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VW-Dieselskandal
Woran der Vergleich mit Volkswagen gescheitert ist

Die Verhandlungen über einen Vergleich für betrogene VW-Dieselkunden sind geplatzt. Das teilte Volkswagen heute mit und zeigte bei der Schuldfrage mit dem Finger auf den Bundesverband der Verbraucherzentralen. Der allerdings ließ diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen.

Von Silke Hahne | 14.02.2020
Es ist ein Ringen um die Deutungshoheit. Hat Volkswagen den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) übertölpelt – oder wollten die Anwälte der Verbraucherschützer auf Kosten der Kunden überhöhte Honorare kassieren?
Darum geht es nun nach dem Platzen der Verhandlungen über einen Vergleich. Dabei hatten sich Volkswagen und der vzbv schon geeinigt: 830 Millionen Euro wollte der Konzern den Kundinnen und Kunden nach eigener Aussage insgesamt zahlen. Das wären etwa 1.800 Euro pro Person gewesen. Rund 460.000 Menschen hatten sich der Klage unter Führung des vzbv angeschlossen. Was also ist passiert?
Der Vorwurf: überhöhte Honorare
Laut Volkswagen hatten die Prozessanwälte des Verbraucherzentrale Bundesverbands bis zuletzt darauf bestanden, einen Vergleich selbst abzuwickeln, und zwar gegen Geld. So schilderte es mittags ein Konzernsprecher, so bestätigte es später VW-Cheflobbyist Thomas Steg in Berlin:
"Leider ist auf den letzten Metern eine endgültige Einigung daran gescheitert, dass der Bundesverband der Verbraucherzentralen ein für uns nicht nachvollziehbares, unbegründetes Pauschalhonorar von 50 Millionen Euro für seine Prozessvertreter wollte."
Auspuff mit Abgasen eines Verbrennungsmotors
Diesel-Skandal / VW will mit Verbraucherschützern über Vergleich verhandeln
Im Diesel-Betrug durch VW warten Hunderttausende Autofahrer in Deutschland auf Schadenersatz. Bisher hatte sich der Konzern gegen einen Vergleich gesträubt.
Die Krux laut Volkswagen: Ausreichend konkrete Nachweise, für welche Leistungen dieses Geld gezahlt werden sollte, hätten die Rechtsberater nie geliefert.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellt die Ereignisse genau anders herum dar. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz sagte vzbv-Chef Klaus Müller:
"Bei der Frage der Abwicklung haben wir schweren Herzens angeboten, zu akzeptieren, dass Volkswagen einen Dienstleister beauftragt, die Entschädigungssumme abzuwickeln. Und unsere Anwälte hätten lediglich eine Kontrollfunktion übernommen. Das wäre aus unseren Augen kein optimales, kein gutes Modell gewesen. Aber im Rahmen von Kompromissverhandlungen hätten wir uns auch darauf eingelassen."
Das Tusch scheint zerschnitten
Müller schilderte, er habe vom Abbruch der Verhandlungen aus den Medien erfahren – kurz vorher habe Volkswagen noch Angeboten, die 50 Millionen Euro zu übernehmen.
"Dass Volkswagen heute auf diese Art und Weise die Verhandlung beendet, ist mir rätselhaft."
Das Tuch scheint also erst einmal zerschnitten zwischen VW und den Verbraucherschützern. Der vzbv geht davon aus, dass die Musterfeststellungsklage nun ihren Gang geht und das zuständige Gericht in Braunschweig zügig einen neuen Verhandlungstermin ansetzt. Ein Erfolg würde bedeuten, dass den Kunden zwar Schadenersatz zusteht. Wie viel, müsste dann aber jeder Kunde einzeln gerichtlich klären lassen.
Volkswagen bietet den klagenden Kundinnen und Kunden deshalb trotzdem das Geld an: Über eine Plattform sollen diese ab Ende März Angebote für Einmalzahlungen einholen können.