In Christian Kerns Facebook Video zu seinem Wahlkampfmotte "Hol dir, was dir zusteht!" ist zu hören:
"Auf der einen Seite stehen die, die von denen finanziert werden, die sich jeden Tag die Taschen vollstopfen und die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld und auf der anderen Seite: Da stehen wir."
Kanzler Christian Kern, seit 15 Monaten im Amt, setzt auf traditionelle sozialdemokratische Themen, auf sozialen Ausgleich, bezahlbare Mieten, sichere Renten. Sein Wahlkampfmotto "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht", bereits vor Wochen im engsten Kreise ausgedacht, hat für Kerns SPÖ seit Mitte des Monats einen doppelsinnigen Beigeschmack: Seit der vorläufigen Festnahme seines israelischen Wahlkampfberaters Tal Silberstein wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche in Israel. Schlimm genug für den Kanzler, der sich daraufhin umgehend von dem langjährigen SPÖ-Berater trennte.
Schlimmer für Kern wurde es allerdings, als Österreichs Ex-Bundeskanzler und Ex-Parteichef Alfred Gusenbauer am Dienstag dieser Woche bekannte: Er wüsste nicht, wieso er trotz seiner Geschäftsbeziehungen zu Silberstein vom Posten des Chef des sozialdemokratischen Thinktanks Renner-Institut zurücktreten solle. Dass die SPÖ in den Umfragen bei rund 25 Prozentpunkten deutlich hinter den neu aufgestellten Konservativen unter Außenminister Sebastian Kurz liegt, veranlasst SPÖ-Politiker wie Verkehrsminister Jörg Leichtfried, Trost im Sarkasmus zu finden:
"Naja, nach den Umfragen, ist Großbritannien noch in der Europäischen Union und die Frau Clinton Präsidentin. Also ich würde das nicht überbewerten."
FPÖ fordert Mindestpension
Gleichauf mit den Sozialdemokraten - und somit gleichsam abgestürzt - sind die rechtsnationalen Freiheitlichen: Noch zu Beginn des Jahres führte die FPÖ mit ihrem langjährigen Parteichef Heinz-Christian Strache unangefochten in den Umfragen. Jetzt hinter der konservativen "Liste Sebstian Kurz/Die neue Volkspartei", bei rund 25 Prozent. Strache setzt inzwischen auf eine eher moderatere Tonart, hofft, mit sozialpolitischen Themen punkten zu können:
"Wir brauchen eine Mindestpension. Es ist eine Schande in dem Land, dass heute Menschen, die 40 oder 45 Jahre hart gearbeitet haben, durchschnittlich nämlich jeder Zweite, im Durchschnitt unter 960 Euro monatlich Pension erhält."
Einer der Hauptgründe für das demoskopische Verblassen der rechtsnationalen FPÖ und auch die Schwäche der Sozialdemokraten: Ein Mann, der seit vier Jahren Außenminister ist, der die Themenfelder Schließung der Balkan-Route und Sicherung der EU-Außengrenzen besetzt und schließlich die gesamte altbackene konservative Volkspartei in diesem Sommer auf sich zugeschnitten hat:
"Die Freiheit, das gebe ich zu, die ist für einen 30-Jährigen wie mich eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber wir sollten uns durchaus bewusst sein, dass sie nur selbstverständlich ist, wenn wir nach wie vor darauf schauen, dass das auch so bleibt."
Zehn Parteien und Listen auf Wahlzettel
Schwer haben es die Grünen, die sich in dem personalisierten Wahlkampf der drei großen Parteien traditionell schwertun und mit Themen wie Umfeld und Gleichstellung nicht mehr über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen. Ingrid Felipe, seit zwei Monaten Bundessprecherin der Grünen, gibt darauf zurück:
"Wenn wir uns anschauen, wo sich Österreich hin entwickelt, mit diesem Rechtsschritt, der sich mittlerweile bei fast allen Parteien durchsetzt, ist es dringend notwendig, dass die Grünen sich gut und stabil aufstellen, um den Beitrag für Österreichs Demokratie leisten zu können."
Insgesamt zehn Parteien und Listen stehen auf dem Wahlzettel für die Nationalratswahl am 15. Oktober.