meist weit über der zu zahlenden Geldsumme. Vehement lehnte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff heute das Ansinnen des nordrhein-westfälischen Justizministers Peter Biesenbach ab, Schwarzfahren künftig als Ordnungswidrigkeit zu behandeln. Das sei "Staatsbankrott" und "Justiz nach Kassenlage", so Wolff.
    "Ja, bei dem Punkt treibt es mir dann schon die Zornesröte ins Gesicht, da frage ich mich wirklich, welchen Drang Politik hat, ständig Dinge, die über viele Jahrzehnte sich bewährt haben und eingeführt sind, die auch eine Schutzfunktion haben, gegenüber den Bürgern, die sich ordentlich verhalten, wie man tatsächlich in einer gesellschaftlichen Entwicklung auf die Idee kommen kann, Justiz nach Kassenlage zu machen?"
    Feststellen der Personalien immer schwieriger
    Bei einer Ordnungswidrigkeit sei sowohl das Feststellen der Personalien als auch das Festhalten der Person für die Kontrolleure viel schwieriger, betonte Wolff. Auch der Deutsche Richterbund stellt die Strafwürdigkeit des Schwarzfahrens in Frage und fordert die Transportunternehmen auf, sich selbst durch mehr Kontrollen und Zugangsbarrieren besser vor Schwarzfahrern zu schützen. Absurd findet das Oliver Wolff.
    "Die Haltestellen insgesamt auf allen Bahnhöfen, in allen U-Bahnhöfen, allen Straßenbahnen, und dann natürlich auch an den Bushaltestellen, an den zentralen Omnibusbahnhöfen, das ist so uferlos, darüber müssen wir nicht ernsthaft reden und das berechnen. Aber das zeigt eben, dass hier ein Stück weit eine populistische Forderung unterwegs ist, bar jeder fachlichen Kenntnis."
    Elektrifizierung ist der richtige Weg
    Sehr angetan ist der VDV dagegen von der politischen Diskussion um die Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs. Das sei der richtige Weg. Schnell gehe das aber nicht, betonte Jürgen Fenske. Denn ein Elektrobus koste mit 720.000 Euro derzeit etwa doppelt so viel wie ein Diesel-Bus. Außerdem müssten dafür Strukturen verändert und Personal geschult werden.
    Regelrecht euphorisch ist man im "Verband der Verkehrsunternehmen" über die verkehrspolitischen Pläne, die im Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD stehen. Damit würden viele langjährige Forderungen des Verbandes umgesetzt. Etwa dass die Bundesmittel für die ÖPNV-Finanzierung in den Gemeinden verdreifacht werden. Auch die geplante Verstetigung des Fonds für nachhaltige Mobilität begrüßt der Verband sehr.
    Die VDV-Mitgliedsunternehmen schätzen die Kosten für die aktuell nötigen Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen auf 15 Milliarden Euro.