Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Vor 75 Jahren nach Italien abgeschoben
Mafiaboss Lucky Luciano - Gangster und Reformer

Der Mafiaboss Charles, genannt Lucky, Luciano war schon zu Lebzeiten eine Legende: Unter seiner Regentschaft wurden aus groben Schlägern elegant gekleidete Business-Männer mit guten Manieren und noch besseren Beziehungen. Am 10. Februar 1946 schoben ihn die US-Behören nach Italien ab.

Von Jürgen Bräunlein | 10.02.2021
    Charles "Lucky" Luciano, (italoamerikanischer Krimineller mit Verbindungen zur Mafia, 1897-1962) während seines Prozesses im Jahr 1936. Am Ende dieses Prozesses wurde er zu einer Freiheitsstrafe zwischen 30 und 50 Jahren im Dannemore-Gefängnis verurteilt.
    Charles "Lucky" Luciano wurde 1936 zu jahrzehntelanger Haft verurteilt, nach dem Krieg aber nach Italien abgeschoben (Imago / Leemage)
    Der Flughafen von Neapel am 26. Januar 1962: Einer der berüchtigtsten Gangster der Welt wartet auf die Ankunft seines Biografen – und erleidet einen Herzinfarkt. Ein gewöhnlicher Tod, der nicht zu dem spektakulären Leben dieses Sizilianers passte. Jahrelang regierte er wirtschaftlich erfolgreich, doch skrupellos die New Yorker Unterwelt: Charles Luciano alias "Lucky", eine Legende zu Lebzeiten und ein "Reformer" der Mafia, über die er selbst sagte: "Man verlässt sie nur im Sarg."

    Die Geschäfte der Mafia: Wetten, Drogen, Prostitution

    Am 11. November 1896 in Lercara Friddi, einem Schwefelabbaugebiet in Sizilien geboren, kommt Salvatore, genannt "Charlie" Luciano mit neun Jahren in die USA. Als junger Mann arbeitet er im Versand einer Hutfabrik, versteckt Heroin in Hutschachteln und baut ein Vertriebsnetz auf - der Beginn einer kriminellen Karriere, wie sie damals viele eingewanderte Sizilianer einschlagen. Nachdem er beim Würfelspiel 244 US-Dollar gewinnt, gibt er sich den Namen "Lucky". Eine andere Version besagt, er nennt sich so, weil er einen Mordanschlag überlebt hat.
    Eine Straßenstzene mit zwei älteren Passanten in Corleone, die an einem Wandbild mit dem Motiv einer ländlichen Landschat vorbeigehen.
    Tourismus in Sizilien - Auf Anti-Mafia-Tour in Palermo
    Rund 60 Prozent der Geschäftsleute im sizilianischen Palermo bezahlen Geld an die Mafia. Trotzdem finden sich immer mehr, die kein Schutzgeld bezahlen wollen - und ihren Laden mit einem Aufkleber kennzeichnen. Eine besondere Touristen-Führung durch die Stadt macht auf den stillen Protest aufmerksam.
    "Hinter jedem großen Vermögen steckt ein Verbrechen", wird seine Grundüberzeugung. Er macht viel Geld mit Pferderennen, Glücksspielen, Drogenhandel und gewinnt an Ansehen in der New Yorker Unterwelt. Im Jahr 1925 soll er zwölf Millionen US-Dollar allein mit Alkoholschmuggel verdient haben. Um sich an die Spitze der "Cosa Nostra" zu bringen, wie die italoamerikanische Mafia später genannt wird, lässt er einige Rivalen beseitigen.

    "Wir töten uns nur gegenseitig"

    Als mit der Abschaffung der Prohibition der Schmuggel von Alkohol uninteressant wird, erschließt er für die Mafia neue Geschäftsfelder in der Bekleidungsindustrie, der Prostitution, im Fischfang. Um die sieben verfeindeten Clanfamilien in Schach zu halten, setzt er Schlichter ein und installiert eine Kommission, in der die Bosse auf demokratischer Basis entscheiden. Auch öffnet er die Organisation für Nichtsizilianer, arbeitet mit Iren und Juden weißrussischer Herkunft zusammen.
    Unter Lucianos Führung entsteht ein völlig neuer Mafioso-Typus. Aus ungehobelten Schlägern werden konservativ gekleidete Business-Männer mit vorbildlichen Manieren, die zur oberen Mittelschicht vorstoßen, doch mit ihrem Reichtum protzen. Wie Luciano selbst, der Maßanzüge und handgenähte Schuhe trägt, mit dem jungen Frank Sinatra befreundet ist und sich zu Veranstaltungen der Republikaner und Demokraten einladen lässt.

    Thomas Deweys Mission: Den Mafiaboss hinter Gitter bringen

    Mehrfach wird er verhaftet, doch sofort wieder freigelassen. Denn er achtet darauf, nie etwas schriftlich Belastendes zu hinterlassen. Seine Glanzzeit in Amerika endet erst, als der zum Sonderankläger von New York City ernannte Jurist Thomas Dewey nur eine Mission hat: das organisierte Verbrechen zu zerschlagen. Er bringt Luciano auf die Anklagebank und erklärt zu Prozessbeginn am 11. Mai 1936:
    "Offen gesagt, meine Zeugen sind Prostituierte, Puffmütter, Rumtreiber, Zuhälter und Ex-Sträflinge. Wir müssen die Aussagen schlechter Männer benutzen, um andere schlechte Männer zu verurteilen."

    Gute Beziehungen helfen auch im Gefängnis

    Wegen Zwangsprostitution in 62 Fällen wird Lucky Luciano zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt und 1936 in ein Hochsicherheitsgefängnis nach Dannemora gebracht. Doch als die Amerikaner in den Zweiten Weltkrieg eintreten, wird er vom Militär gebraucht. Befürchtet werden Sabotageakte auf den Schiffen an der Ostküste, und Lucianos Einfluss auf die Hafenarbeiter, noch von der Zelle aus, hilft. Als Belohnung wird er in eine bessere Haftanstalt gebracht und 1945 schließlich begnadigt, unter der Bedingung, die Vereinigten Staaten nach seiner Abschiebung nie mehr zu betreten.
    Am 10. Februar 1946 verlässt Lucky Luciano an Bord der SS Laura Keene den amerikanischen Boden in Richtung Italien. Zurück in Neapel baut er eine Spaghetti-Fabrik auf, handelt immer noch mit Drogen, hat aber keine Macht mehr im Revier. Bis an sein Lebensende war er zornig auf den Mann, der ihn hinter Gitter gebracht hat:
    "Dafür hasse ich Thomas Dewey immer noch, dass er mich in den Augen der Welt zu einem Gangster gemacht hat."