
"Da gehen wir jetzt mal über das Internet-Portal der Stadt."
Biberach, historisches Rathaus am Marktplatz: Wenn der parteilose Oberbürgermeister Norbert Zeidler an seinem Dienstrechner sitzt, huscht ein dezentes Lächeln über sein Gesicht, so wie einem, dem in diesem Moment der Schalk im Nacken sitzt.
"Vom großen Berlin zum kleinen B: Dann geh doch Nach Biberach." Auf dem Bildschirm erscheint der oberschwäbische Schauspieler und Kabarettist Bernd Gnann, einem breiten Publikum als "Tatort-Darsteller bekannt. Doch in diesem Fall ist Gnann nicht Ermittler, sondern bestenfalls als Vermittler unterwegs – ein Vermittler für Exil-Schwaben in der Bundeshauptstadt mit Heimweh und Rückkehr-Gelüsten.
"Wir sind vorbereitet für die Schwaben aus Berlin!
"Liebe Berlinerinnen und Berliner!"
"Der Schwaben ist kein einfacher Zeitgenosse, liebe Berlinerinnen und Berliner, vor allem nicht, wenn er in seiner natürlichen Umgebung ist."
"Aber wir würden sie wieder zurücknehmen, nach Biberach an der Riss. Wir nehmet Ihre Schwaben zurück"
"Also es ist unglaublich, das Hauptvideo wurde bereits 780.000 Mal angeklickt und angesehen."
"Liebe Berlinerinnen und Berliner!"
"Der Schwaben ist kein einfacher Zeitgenosse, liebe Berlinerinnen und Berliner, vor allem nicht, wenn er in seiner natürlichen Umgebung ist."
"Aber wir würden sie wieder zurücknehmen, nach Biberach an der Riss. Wir nehmet Ihre Schwaben zurück"
"Also es ist unglaublich, das Hauptvideo wurde bereits 780.000 Mal angeklickt und angesehen."
Dem Fachkräftemangel in Biberach vorbeugen
Freut sich Oberbürgermeister Norbert Zeidler, der sozusagen ‚kraft Amtes‘ unter die Filmproduzenten gegangen ist: Stadtverwaltung und Stadt haben die Videos in Auftrag gegeben, die tatsächlich nur ein Ziel verfolgen: Nämlich in die Hauptstadt ausgewanderte Schwaben wieder zurückzuholen, in die Heimat, in die oberschwäbische Heimat.
"Das ist doch eh bloß ein Gag." So wie diese Biberacher in denken viele in der Stadt mitten in Oberschwaben. Auch Oberbürgermeister Norbert Zeidler muss ja schmunzelnd eingestehen:
"Ich hoffe, man hat sich da auch amüsieren können drüber."
Doch rein fürs Amüsement hat die Stadt Biberach die Videos, die die Exil-Schwaben vom großen B, also aus Berlin, ins kleine B nach Biberach locken will, die Videos nicht drehen lassen.
"In der Tat haben wir einen beginnenden Fachkräftemangel. Ich kann das auch als Oberbürgermeister dieser Stadt sagen: Seit Jahren haben wir vier, fünf Stellen unbesetzt, wo wir gute Leute brauchen könnten. Aber auch in unseren Privatunternehmen. Die tun sich zunehmend schwer, Fachkräfte, gute Mitarbeiter, zu haben, zu generieren"
Kabarettist Bernd Gnann unterwegs in Berlin auf "Schwabenfang"
Viele mittelständische Unternehmen haben sich in Biberach angesiedelt, daneben aber auch der Pharmakonzern Böhringer. So richtig arbeitslos sind in Biberach allenfalls die Arbeitsvermittler.
"Wir haben hier in der Stadt bei 34.000 Einwohnern 26.000 Arbeitsplätze. Und das schlägt sich auch in der Arbeitslosenquote nieder. Die ist seit Jahren die geringste im ganzen Land."
"Du liebst Biberach! Ich liebe Biberach über alles."
Kabarettist Bernd Gnann unterwegs in Berlin auf neuzeitlichem ‚Schwabenfang‘ im Dienste der Stadt Biberach, auf der Suche nach jenen Landsleuten, die einst, wahren Glücksrittern gleich, von Oberschwaben aus auszogen in die Hauptstadt, um dort Glück und Erfolg zu finden, und die jetzt von Heimweh geschüttelt werden. Aber: Gibt’s denn so was wirklich?
"Mein Kind ist wieder zuhause. Ich bin der glücklichste Mensch der ganzen Welt. – Ja, das stimmt, das ist einer der Gründe, weswegen ich wieder zurück bin. Aber ich habe mich auch in Berlin sehr wohl gefühlt. Und wie man weiß, leben ja am Prenzlauer Berg viele Schwaben."
Eka Möller im Gespräch mit ihrer Mutter im Stadtcafé, nur ein Steinwurf vom Rathaus entfernt. Beide betreiben das Café gemeinsam. Vor sieben Jahren ist Eka Möller weggezogen aus Biberach, wohnte ausgerechnet am Prenzlauer Berg, in der Schwabenhochburg schlechthin. Obwohl sie dort auf Weckle und Maultaschen nicht verzichten musste, ist Eka Möller wieder zurückgezogen ins heimische Biberach, noch vor dem Auftakt der Video-Kampagne der Stadt.
"Ich hab in Berlin drei Jungs geboren. Das wäre für mich ziemlich anstrengend gewesen ohne Oma, Opa dort. Und auch ein Stück Sicherheit. Diese Hotspots, wo man einfach ist, U-Bahn. Und da hatte ich das Gefühl, dass es manchmal etwas gefährlich ist."
Massenexodus Richtung Heimat
Das Beispiel ist, weiss Oberbürgermeister Zeidler, kein Einzelfall. Die Zeichen stehen gut für eine Art Massenexodous Heimweh getriebener Exil-Schwaben zurück von der Hauptstadt Richtung Biberach.
"Das mag jetzt verblüffen. Aber unterm Strich sind es jetzt schon zehn Menschen aus der gesamten Republik, die gesagt haben, wir würden gerne nach Oberschwaben kommen. Aus Berlin waren es davon drei oder vier., Ex-Schwaben."
"Was mit überhaupt nicht gefallen hat, das war die politische Unterstützung vor Ort in Berlin. Der Senat..also, ich hab‘ geklingelt. Und niemand hat mir aufgemacht."
Bei der politischen ‚Haute-Volee‘ in Berlin stieß der Kabarettist Bernd Gnann durchweg auf verschlossene Türen. Biberachs Oberbürgermeister Norbert Zeidler dagegen stieß auf eine eigentümliche Plakatierung Berliner Stadtbusse.
"Nach dem Motto: Schwaben, wir fahren euch kostenlos zurück auf den Flughafen!"
Womit die erste Etappe auf dem Weg zurück ins Schwabenländle ja schon finanziert wäre. Darüber freut sich der auf Sparsamkeit bedachte Schwabe – und dankt’s den Berlinern seinerseits mit ganz eigenen Schriftzügen auf den Stadtbussen zu Biberach.
"Wir werden unsere Busse plakatieren mit dem Slogan: Wir mögen Hamburger, Wiener und Berliner!"