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Vor der Wahl
Taiwan und der Wunsch nach Wandel

Taiwan wird von der Volksrepublik China als abtrünnige Provinz betrachtet - daher erkennt fast kein Staat der Erde Taiwan an. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Peking und Taipeh allerdings angenähert, was vielen Taiwanern nicht gefällt. Am Samstag wird auf der Insel gewählt.

Von Anne Raith | 14.01.2016
    Stadtimpression von Taipeh
    Stadtimpression von Taipeh (Deutschlandradio/Anne Raith)
    Der Duft von Räucherstäbchen wabert durch die Luft, begleitet vom steten Gemurmel der Gläubigen, die ihre Opfergaben bringen. Oder vom Gekicher der vielen Schüler, die den Tempel an diesem Vormittag besuchen. Der Longshan-Tempel ist Taipehs ältester Tempel, manche bezeichnen ihn auch als "Treffpunkt der Götter", hier werden immerhin mehr als 100 von ihnen verehrt.
    Bis in den hintersten Teil des Tempels muss man vorstoßen, wenn man bei der Partnersuche oder im Berufsleben um Unterstützung bitten möchte. Hier ist das Gedränge besonders groß. Und das ist für Taiwan ein Problem. Zwar haben die meisten Taiwaner einen Job, doch die Löhne stagnieren seit Jahren. Und wer wenig verdient, zögert, sich niederzulassen und eine Familie zu gründen.
    Am anderen Ende der Stadt sitzt Hsin-yu Wang auf einer Bank im Innenhof des Songshan Kulturparks. Eigentlich arbeitet die 32-Jährige in einer Jugendherberge, aber sie engagiert sich auch bei einer Online-Community, die in der ehemaligen Tabakfabrik an einer Ausstellung für digitale Kunst teilnimmt. Sie kennt die Sorgen ihrer Generation nur zu gut.
    "Für uns junge Leute ist es super schwierig, ein Haus zu kaufen. Die meisten von uns wohnen zur Miete oder bei ihren Eltern. Weil die Gehälter von Jahr zu Jahr weniger wert sind. Ich bekomme heute weniger Gehalt als meine Tante, als sie vor 20 Jahren nach der Uni angefangen hat zu arbeiten!"
    Heute verdient ein Hochschulabsolvent durchschnittlich 7.000 US-Dollar, wenn es gut läuft, etwas mehr. Im Jahr. Davon eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen, eigentlich Tradition in Taiwan, ist schier unmöglich, denn die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren explodiert.
    "Ich hab schon ein gutes Leben, aber sesshaft werden kann ich nicht", erzählt Hsin-yu Wang.
    Eine der niedrigsten Geburtenraten der Welt
    So geht es vielen jungen Taiwanern. Und das schlägt sich auch in der Geburtenrate nieder. Mit derzeit 1,16 Kindern pro Frau ist sie eine der niedrigsten der Welt. Nicht wenige junge Taiwaner zieht es daher zum Arbeiten ins Ausland. In Singapur oder Shanghai zum Beispiel verdienen sie das Dreifache, während die taiwanische Wirtschaft kränkelt.
    Das erkläre die generelle Frustration dieser Generation, erläutert Jih-wen Lin, Direktor des Instituts für Politikwissenschaften an der Academia Sinica in Taipeh.
    "Und dieser Frust paart sich mit einer generellen Unzufriedenheit mit der Regierung, die ihre Sorgen nicht wahrzunehmen scheint, gerade wenn es um die Herausforderungen geht, denen sie im Leben begegnen."
    Wie zur Bestätigung sagt Hsin-yu Wang:
    "Ich habe kein besonders großes Vertrauen in die Kuomintang-Partei", jene Partei, die Taiwan über Jahrzehnte geprägt hat.
    Nach der Niederlage gegen die Kommunisten hatte sie sich 1949 unter Chiang Kai-shek vom Festland nach Taiwan zurückgezogen und dort allein regiert, unter Kriegsrecht. Bis heute wird die "Republik China", wie Taiwan offiziell heißt, von der Volksrepublik als abtrünnige Provinz betrachtet und in der Folge von kaum einem Staat der Welt anerkannt.
