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Vor Syrien-Gesprächen
Persönliche Feinde

Mit oder ohne Bashar al-Assad? Kurz vor der geplanten Fortsetzung der Friedensgespräche in Genf bleibt die Frage der Zankapfel. Der Chefunterhändler eines syrischen Oppositionsbündnisses hält selbst eine Übergangszeit mit Syriens Machthaber für unvorstellbar - auch aus ganz persönlichen Gründen.

Von Björn Blaschke | 13.03.2016
    Mohammed Alloush
    Mohammed Alloush, Chefunterhändler des syrischen Oppositionsbündnisses "Hohes Verhandlungskomitee" (picture alliance/dpa/Martial Trezzini)
    Kurz vor Beginn der Genfer Syrien-Gespräche legen beide Seiten Härte und Unnachgiebigkeit an den Tag, wenn es um die Frage geht, welche Zukunft Präsident Bashar al-Assad in Syrien hat. In aller Deutlichkeit äußerte sich der Chefunterhändler des syrischen Oppositionsbündnisses "Hohes Verhandlungskomitee". Mohammed Alloush erklärte, der Abgang von Machthaber Bashar al-Assad sei die Voraussetzung dafür, dass eine Übergangszeit beginnt. Alloush sagte: "Wir sind der Auffassung, dass die Übergangszeit mit dem Sturz von Bashar al-Assad beginnt oder mit seinem Tod. Es gibt keine Möglichkeit, diese Übergangszeit mit dem Regime oder dem Kopf des Regimes an der Macht zu beginnen."
    Dass Alloush diese Position vertritt, ist nicht erstaunlich: Zum einen teilt er damit die Haltung von Saudi-Arabien und der Türkei. Und die Regierungen beider Länder unterstützen die Gruppierung, für die Alloush spricht. Zum anderen hat Mohammed Alloush einen Bruder, der ein bekannter Kämpfer gegen die Führung in Damaskus war, bei einem Angriff der syrischen Luftwaffe Ende des vergangenen Jahres verloren. Alloush dürfte in Bashar Assad also auch einen persönlichen Feind sehen. So oder so: Vor den Genfer Syrien-Gesprächen dürften Alloushs Äußerungen als Provokation in Damaskus ankommen. Der Außenminister Syriens, Waleed Muallim, hatte gerade erst erklärt, die Person Bashar al-Assad und seine Präsidentschaft seien in Genf Tabu, eine "Rote Linie": "Was die Präsidentschaftswahl angeht: Unsere Delegation wird jeden Versuch, diesen Punkt auf die Agenda zu setzen, zurückweisen."
    Zukunft Assads bleibt ein Zankapfel
    Der Chefunterhändler des oppositionellen "Hohen Verhandlungskomitees" lässt derlei nicht gelten: "Mouallim ist der Außenminister von Bashar al-Assads Regierung, er ist es gewohnt, akrobatische Deklarationen abzugeben. Wenn er sagt, dass Bashar eine Rote Linie ist, dann ist das wie frühere Kommentare nichts wert."
    Die Zukunft Assads ist ein Zankapfel: Der UN-Sicherheitsrat hat in einem Friedensplan festgelegt, dass nach Beginn des Übergangsprozesses innerhalb von 18 Monaten in Syrien freie Wahlen ausgerichtet werden sollen. Und Staffan Di Mistura, der UN-Sondergesandte für Syrien, hat dies Freitag noch einmal betont.
    Doch Assads Rolle bleibt damit ungeklärt: Soll er 18 Monate in den politischen Entscheidungsprozess eingebunden werde bis dahin in den politischen Prozess eingebunden werden und dann nicht mehr zu Wahlen antreten? Oder doch, wie es Außenminister Muallim andeutete? Oder soll Assad umgehend zurücktreten, wie es die Opposition fordert? Russland, das die Führung in Damaskus stützt, hat zwar prinzipiell signalisiert, dass sie sich Syrien auch ohne Assad vorstellen kann. Russlands Botschafter bei den UN in Genf hat jetzt aber auch noch einmal erklärt, die Opposition solle hinnehmen, dass Assad Teil des Übergangsprozesses sein wird. Die Zukunft Assads ist ein Zankapfel - und wird es in Genf bleiben.