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Vor 125 Jahren beantragt
Guglielmo Marconi und sein Patent für drahtlose Telegrafie

Rundfunk, Handy und Satellitennavigation – all das wäre ohne die Entwicklung der Tele-Kommunikation nicht möglich. Miterfunden hat sie der Italiener Guglielmo Marconi. Am 2. Juni 1896 meldete er das Patent für die drahtlose Telegrafie an.

Von Frank Grotelüschen | 02.06.2021
    Ein nachträglich koloriertes Foto zeigt einen Mann mittleren Alters an einem Tisch vor verschiedenen Geräten wie einer Platte mit verschiedenen Drahtspulen, einer Uhr und einem historischen Mikrofon sitzend Guglielmo Marconi 1902 bei den Versuchen einer ersten transatlantischen Radio- Übertragung
    Guglielmo Marconi 1902 bei den Versuchen einer ersten transatlantischen Radio-Übertragung (picture-alliance / akg-images)
    "Wir alle sehnen uns nach einem besseren Leben, basierend auf einem tieferen Verständnis füreinander. Mit der Funktechnik haben wir das Werkzeug, um die Menschen der Welt zusammenzubringen", so Guglielmo Marconi. Der Italiener gilt gemeinhin als Erfinder der Telekommunikation –Am 2. Juni 1896 reichte er ein Patent ein, das einen Apparat für die drahtlose Telegrafie beschrieb. Später sollte er die Möglichkeiten der neuen Technik eindrucksvoll demonstrieren, bis hin zur ersten Funkverbindung über den Atlantik.

    Im Bann der neuen "Strahlen elektrischer Kraft"

    Ende des 19. Jahrhunderts war die Telegrafie über Draht und Kabel weltweit etabliert. Nur: Nicht überall waren Telegrafenleitungen vorhanden, vor allem nicht für den Schiffsverkehr auf hoher See. Doch 1888 hatte der deutsche Physiker Heinrich Hertz in Berlin eine bemerkenswerte Abhandlung veröffentlicht: "Über Strahlen elektrischer Kraft."
    Hertz hatte die elektromagnetischen Wellen entdeckt. Über eine Strecke von wenigen Metern konnten sie einen schwachen Funkenschlag in einer Antenne auslösen – eine wissenschaftliche Sensation. Bald darauf machten sich diverse Fachleute daran, das neue Phänomen technisch nutzbar zu machen. Einer von ihnen: ein junger Tüftler aus Italien.
    "Ich kam sehr bald zu der Überzeugung, dass, wenn es gelänge, die Hertzschen Wellen über größere Entfernungen zuverlässig zu übertragen und zu empfangen, ein neues Kommunikationssystem zur Verfügung stehen würde."
    1920 - Erste deutsche Rundfunkübertragung
    Die Geburtsstunde des deutschen Hörfunks schlug auf dem "Funkerberg" bei Königs Wusterhausen nahe Berlin. Hier hatte eine Telegrafentruppe des Deutschen Heeres jahrelang an Sendeanlagen getüftelt. Am 22. Dezember 1920 gelang es ihnen, ein Konzert europaweit auszustrahlen.
    Geboren 1874 als Sohn eines wohlhabenden Grundbesitzers, erhielt Guglielmo Marconi Privatunterricht in Naturwissenschaften, hörte Vorlesungen an der Universität Bologna und richtete sich schon in jungen Jahren ein eigenes Labor ein.
    "In meinem Haus in der Nähe von Bologna begann ich Anfang 1895 mit Versuchen und Experimenten, um festzustellen, ob es möglich wäre, mit Hilfe von Hertzschen Wellen telegrafische Zeichen und Symbole ohne die Hilfe von Verbindungsdrähten in die Ferne zu übertragen."

    Signale über eine halbe Meile

    Die wesentlichen Komponenten für Sende- und Empfangsanlagen gab es zwar schon. Marconis Verdienst war, sie im Detail zu verbessern. Bald konnte er Signale über eine halbe Meile austauschen. Dann kam ihm die entscheidende Idee – eine besondere Konstruktion für die aus Drähten bestehende Empfangsantenne.
    "Ich stellte sehr bald definitiv fest, dass je höher die Drähte, desto größer die Entfernung, über die es möglich war, zu telegrafieren."

    Als Marconi seine Apparatur in England 1896 zum Patent anmeldete, schrieb er: "Ich glaube, ich bin der Erste, der ein praktisches Mittel zur telegrafischen Übertragung und zum verständlichen Empfang von Signalen durch Hertz-Schwingungen entdeckt und angewendet hat."

    Marconi erhielt 1909 den Physik-Nobelpreis

    Doch es gab Kritik: Schon vor Marconi hatten andere das Funken erfunden, zumindest im Prinzip. Der Russe Alexander Popow etwa, der Brite Oliver Lodge oder auch der geniale Erfinder Nikola Tesla. Doch entweder hatten sie das Potenzial der Technik nicht erkannt oder schlicht die Patentierung versäumt. Und so war es Guglielmo Marconi, der 1909 den Physik-Nobelpreis erhielt und sein Patent mit seiner eigenen Firma erfolgreich vermarkten konnte. Schritt für Schritt konnte er die Funktechnik verbessern und immer größere Reichweiten erzielen:
    "Nach zahlreichen Versuchen und Demonstrationen in Italien und England über Entfernungen von bis zu 40 Meilen wurde im März 1899 zum ersten Mal eine Verbindung über den Ärmelkanal zwischen England und Frankreich hergestellt."
    Frequenzsuche auf einem alten Radiogerät
    Alexander Popow - Großonkel des Rundfunks
    Radio kann man auch per Internet hören – doch der traditionelle Weg ist der gute alte UKW-Empfänger. Auf wen die Erfindung des Radios zurückgeht, ist unter Fachleuten umstritten. Manchen gilt der Russe Alexander Popow als Pionier, der vor 125 Jahren einen ersten primitiven Empfänger präsentierte.

    Und dann funkte es erstmals transatlantisch

    Seinen größten Triumph feierte Marconi im Dezember 1901 – die erste Funkverbindung über den Atlantik, zwischen England und Kanada. Es war kurz nach Mittag am 12. Dezember 1901 - berichtete Marconi später - da habe er den Hörer ans Ohr gesetzt. Und " begann zu lauschen. Bei dem Experiment hatten wir mindestens 50.000 Pfund riskiert, um etwas zu schaffen, das von einigen der wichtigsten Mathematiker für unmöglich erklärt worden war. Die Hauptfrage war, ob drahtlose Wellen durch die Krümmung der Erde gestoppt werden würden."
    Ein Telegramm von der Titanic.
    Eine Lange Nacht über Telegramme - Jedes Wort zählt
    Vor Mail, WhatsApp und Twitter war das Telegramm. Es war lange Zeit die schnellste Art, weltweit zu kommunizieren. In knappen Zeilen wurde Weltgeschichte wie auch Privates übermittelt – der Kriegsausbruch, die Ankunft am Bahnhof, die Liebe.
    Um 12.30 Uhr glaubte Marconi im Rauschen des Hörers das Morsezeichen für den Buchstaben "S" zu vernehmen – und erklärte die transatlantische Übertragung für geglückt. Seine Reaktion darauf mutet heute, im Zeitalter von mobilem Internet und Funksatelliten, geradezu prophetisch an:
    "Ich war mir zum ersten Mal absolut sicher, dass der Tag kommen würde, an dem die Menschheit Nachrichten nicht nur über den Atlantik senden kann, sondern auch zwischen den äußersten Enden der Erde."