    In den vergangenen Jahrzehnten fand eine Annäherung statt
    Angenähert haben sich Peking und Taipeh in den vergangenen Jahren trotzdem mehr denn je, was die junge Generation zusätzlich auf die Barrikaden gebracht hat. Profitiert von diesem Frust und diesem Unmut hat vor allem die Opposition. Die Demokratische Fortschrittspartei (DPP), die Mitte der 1980er-Jahre aus der Demokratiebewegung hervorgegangen ist, als chinaskeptischer Gegenpol.
    "Down with KMT", nieder mit der KMT, steht dann auch auf einem der kleinen gelben Zettel, die an einer Stellwand in der Wahlkampfzentrale der DPP kleben. Wunschzettel der Wähler.
    Tatsächlich sagen Meinungsumfragen voraus, dass es in Taiwan an diesem Wochenende zu einem Machtwechsel kommen wird. Nach acht Jahren wird die regierende Kuomintang aller Wahrscheinlichkeit nach abgewählt und die DPP die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Parteichefin Tsai Ing-Wen wäre dann die erste Präsidentin Taiwans. Die 59-jährige Juristin ist schon lange in der Politik. Die Frau, die Angela Merkel als ihr Vorbild nennt, kandidierte für ihre Partei schon vor vier Jahren für das Präsidentenamt. Musste sich die DPP damals geschlagen geben, könnte sie dieses Mal auch die Parlamentswahlen für sich entscheiden, das wäre ein Novum.
    DPP im Wahlkampf
    Dafür hat sich die DPP im Wahlkampf ganz schön ins Zeug gelegt. "Light up Taiwan" prangt als Slogan an den Wänden der zur Straße hin gläsernen Wahlkampfzentrale, im Hintergrund plätschert Musik in taiwanischer Sprache, eigens für die Wahl komponiert und auf CD gepresst. Im angrenzenden Laden gibt es die entsprechenden Merchandising-Artikel. Grün ist die vorherrschende Farbe. Die Farbe der DPP.
    Im angrenzenden Büro sitzt James Huang. Er ist Vize-Präsident des parteieigenen Think Tanks und zuständig für die Kampagne. China, sagt er und winkt ab, China sei bei dieser Wahl nicht das beherrschende Thema. Trotzdem werden wir am Ende des Gesprächs genau dort landen, denn wenig steht nicht in Bezug zum großen Nachbarn.
    Ganz oben auf die Wahlkampfagenda, beginnt James Huang erst einmal aufzuzählen, habe seine Partei Themen gesetzt, die die Wähler laut einer Umfrage derzeit mehr umtreiben. Da sei an erster Stelle die Lebensmittelsicherheit. Gefolgt von der hohen Staatsverschuldung, bedingt durch das dringend reformbedürftige Pensionssystem. Ein riesen Problem, für eine alternde Gesellschaft wie Taiwan. Und, damit verknüpft, an dritter Stelle die schwierige Lage der jungen Generation, von der sich die DPP viele Stimmen erhofft. Und so lautet seine Konklusion:
    "Es ist dringend ein neues Wirtschaftsmodell von Nöten. In den vergangenen 30 bis 40 Jahren basierte unsere Wirtschaft darauf, Teile zuzuliefern. Außerdem ist viel Kapital und Investment nach Asien abgeflossen und mit dem Kapital auch viele Arbeitsmöglichkeiten. Das müssen wir ändern, sonst können wir an der Lage unserer jungen Leute und den niedrigen Löhnen nichts ändern."
    Innovation müsse mehr gefördert werden. Wissen. Und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, zu experimentierten, um den ohnehin starken Technologiesektor voranzubringen. Damit in Taiwan das nächste Silicon Valley entstehen kann - und junge Taiwaner ihr Glück nicht mehr woanders suchen.
    "Und die Regierung muss einen Teil der Verantwortung übernehmen, sonst ist der Anreiz zu gering. Wir brauchen dringend mehr Jungunternehmer."
