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Vor 250 Jahren geboren
Alois Senefelder - der Erfinder der LIthografie

Technikhistoriker scheuen sich nicht, ihn in einem Atemzug mit Johannes Gutenberg zu nennen. Denn Alois Senefelder hat mit der Lithografie, wörtlich "Schreiben auf Stein", ein schnelleres und vor allem billigeres neues Druckverfahren entwickelt. Die Idee entstand allerdings eher aus Not als aus Lust am Erfinden.

Von Andrea Westhoff | 06.11.2021
Das Denkmal Alois Senefelder am Senefelder Platz, Prenzlauer Berg, in Berlin
Das Denkmal Alois Senefelder am Senefelder Platz, Prenzlauer Berg, in Berlin (imago / Schöning )
Mehrere Straßen und Schulen tragen seinen Namen, Denkmäler ehren den Erfinder der Lithografie, einer neuen Drucktechnik, die ähnlich bedeutsam war wie Gutenbergs Buchdruck.
Alois Senefelder wird am 6. November 1771 in Prag geboren, wo die Schauspieltruppe seiner Eltern gerade gastiert. Als sein Vater 1780 ein festes Engagement am Hoftheater in München erhält, lässt sich die Familie dort nieder. Alois kann das Abitur machen und studiert – dank eines Stipendiums – drei Jahre lang Rechts- und Finanzwissenschaften.

Not macht erfinderisch

Nach dem Tod des Vaters 1792 jedoch wendet sich Senefelder dem Theater zu: Er tingelt zwei Jahre – ohne großen Erfolg – als Schauspieler durch deutsche Städte, dann schreibt er selbst Bühnenstücke. Aber ihm fehlt das Geld, um sie zu veröffentlichen.
"Da wirst du, dachte ich, deine eigenen Geistesprodukte selbst drucken."
Doch auch das ist teuer. Also experimentiert Senefelder mit verschiedenen Druckplatten, mischt eine eigene Tinte zusammen und findet schließlich ein billigeres und schnelleres Druckverfahren, das das Museum im Kulturspeicher Würzburg auf seinem Youtube-Kanal anschaulich erklärt. Auch heute noch benutzt man für die Lithografie Solnhofer Kalkschieferplatten: Sie werden geschliffen und gewaschen und lassen sich auch mehrfach verwenden; und man schreibt, zeichnet oder malt darauf wie auf Papier – allerdings in Spiegelschrift und mit sehr fetthaltiger Tusche oder Kreide. Anschließend wird das Druckbild fixiert, man sagt "geätzt":"
"Das Ätzgemisch ist ein Gemisch aus Gummi Arabicum und Salpetersäure."
Danach muss der Stein immer wieder mit Wasser befeuchtet und dann die ebenfalls sehr fettreiche Druckfarbe aufgetragen werden: "Dort, wo man gezeichnet hat, ist sehr viel Fett, hier perlt das Wasser ab, und die Druckfarbe bleibt hängen."

Die Erfindung der "chemischen Druckerey"

Gedruckt wurde ursprünglich mit einer Stangenpresse aus Holz, die Senefelder selbst schon 1797 entwickelt hat und bei der zwei Arbeiter einen großen Schaber über das auf den Stein gelegte Papier ziehen. Senefelder nannte sein neues "Flachdruckverfahren" noch nicht "Lithografie", also "Schreiben auf Stein", sondern sprach von "chemischer Druckerey".
In dem bayrischen Hofmusiker Franz Gleissner findet er einen umtriebigen Geschäftspartner, der den Steindruck bekannt macht. Anfang September 1799 erteilt der bayrische Kurfürst Maximilian Joseph den beiden ein "Privilegium exclusivum", eine Art Patentschutz auf das Lithografie-Verfahren. Davon wiederum erfährt der Offenbacher Musikverleger Johann Anton André, als er auf dem Weg nach Wien ist, um den Noten-Nachlass Mozarts zu erwerben. Er schließt einen Vertrag mit ihnen:
"Die Herren Gleisner und Senefelder in München verbinden sich, das von ihnen erfundene Geheimniß, Noten und Bilder auf Stein zu drucken, dem Herrn Anton André aus Offenbach a/m mitzutheilen."
So beginnt mit dem Jahr 1800 dort die kommerzielle Nutzung der Lithografie, mit Notenblättern von Mozart-Kompositionen.
Das große Geschäft mit seiner Erfindung machen andere, Alois Senefelder bleibt vor allem die Ehre. 1809 erhält er den Titel "Königlicher Inspector der Lithographie", und seinen Lebensunterhalt sichert eine Festanstellung bei der bayrischen Steuerkatasterkommission, die den Steindruck für Landkarten und Tabellen nutzt. Doch er tüftelt ohnehin bis zu seinem Tod 1834 lieber an technischen Verbesserungen seiner Erfindung: So gelingt ihm zum Beispiel selbst noch der Mehrfarbendruck oder die lithografische Reproduktion von Ölgemälden.
"Ich wünsche, daß sich die Lithografie bald auf der ganzen Erde verbreitet, der Menschheit durch viele vortreffliche Erzeugnisse vielfältigen Nutzen bringt", schreibt Alois Senefelder in seinem "Lehrbuch zur Steindruckerey" von 1818.

Bis heute weltberühmte Beispiele der Lithografie

Tatsächlich werden bald nicht nur Notenschriften billiger und in größeren Mengen hergestellt, sondern auch bebilderte Lehrbücher und farbige Landkarten zur Volksbildung. Zeitungen können ihre Berichte illustrieren, politische Karikaturen werden unters Volk gebracht. Und schließlich wird Senefelders Lithografie, was sie bis heute noch ist: eine eigene Kunstform. Weltberühmte Beispiele sind die als Werbeplakate gedachten Arbeiten des französischen Malers Toulouse-Lautrec.