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Vor 190 Jahren
Der erste europäische Forscher erreicht Timbuktu

Timbuktu - das Geheimnis der Stadt am Rande der Sahara war für Fremde einst schwer zu erschließen. Kein Europäer hatte den Ort je bereist. Um das zu ändern, machte sich Alexander Gordon Laing auf eine fast zweijährige Odyssee. Am 13. August 1826 war der schottische Major schließlich am Ziel.

Von Regina Kusch | 13.08.2016
    Strassenszene in Timbuktu, Mali.
    Strassenszene in Timbuktu, Mali. (imago/blickwinkel)
    "Ich werde mehr erreichen als jemals ein anderer vor mir. Und ich werde mich beweisen, so wie ich mich stets selbst gesehen habe, als genialer Mann voller Tatendrang."
    Der junge schottische Major Alexander Gordon Laing sah die Entdeckung Timbuktus als seine Bestimmung an. Seit dem Mittelalter rankten sich Legenden um die geheimnisvolle, muslimische Stadt am Rande der Sahara. Man erzählte sich von unermesslichem Reichtum, zahlreiche Bibliotheken, prachtvolle Moscheen und sogar eine Universität, die Wissenschaftler aus der gesamten islamischen Welt anlockte, sollte es dort geben. Die Entstehung dieses Mythos führt der Ethnologe und Afrikaforscher Gerd Spittler auf den schwarzen Sultan Mansa Mussa, den Herrscher Timbuktus, zurück.
    "1324 hat er eine Pilgerreise nach Mekka gemacht. Er reiste über Kairo nach Mekka und er hatte tausende Sklaven, die mit Gold geschmückt waren und hatte hunderte von Kamelen mit Tonnen von Gold. Das Gold hat er zum Teil in Kairo verteilt. Und da wurde Timbuktu in ganz Europa bekannt als die reichste Stadt."
    Die Angst vor der Kolonialisierung
    Hier wurden Gold, Straußenfedern, und Sklaven aus dem Süden gegen Salz, Zinn, Kupfer und Pferde aus dem Norden gehandelt. Bis ins 19. Jahrhundert hatte noch kein europäischer Entdecker die Wüstenstadt im Norden Malis bereist.
    "Im 19. Jahrhundert in diesem Gebiet ... , da waren Christen keineswegs erwünscht. Schon damals war bekannt in Nordafrika, dass England Indien zur Kolonie gemacht hatte. Und man befürchtete nun, dass das auch in Afrika kommen würde. Das war ja nicht so falsch, die Überlegung."
    Die Kolonialmächte England und Frankreich waren außerordentlich interessiert daran, von diesem Reichtum zu profitieren. Bereits 1824 hatte die französische Geografische Gesellschaft einen Preis von 10.000 Francs ausgeschrieben, für den Europäer, der als erster einen Augenzeugenbericht liefern könnte. Alexander Gordon Laing war im Dienst des englischen Außenministeriums unterwegs, um Timbuktu zu besuchen und danach den in Europa umstrittenen Verlauf des Niger zu erforschen. Der Sohn eines schottischen Schuldirektors war frisch verheiratet mit der Tochter des Gouverneurs von Tripolis und schloss sich von dort aus im Juli 1825 einer Karawane an, um die Sahara zu durchqueren. Nach einer Reise voller Entbehrungen und einem Tuareg-Überfall, der ihn fast das Leben kostete, erreichte Laing am 13. August 1826 Timbuktu. In seinem letzten Brief beschrieb er es als hochgradig unsicher.
    "Ich bin nicht eitel oder rühme mich selber, wenn ich sage, dass es auch in Zukunft von keinem Christen nach mir mehr besucht werden wird."
    Fünf Wochen blieb Alexander Gordon Laing in der Nigerstadt. Doch was er dort erlebt hat, weiß man nicht, denn er wurde auf der Heimreise von Tuareg ermordet, die seine Notizen im Wüstensand zurück ließen.
    Als Araber verkleidet, hatte sich noch ein anderer Forscher auf den Weg nach Timbuktu begeben: der Franzose René Caillié, der 1828 dort eintraf. "René Caillié macht schon deutlich seine Enttäuschung, dass es eine zerfallene Stadt war, von Reichtum war überhaupt nichts zu merken. Und es gab auch schon damals eine Bürgerkriegssituation, ... einen langen Kampf um die Vorherrschaft in der Stadt zwischen Tuareg und Dschihadisten. Und Timbuktu als eine Stadt in kultureller Blüte mit einer Universität mit regem geistigen Leben, das war zu dieser Zeit nicht mehr der Fall."
    Caillié stellte auch Nachforschungen über Laings Schicksal an. "Dabei erfuhr ich, dass die Karawane, mit der der Major gereist war, einige Tagesreisen nördlich der Stadt angehalten worden war. Man behandelte Laing furchtbar schlecht und hörte nicht auf, ihn mit Stöcken zu schlagen, bis man glaubte, dass er tot sei."
    René Caillé erhielt nach seiner Rückkehr in Paris den Preis für den ersten Reisebericht aus Timbuktu. Die Stadt wurde 1894 von französischen Kolonialtruppen eingenommen und - bis zur Unabhängigkeit Malis 1960 - Französisch-Westafrika zugeschlagen. 1910 ließ Frankreich die sterblichen Überreste Alexander Gordon Laings in Timbuktu beisetzen.