Eine anonyme Mail hat in dieser Woche für Wirbel im deutschen Sport gesorgt. Im Mittelpunkt des Briefes, unterzeichnet von angeblich mehreren Mitarbeiten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), steht DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Hörmann soll eine Kultur der Angst geschaffen haben, es fehle an Respekt und Führungskultur, heißt es. Der DOSB hat den Eingang des Schreibens bestätigt. Stefan Klett, Präsident des Landessportbunds NRW, und Hessens Verbandschef Rolf Müller haben Hörmann bereits zum Rücktritt aufgefordert. DOSB-Vorstand und -Präsidium stärken Hörmann dagegen den Rücken. Am Samstag sind das DOSB-Präsidium und die Landessportbünde zu einer Videokonferenz zusammengekommen.
"Wir haben in der Konferenz den DOSB aufgefordert, die Sache ernst zu nehmen, aufzuklären und die entsprechenden Schritte dann Stück für Stück einzuleiten", sagte Jörg Ammon, Präsident des Bayerischen Landessportverbandes, im Dlf. "Und wenn diese Sache insgesamt aufgeklärt ist, kann man sich auch über Konsequenzen Gedanken machen."
Die Aufklärungsarbeit werde wohl in der Ethikkommission des DOSB zusammenlaufen, so Ammon. "Und da ist die Erwartungshaltung schon, dass das dann auch inhaltlich vollständig aufgeklärt wird."
"Maximales Vertrauen" in DOSB-Vorstand und Präsidium
Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende des Sportausschusses, sprach im Zusammenhang mit dem Brief von einem "Hilfeschrei der Belegschaft" und befürchtet, dass eine "ergebnisoffene Auseinandersetzung" mit den Vorwürfen nicht erfolgen werde. Ammon betonte jedoch, dass er das "maximale Vertrauen" in DOSB-Vorstand und DOSB-Präsidium habe, die Vorwürfe inhaltlich aufzuklären und die "notwendigen Schlüsse" zu ziehen.
Ein Vorwurf an Hörmann lautete auch, dass er trotz Corona-Pandemie in der DOSB-Zentrale in Frankfurt am Main nie eine Maske trage. Dieser Vorwurf bekam nun am Samstag noch einmal Nachdruck. Grund ist ein Fotos, das der LSB Hamburg auf Twitter veröffentlichte, aber dann wieder löschte. Es zeigt einen Screenshot der Videokonferenz des DOSB-Präsidiums mit den Landessportbünden. Dabei sitzt das elfköpfige DOSB-Präsidium zusammen in einem Raum, ohne Abstand und Maske.
"Wie dort die entsprechenden Corona-Tests und Abstandsregeln waren, können wir nicht beurteilen", sagte Ammon, der wie die anderen LSB-Präsidenten per Video zugeschaltet war. Ammon ergänzte aber: "ich glaube, wir tun alle gut daran, wenn wir unsere Vorbildfunktion in der Corona-Pandemie ganz besonders herausstellen. Und deswegen ist auch unsere Meinung, dass wir das Ganze inhaltlich aufklären, innerhalb des DOSB mit der Ethikkommission. Wir wollen keine voreiligen Schlüsse, aber man muss das Ganze sehr sauber und sehr detailliert aufklären, weil wir diese Vorbildfunktion im organisierten Sport für 90.000 Sportvereine in ganz Deutschland haben."
"Haben schon das Gefühl, dass der DOSB sich verändert"
Schon 2016 hatte die Unternehmensberatungsgesellschaft Ernst & Young auf Bitten des DOSB die Führungskultur untersucht und erhebliche Mängel festgestellt. Hörmann versprach damals eine Aufarbeitung. "Wir haben schon das Gefühl, dass der DOSB sich verändert", sagte Ammon. "Vielleicht nicht in der Geschwindigkeit, wie es notwendig ist. Allerdings sind die Herausforderungen in einer Transformation enorm. Und wir nehmen wahr, dass sich im DOSB etwas verändert und wir nehmen auch wahr, dass das zu Spannungen führt."
Den Rücktrittsforderungen von Klett und Müller wollte sich Ammon aber nicht anschließen. Er sagte über Hörmann: "Er ist ein Vollblut-Sportpolitiker, wie man sich ihn in der Sache wünscht."
Hörmann selbst habe sich in der Videokonferenz zu den Vorwürfen geäußert, sagte Amman. "Er hat auch zugesagt, das am Montag auch an die Ethikkommission zu übergeben. Und insofern sollten wir auch das Vertrauen haben in so eine Kommission, aber auch in den gesamten Vorstand und das gesamte Präsidium, die Sache mit der nötigen Ernsthaftigkeit anzunehmen."
Auch bei der missglückten Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032, dem Zerwürfnis mit dem IOC und dem "Dilettantismus bei der Einwirkung auf das Impfschutzgesetzt" (Klett) spricht Ammon Hörmann von der alleinigen Schuld frei. "Gerade was diese Olympia-Bewerbung betrifft, ist Alfons Hörmann nicht der richtige Adressat. Beim Infektionsschutzgesetz haben wir alle mitgewirkt. Da spricht man einem alleine viel zu viel zu. Und ich glaube, das muss man sehr viel differenzierter betrachten, als das in dieser Stellungnahme herauskommen ist."