    Doch die Jungunternehmer, auf die James Huang baut, haben noch ein ganz anderes Problem. Daniel Lin zum Beispiel hat mit FutureWard einen jener zahlreichen Makerspaces gegründet, in denen sich Kreative ausprobieren, Ideen entwickeln und sich austauschen können - um sich am Ende vielleicht selbstständig zu machen. Auf 1.000 Quadratmetern stellt er gegen eine Monatsgebühr Werkzeuge zur Holz- oder Metallverarbeitung bereit, ebenso wie 3D-Drucker oder Laserschneidgeräte. Im oberen Stockwerk vermietet er Büroräume.
    Wandel in der Wirtschaft?
    Es sei allerhöchste Zeit für einen Wandel in der Wirtschaft, findet auch Daniel Lin. Und Taiwan habe das Potenzial. Allerdings auch ein ziemlich großes Problem:
    "Es gibt hier einen internationalen Index für frische Unternehmensgründer, da liegt Taiwan auf dem 6. Platz, wir sind wirklich stark in Innovation, neuen Technologien und so weiter, aber uns fehlt die Internationalisierung. Wir haben alles, was wir brauchen, außer Einfluss von außen."
    Doch dem steht ein Land im Weg. China. Die Volksrepublik ist für Taiwan ein Hindernis, bestätigt Darson Chiu, denn Politik und Wirtschaft ließen sich nicht voneinander trennen. Der Wissenschaftler forscht am Taiwan Institute of Economic Research, dem ersten unabhängigen Forschungsinstitut des Landes:
    "Aufgrund der fehlenden politischen Anerkennung und der fehlenden Freihandelsabkommen bleibt es schwierig. Alle Länder, die ein Freihandelsabkommen mit Taiwan ausschlagen, glauben, ein solches Abkommen zuerst mit China schließen zu müssen."
    Denn die meisten Staaten der Welt folgen offiziell der Lesart der Volksrepublik China. Mit spürbaren Folgen: Taiwan ist nicht nur diplomatisch isoliert, sondern steht auch bei vielen wirtschaftlichen Zusammenschlüssen vor verschlossenen Türen. Und muss dabei zuschauen, von Südkorea abgehängt zu werden. Auch China selbst hole im Technologiebereich auf, mahnt Chiu:
    "Ich hasse es, zu sagen, aber wir brauchen Chinas grünes Licht, um da weiterzukommen. Auch wenn der Faktor China in der Realität immer kritisch ist."
    Der erste Teil dieser Argumentation kommt Eric Huang zupass. Im Anzug und mit sorgfältig gegeltem Haar sitzt der 30-Jährige in der Parteizentrale der KMT. Er, dessen Großvater mit Chiang Kai-shek vom Festland geflohen ist, habe selbst zunächst mit der Demokratischen Fortschrittspartei sympathisiert, erzählt er. Dann aber habe er Internationale Beziehungen studiert und sei zu dem Schluss gekommen: Die KMT habe die bessere China-Politik. Vor drei Jahren ist Eric Huang dann der Partei beigetreten, inzwischen ist er zuständig für internationale Angelegenheiten.
    "Für die meisten ist eine stabile Wirtschaft das Wichtigste; und wirtschaftliche Fragen sind eng mit einer stabilen Beziehung zu China verbunden. Genau das bietet die KMT."
    Öffnung gegenüber der Volksrepublik
    In ihrer Regierungszeit hat sich Taiwan mehr denn je für die Volksrepublik geöffnet - für Waren, Investitionen und Touristen. Der bilaterale Handel beträgt 170 Milliarden Euro im Jahr, vier Millionen chinesische Touristen sind im vergangenen Jahr nach Taiwan gereist.
    Grundlage dieser Annäherung ist der sogenannte Konsens von 1992. Damals verständigten sich Peking und Taipeh unter der KMT, dass es ein China gebe - mit unterschiedlichen Interpretationen. Darauf legt Taipeh wert. Der Konsens ist schwammig und daher für beide Seiten akzeptabel. Auf die Probe gestellt würden die Sollbruchstellen rasch deutlich werden: Denn für Peking gehört zu diesem China natürlich die abtrünnige Provinz Taiwan. Und für Taipeh ist ganz China irgendwann einmal demokratisch.
