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Vor EZB-Zinsentscheidung
Sparen lohnt sich weiter nicht

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird wohl auf ihrer anstehenden Ratssitzung die Geldpolitik weiter lockern. Verbraucherschützer fürchten, dass die Banken die wahrscheinlich steigenden Strafzinsen an ihre Kunden weitergeben könnten. Bislang tun das nur wenige Geldhäuser.

Von Brigitte Scholtes | 12.09.2019
Euro-Scheine, aneinander gereiht
Mit einem Staffelzins, Tiering genannt, sollen Negativfolgen der Niedrigzinspolitik abgefedert werden, doch das Grundproblem bleibe, sagen Banker (EyeEm/ Nicolas Vega)
Dass die Europäische Zentralbank heute ihre Geldpolitik weiter lockert, das gilt an den Finanzmärkten als gesetzt. Die Frage ist nur, zu welchen Maßnahmen sie jetzt greift. Zur Auswahl stehen zum einen eine weitere Zinssenkung: Die Negativzinsen von noch minus 0,4 Prozent könnten noch weiter herabgeschleust werden – ob auf minus 0,5 oder sogar auf minus 0,6 Prozent – darauf werden noch Wetten abgeschlossen.
Mit Staffelzinsen, Tiering genannt, Negativfolgen abmildern
Außerdem dürfte der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi die Finanzmärkte auch darauf vorbereiten, dass diese Zinsen wegen der schlechten Konjunkturaussichten noch länger als bis Mitte 2020 so niedrig bleiben. Vielleicht dehnt er diesen Zeitraum aus bis ins Jahr 2021. Diese Zinssenkungen könnte die EZB abpuffern durch ein sogenanntes Tiering, gemeint ist ein Staffelzins, bei dem Banken Freibeträge eingeräumt werden. Egal wie – die Geldhäuser, vor allem die deutschen Banken, sind nicht gut zu sprechen auf die EZB. So sagte etwa Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing vor einigen Tagen:
"Langfristig ruinieren diese Niedrigzinsen das Finanzsystem. Einzelne Nachbesserungen wie ein so genanntes Tiering-System sind notwendig, um die negativen Konsequenzen abzumildern. Am Grundproblem ändert das allerdings nichts."
EZB-Mandat: Preisstabilität im Euroraum sichern
Die Banken sollten nicht immer aus der Opfermentalität heraus argumentieren, hatte Bafin-Chef Felix Hufeld die Geldhäuser schon gemahnt, sondern lieber ihr Geschäftsmodell ändern. Die EZB beraube auch den Sparer nicht der Zinsen, meint Isabel Schnabel, Wirtschaftsweise der Universität Bonn:
"In vielerlei Hinsicht ist das falsch, zumal ja das Mandat der EZB auch nicht darin besteht, dass der Sparer auskömmliche Zinsen hat, sondern das Mandat der EZB besteht eben darin, die Preisstabilität zu sichern, und das ist das, was die EZB eben auch versucht hat."
Preisstabilität bedeutet für die Notenbank eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent. Im August aber lag die im Euroraum bei 1,0 Prozent. Tatsache aber ist: Die Sparer im Euroraum werden von dieser Zinspolitik getroffen, weil sie ihr Geld festverzinslich anlegen. Das sieht auch Larry Fink so, Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock:
"Wenn man vor 30 Jahren in einem Indexfonds in den DAX angelegt hätte, hätte man sein Kapital vervierfachen oder fünffachen können. Wenn man das Geld über 30 Jahre in einem Bankkonto angelegt hätte, dann hätte man pro Jahr weniger als ein Prozent Rendite im Jahr verdient."
Strafzinsen auch für Einlagen unter 100.000 Euro?
Nun fürchten Anleger, die Banken könnten die wahrscheinlich steigenden Strafzinsen an ihre Kunden weitergeben. Direkt tun das bisher nur wenige Geldhäuser, und wenn, dann nur für hohe Einlagen. Das zu verbieten, zumindest für Einlagen von unter 100.000 Euro wie von einzelnen Politikern gefordert, davon scheint auch die Politik wieder Abstand zu nehmen.
Von solch deutschen Bedenken dürfte der EZB-Rat sich nicht beeindrucken lassen. Allerdings könnte es sein, dass die deutschen und nordeuropäischen Stimmen im EZB-Rat doch Gehör finden, die gegen ein neues Anleihekaufprogramm sind. Das wäre eine weitere Lockerungsmöglichkeit. Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel rechnet jedenfalls nicht damit, dass das heute kommen wird:
"Ich denke, es wird in jedem Fall eine weitere Lockerung geben, aber vielleicht wird man nicht alles unmittelbar jetzt schon veranlassen, sondern das Ganze über die Zeit etwas strecken. Das kann durchaus sein, dass die Anleihekäufe doch noch etwas in die Zukunft verschoben werden."