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Vorstoss Deutscher Energieversorger
Regierung reagiert kühl auf AKW-Stiftungsidee

Die deutschen Energieversorger stoßen mit ihren Vorschlägen zur Abwälzung der Kernkraftwerkslasten an den Staat auf wenig Gegenliebe. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Betreiber der Atomkraftwerke die volle Verantwortung für den Betrieb während der Restlaufzeit und alle Schritte der Entsorgung tragen", erklärte das Bundesumweltministerium.

Von Christel Blanke | 12.05.2014
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    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte das Ansinnen der Energieriesen bereits zurückgewiesen. (dpa / picture alliance / Kay Nietfeld)
    Aus Sicht der Energiekonzerne E.on, RWE und EnBW hat die Idee sicher Charme. Sie schlagen der Bundesregierung vor, ihre Atomkraftwerke in eine öffentlich-rechtliche Stiftung zu überführen. Der Vorteil: Diese Stiftung würde für den bis zur endgültigen Abschaltung laufenden Betrieb, den Rückbau und die Atommüllendlagerung aufkommen. Und die Konzerne wären eine große Sorge los. Bisher will die Bundesregierung davon aber nichts wissen. Die zuständigen Sprecherinnen und Sprecher versichern unisono:
    "Der Vorschlag ist uns nicht bekannt. - Es gibt weder Verhandlungen noch Beschlüsse zu diesem Thema."
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte das Ansinnen der Energieriesen schon gestern zurückgewiesen. Heute stellte ihr Sprecher Michael Schroeren noch einmal klar:
    "Da gilt das, was wir in der Umweltpolitik als Verursacherprinzip bezeichnen. Die uneingeschränkte Verantwortung für den sicheren Betrieb der Atomkraftwerke liegt bei den Betreibern. Auch die volle Kostenverantwortung."
    Und das gelte auch für die Stilllegung, den Rückbau und die Entsorgung.
    Konzerne sind für den Rückbau zuständig
    Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung nennt den Vorschlag im ZDF-Morgenmagazin mehr als fragwürdig:
    "In der Vergangenheit haben die Konzerne sehr viel Gewinne gemacht. Man hätte jetzt erwarten können, dass sie diese Rückstellungen in der Höhe auch bilden, damit dann auch die Kosten gedeckt werden können durch die Konzerne. Denn sie sind ja verantwortlich für den Rückbau und auch für die Entsorgung des Atommülls."
    Stiftung könnte gegen die EU-Beihilfeleitlinien verstoßen
    Rückstellungen in Höhe von rund 35 Milliarden Euro wurden auch tatsächlich gebildet. Mit diesem Geld versuchen die Konzerne, der Bundesregierung ihren Vorschlag schmackhaft zu machen, indem sie es in die Stiftung einbringen wollen. Außerdem würden sie möglicherweise ihre milliardenschweren Schadenersatzforderungen zurückziehen. Das könnte attraktiv sein für die Bundesregierung, räumt der Aachener Umweltrechtler Walter Frenz im Deutschlandfunk ein. Gibt aber zu bedenken, dass die Stiftung gegen die EU-Beihilfeleitlinien verstoßen könnte:
    "Diese Gefahr würde bestehen, wenn der Staat Lasten übernimmt durch öffentliche Gelder, die eigentlich die Energiewirtschaft zu tragen hätte. Wenn allerdings die Energiewirtschaft ausschließlich diesen Fonds speist mit ihren Geldern und zugleich auch nicht aus der Verantwortung entlassen würde, dann wäre ein solches Beihilfeverfahren ausgeschlossen."
    Auch CDU und SPD sind skeptisch. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat aber auch Verständnis für die Situation der Konzerne:
    "Marktwirtschaft gilt immer. Sie muss jedenfalls gelten. Das Problem ist nur folgendes, wenn es die Firma nicht mehr gibt, dann haben sie auch ein Problem. Und deshalb muss man schauen, ob es zum Beispiel eine Möglichkeit gibt, einen sicheren Fonds aufzubauen, aus dem man dann auch nachhaltig die Altlasten beseitigen kann."
    Umweltverbände lehnen Stiftungslösung ab
    Umweltverbände und die Opposition lehnen die Stiftungslösung ab, fordern aber schon lange, die Rückstellungen der Konzerne in einen staatlichen Fonds zu überführen, damit das Geld zum Beispiel bei einer Insolvenz nicht verloren geht. Grünen-Chefin Simone Peter:
    "Hier muss Vorsorge getroffen werden, dass wir genügend Finanzmittel zur Verfügung haben für den Rückbau, für die Entsorgung. Aber klar ist, die Verantwortung ist hier klar auf der Seite der Energiekonzerne, die müssen für die vollständigen Kosten aufkommen."
    Das sagt auch der Bund der Steuerzahler und lehnt das Stiftungsmodell der Energiekonzerne rundweg ab.