    Wie eng die Beziehungen unter der KMT geworden sind, zeigt auch das historische Treffen zwischen Noch-Präsident Ma und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Anfang November vergangenen Jahres. Es war das erste Treffen seit Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 – mit langem Händedruck, aber freilich ohne Nennung der Titel, was ja einer Anerkennung gleichgekommen wäre. Für Eric Huang steht dennoch fest:
    "Wir wollen unsere Politik der vergangenen Jahre fortsetzen. Der Konsens von 1992 macht das möglich. Beim ersten Treffen zwischen Xi und Ma in der Geschichte wurde deutlich: Das ist unsere Arbeitsgrundlage."
    Im Pass steht Republik China und nicht Taiwan
    Doch diese Arbeitsgrundlage ist der KMT in den vergangenen Monaten immer wieder um die Ohren geflogen. Denn viele vor allem junge Taiwaner haben eine andere Definition von ihrem Land als der smarte Jungpolitiker:
    "Republik China ist der in der Verfassung verankerte Name, so wie wir in der Welt genannt werden. Der Name der Insel ist Taiwan. Das sind die Fakten."
    Diese "Fakten" bringen Online-Aktivistin Hsin-yu Wang regelrecht in Rage. Bei ihrer Arbeit in der Jugendherberge oder bei eigenen Reisen wird sie oft mit der Frage nach ihrer Herkunft konfrontiert:
    "Warum sagen wir nicht Taiwan? Warum steht in unseren Pässen nicht Taiwan, sondern Republik China? Viele Flughafenmitarbeiter halten uns für Chinesen. Das ärgert uns! Wir wollen, dass unsere Identität richtiggestellt wird!"
    Und diese Identität ist in ihren Augen "taiwanisch". Das empfindet inzwischen eine Mehrheit der Insel-Bevölkerung so. Gerade jene, die auf der Insel geboren wurden und Taiwan nur demokratisch kennen, haben ihre ethnische Verbindung zum Festland quasi gekappt. Sie verweisen auf die Vielzahl kultureller Einflüsse, die Taiwan im Laufe seiner Geschichte geprägt hätten. Darauf, dass sich Taiwan heute fundamental von China unterscheide.
    Folgerichtig stemmen sie sich mit aller Kraft gegen jedweden Einfluss vom chinesischen Festland - und gegen die KMT. Auch Hsin-yu Wang.
    "Von Kindheit an haben wir Lehrbücher gelesen, in denen uns chinesische Geografie und chinesische Geschichte vermittelt werden. Ich weiß nicht, wo die einzelnen Regionen in Taiwan liegen, aber welche Produkte die verschiedenen Regionen in China herstellen. Das ist total verrückt. Außerdem sprechen wir nicht besonders gut Taiwanisch, weil die KMT sehr strikt ist, was Mandarin betrifft. Mein Englisch ist besser als mein Taiwanisch. Das ist doch eine Schande!"
    Die neuen Lehrbücher waren es auch, die im vergangenen Sommer die Schüler auf die Straße getrieben haben. Wochenlang haben sie gegen die in ihren Augen darin vertretene chinesische Lesart der Geschichte demonstriert. Bis zur Besetzung des Bildungsministeriums ging das damals, nach dem Suizid eines Schülers.
    Ein Jahr zuvor waren es die Studenten, die nach wochenlangen Protesten das Parlament besetzten. In erster Linie richtete sich der Unmut der sogenannten Sonnenblumenbewegung damals gegen das Dienstleistungsabkommen mit China - das die KMT-Regierung ihrer Ansicht nach viel zu rasch durchs Parlament bringen wollte. Ganz vom Tisch ist es bis heute nicht. Unterstützung erhielten die Studenten damals von vielen Abgeordneten der DPP - allerdings als Privatpersonen, wie beide Seiten betonen. Die Studenten wollten sich nicht instrumentalisieren lassen, denn auch die DPP hat ihre Position mit Blick auf China in den vergangenen Jahren abgeschwächt.
