Samstag, 02. Dezember 2023

Halbinsel Reykjanes
Wie wahrscheinlich ist ein Vulkanausbruch auf Island?

Auf Island bebt seit Wochen die Erde wegen vulkanischer Aktivität. Ein Ort auf der Halbinsel Reykjanes wurde evakuiert. Wie groß ist die Wahrhscheinlichkeit eines Ausbruchs und was wären die Folgen?

16.11.2023

    Lava am Fagradalsfjall bei Grindavik auf Island
    Im August 2022 brach auf Island zuletzt ein Vulkan aus - ebenfalls bei Grindavik. (picture alliance / AA / Sergei Gapon)
    Die Halbinsel Reykjanes wird seit Wochen von Erdbeben heimgesucht. Die Bewohner des Städtchens Grindavík mussten ihre Häuser verlassen. Kommt es zum Vulkanausbruch?

    Inhalt

    Wie ist die Situation auf Island?

    Seit dem 24. Oktober kommt es im Südwesten von Island, auf der Halbinsel Reykjanes, zu häufigen Erdbeben. Magma dringt zur Erdoberfläche vor. 40 Kilometer von Reykjavik entfernt wurde die Ortschaft Grindavik mit 4.000 Einwohnern evakuiert.
    In der Nähe von Grindavik befindet sich das Thermalbad Blaue Lagune, die beliebteste Touristenattraktion Islands. Das Bad ist seit dem 9. November geschlossen und wird es voraussichtlich bis mindestens 30. November bleiben, dann soll die Situation neu bewertet werden, wie das Thermalbad auf seiner Website mitteilt.

    Warum droht auf Island ein Vulkanausbruch?

    Island liegt auf dem Mittelozeanischen Rücken und ist die größte und aktivste Vulkanregion Europas. Laut Nationalem Wetterdienst hat sich diesmal in einem 15 Kilometer langem Tunnel unter der Erde Magma ausgebreitet. Die Menge ist demnach erheblich größer als bei vorangegangenen Ausbrüchen in der Region. Weitere und stärkere Erdbeben könnten zu einem Vulkanausbruch führen.
    Thermalbad "Blaue Lagune" auf Island, im Hintergrund das Geothermie-Kraftwerk
    Einen Tag vor der Schließung: Die "Blaue Lagune" ist ein beliebtes Ausflugsziel auf Island. (IMAGO / SOPA Images / IMAGO / Raul Moreno / SOPA Images)
    Durch das Magma in der Tiefe hebt sich das Gestein. Das ist schon vier Mal vorgekommen, ohne dass es einen Ausbruch gegeben hätte. Diesmal aber hebt sich das Gestein schneller und stärker als bei früheren Ereignissen.
    Seit Mitte Oktober hat sich das Gestein um zehn Zentimeter gehoben. Das hat zu über 25.000 Erschütterungen geführt mit Ausschlägen von bis zu 4,8 auf der Richterskala am 9. November. Ab einer Magnitude von 5 gilt ein Beben als mittelstark und kann zu Schäden an Gebäuden führen.
    Wo genau und ob der Vulkan überhaupt ausbricht, kann niemand voraussagen. Mehrere Szenarien sind möglich: Das Magma kann auf dem Festland ausbrechen oder am Meeresboden vor der Küste. "Experten zufolge ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in den kommenden Tagen jederzeit zu einem Vulkanausbruch entlang des Magmatunnels kommen könnte", heißt es beim Deutschen Wetterdienst.
    Auch der Vulkanologe Thomas Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam hält es für möglich, dass sich die Ausbruchsserie extrem flüssiger Lava fortsetzt. Allerdings seien Voraussagen über Eruptionen "sehr spekulativ".

    Was wären die Folgen eines Vulkanausbruchs?

    Auf der Halbinsel befindet sich, gleich neben der Blauen Lagune, das Geothermie-Kraftwerk Svartsengi. Es droht ein Ausfall der Energieversorgung (Strom und Wärme), auch des Flughafens Keflavik. Ebenfalls könnte ein wichtiger Trinkwasserbrunnen betroffen sein.
    Der Katastrophenschutz könnte die Lava auf Abflussbahnen umlenken, um das Kraftwerk und den Brunnen zu schützen. Bei einem Ausbruch im Jahr 1973 ist das auf der Insel Heimaey vor der Südküste Islands gelungen.

    Wie verliefen frühere Vulkanausbrüche?

    Immer wieder kommt es auf Island zu Eruptionen. Im Frühling 2010 brach der Eyjafjallajökull aus. Durch die Aschewolke wurde der Flugverkehr für einige Tage in weiten Teilen Europas eingestellt. Ein Jahr später, im Mai 2011, fielen wegen einer Eruption des Gletschervulkans Grímsvötn drei Tage lang Hunderte Flüge aus.
    Anfang 2021 begann es auf der Halbinsel Reykjanes für mehrere Wochen zu beben. Das führte am 19. März zum ersten Vulkanausbruch seit fast 800 Jahren in der Region. Es bildete sich ein 4,85 Quadratkilometer großes Lavafeld, jedoch ohne größere Gefahr. Touristen konnten das Naturphänomen aus der Nähe bewundern. Im August 2022 kam es zu einem weiteren Ausbruch, der zwei Wochen anhielt.
    Zuletzt geschah dies im Juli 2023 für vier Wochen. Es entstand ein 1,5 Quadratkilometer großes Lavafeld, doch es kam zu keinen kritischen Schäden an der Infrastruktur.

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