Archiv

Vor 60 Jahren startete "Sputnik 5"
Zwei Hunde im Weltraum

Vor 60 Jahren befanden sich die USA und die Sowjetunion mitten im Kalten Krieg. Am 19. August 1960 triumphierte die UdSSR - zumindest im Weltraum. Zum ersten Mal flogen Säugetiere ins All, die den Ausflug auch überlebten.

Von Dirk Lorenzen |
    Die beiden Hunde Belka und Strelka, 1960
    Die Mission mit Belka und Strelka verlief ohne Probleme (picture alliance/Heritage Images)
    Im Oktober 1957 schoss die Sowjetunion "Sputnik", den ersten künstlichen Satelliten, ins All. Noch im selben Jahr flog mit der Hündin Laika das erste Säugetier in den Weltraum – doch Laikas Kapsel konnte nicht zur Erde zurückkehren. Das Tier verendete im Erdorbit. Für den Flug eines Menschen musste eine viel bessere Raumflugkapsel entwickelt werden.
    Albert, Laika, Able & Co. - Hunde und Affen im Weltall Bevor die ersten Menschen in den Weltraum geflogen sind, testeten die Sowjetunion und die USA die Überlebenschancen auf solchen Reisen mit Tieren, vor allem Affen und Hunden.
    Knapp drei Jahre später, am 19. August 1960, war die Technik endlich reif für einen Test – noch nicht mit Menschen an Bord, aber mit den beiden Hunden Belka und Strelka, erklärt der Raumfahrtexperte und Buchautor Gerhard Kowalski.
    "Da brauchte man ein Raumschiff mit einem Lebenserhaltungssystem, in dem ein Mensch leben konnte. Und da brauchte man auch die Möglichkeit, dieses Raumschiff zurückzuführen. Man hatte diese beiden Hunde in ein Raumschiff gesetzt, das wieder zurückkommen sollte. Sie haben 17 Umkreisungen gemacht und sind dann wieder zurückgekommen und waren mopsfidel. Das war ein Riesendurchbruch. Das war sozusagen die Freifahrkarte, dass man auch irgendwann einen Menschen reinsetzen kann. Und das geschah ja gar nicht wesentlich später."
    Sie nahmen "den Köter von der Straße"
    Noch vier Wochen zuvor waren zwei Hunde bei einem Startunglück ums Leben gekommen. Doch die Mission mit Belka und Strelka verlief dann ohne Probleme. Im Westen ist von "Sputnik 5" die Rede, in Russland heißt dieser Flug "Korabl-Sputnik 2". Während der Reise waren die Tiere in einem Geschirr festgebunden, damit sie nicht schwerelos durch die Kapsel schwebten. Während der eintägigen Mission überwachten Sensoren unter anderem Herzschlag und Atemfrequenz. Die Hunde waren hart im Nehmen – kein Wunder, denn Sergej Koroljow, der legendäre Chefkonstrukteur der sowjetischen Raumfahrt, hatte klare Vorstellungen von seinen Hundekosmonauten.

    Gerhard Kowalski: "Da hat Koroljow gesagt, nix Rassehunde. Wir brauchen den Köter von der Straße, der es gewohnt ist, sein Fressen zu suchen, der widerstandsfähig ist. Die mussten nur bestimmten Anforderungen entsprechen. Die durften nicht höher als 30 Zentimeter sein und durften nicht mehr als sechs Kilo wiegen. Dann hat man damals die Hunde einfach auf der Straße gefangen."
    Nach dem sprichwörtlichen "Sputnik-Schock" war auch die Mission der beiden Straßenhunde ein schwerer Schlag für die amerikanische Weltraumbehörde NASA, die beim Wettlauf im All immer weiter zurückfiel. Wernher von Braun, der Leiter des bemannten Raumfahrtprogramms der USA, äußerte sich kurz nach dem Flug hörbar beeindruckt.
    "Wir sehen jetzt, dass die Russen etwas vorhaben. Sie verfolgen ihr bemanntes Raumfahrtprogramm sehr aggressiv. Mit ‚Sputnik 4‘ hatten sie noch ein Problem, aber sie haben den Flug mit Tieren an Bord wiederholt und haben sie dieses Mal sicher geborgen."
    Die beiden Hunde wurden weltberühmt
    Pfeil und Eichhörnchen, so die Bedeutung der Namen Belka und Strelka, sind nicht nur in die Raumfahrtgeschichte eingegangen. Die braun-weißen Hunde mit den Schlappohren wurden schnell Liebling der Massen, erklärt Gerhard Kowalski.
    "Belka und Strelka sind weltberühmt geworden. Da gab es Fotos davon, die waren auf Tassen, die waren auf Zigarettenschachteln und so weiter und so fort. Die haben sogar eine Pressekonferenz gemacht. Die hatten auch Nachkommen. Da scheint offenbar alles funktioniert zu haben, und ein Welpe von den beiden ist sogar von Chruschtschow mitgenommen worden nach Amerika, und er hat ihn der Jacqueline Kennedy geschenkt. Die hat so einen Hund gekriegt."
    Als der mit dem Hund der Kennedys wiederum für Nachkommen gesorgt hatte, sprach US-Präsident John F. Kennedy im Scherz von den Pupniks – einer Kombination der Worte puppy, englisch Welpe, und Sputnik. Sieben Monate nach der erfolgreichen Mission der Hunde-Kosmonauten war es soweit. Am 12. April 1961 flog mit Juri Gagarin der erste Mensch ins All. Bei einem Bankett nach seiner Landung hat er – so heißt es – die Leistung seiner tierischen Vorgänger charmant gewürdigt.
    Zitat: "Ich weiß nicht, ob ich der erste Mensch im All bin oder der letzte Hund."
    Gagarins Flug haben die Ingenieure nur gewagt, weil Belka und Strelka den Weg für die bemannte Raumfahrt geebnet hatten. Diese Leistung wird bis heute gewürdigt: Die beiden Tiere stehen ausgestopft im Kosmonautenmuseum in Moskau.