    Während ihrer ersten Regierungszeit bis 2008 war die Unabhängigkeitsrhetorik der DPP so ausgeprägt, dass sie auf allen Seiten für Beunruhigung sorgte: Die Volksrepublik verabschiedete ein Anti-Abspaltungsgesetz, das auch den Einsatz von Gewalt billigte, sollte sich Taiwan für unabhängig erklären. Oder abspalten, aus chinesischer Sicht. Und auch die Schutzmacht USA pfiffen die DPP zurück, an einer Eskalation der Lage war und ist auch Washington nicht gelegen.
    Von dieser Unabhängigkeitsrhetorik ist heute nicht mehr viel zu spüren, wenn man Kampagnenchef James Huang nach der China-Politik der DPP fragt:
    "Wir wollen den Status quo bewahren, das wollen 70 Prozent der Leute. Das bedeutet für uns: friedliche und stabile Beziehungen auf beiden Seiten der Taiwanstraße und der Erhalt unserer Demokratie und unseres freiheitlichen Lebensstils."
    Dem "Ein-China-Prinzip" aber kann die DPP nicht ohne Weiteres zustimmen, sind sich Beobachter sicher. Deshalb bleibt Peking skeptisch und hat sich bereits in einem Neujahrsgruß mahnend an die Taiwaner gewandt. Politikwissenschaftler Yu-Shan Wu von der Academia Sinica in Taipeh glaubt jedoch nicht, dass sich die Beziehungen nennenswert verschlechtern werden. Zumindest vorerst nicht.
    "DPP-Kandidatin Tsai Ing-Wen wird ihr Bestes geben, Festlandchina nicht gegen sich aufzubringen. Und auch der chinesische Staatspräsident Xi hat nichts davon, sich von Beginn an mit der neuen Regierung anzulegen. Aber es gibt heikle Themen, die auf die beiden zukommen werden, zum Beispiel der Inselstreit im Südchinesischen Meer. Außerdem könnte es sein, dass Tsai in der Mitte ihrer Amtszeit ihrer Basis langsam Zugeständnisse machen muss und das könnte unangenehm werden für Peking."
    DPP setzt sich nicht klar von China ab
    Dadurch, dass sich die DPP nicht klar von China abgrenzt, wird es spannend sein zu beobachten, wie die kleineren Parteien abschneiden. Kleinere Parteien wie die New Power Party des Heavy-Metall-Sängers Freddy Lim, die aus der Studentenbewegung hervorgegangen sind.
    "Die warten nur darauf, dass die DPP gewinnt und sie sie unter Druck setzen können. Damit sie die Probleme wirklich anpackt", ergänzt sein Kollege Jih-wen Lin.
    Dass die DPP die Probleme wirklich anpackt, innen- wie außenpolitisch, das hofft auch Hsin-yu Wang. Doch auch sie ist skeptisch. Die junge Frau geht in die alte Industriehalle, in der sie heute ihre Online-Community bei einer Ausstellung vertritt. GØV heißt die Gemeinschaft. Die Abkürzung steht für Government, für die Regierung – das O wird ersetzt durch die Null der Programmiersprache. Sie steht allerdings auch für das Vertrauen, das Hsin-yu Wang und die anderen der politischen Klasse entgegenbringen. Im Netz wollen sie für mehr Transparenz sorgen. Sie veröffentlichen Regierungsentscheidungen, entschlacken und erklären diese. Die Sonnenblumenbewegung haben sie bei ihren Protesten unterstützt. Auch vor der Wahl an diesem Wochenende war GØV aktiv:
    "Wir haben eine Webseite ins Leben gerufen, auf der man checken kann, wie die Kandidaten zu einzelnen Themen stehen. Man tippt ein Stichwort ein und sieht: Ach, guck, vor den Wahlen hat er das gesagt, im Wahlkampf sagt er plötzlich was ganz anders. So können wir die Typen im Auge behalten."
    Und das will Hsin-yu Wang auch nach der Wahl an diesem Wochenende tun. Egal, wer gewinnt.
    Hinweis: Recherchen für diesen Beitrag wurden durch journalists.network ermöglicht, die unterstützt wurden von der Taipeh Vertretung, der Robert-Bosch-Stiftung und der Firma Evonik.