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VW drosselt "Passat"-Produktion

Europas größter Autokonzern Volkswagen stoppt wegen der Absatzkrise in Europa zeitweise die Produktion des klassischen Vertreterautos Passat. Gleichzeitig verlängert VW die Laufzeit des alten Golf-Modells um mindestens zwei Monate.

Von Brigitte Scholtes |
    Zwei Tage schon ruht die Produktion des Passat bei Volkswagen. Und damit zeigen sich auch bei dem bisher so erfolgreichen deutschen Autokonzern erste Vorzeichen von Absatzproblemen. Denn wenn die Firmen ihre Flotten aus konjunkturellen Gründen später austauschen, dann schlägt sich das schnell in den Marken nieder, die als Dienstwagen beliebt sind. Die Lage am europäischen Automarkt ist zur Zeit so schlecht wie seit Jahren nicht, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte der Universität Duisburg-Essen. 2013 dürften nur noch zwölf Millionen Fahrzeuge in Europa abgesetzt werden, drei Millionen weniger als in diesem Jahr:

    "Drei Millionen – das sind zehn Autowerke, die eigentlich leerstehen. Und das hat in der Vergangenheit, in diesem Jahr sehr stark Peugeot Citroën getroffen, es hat Fiat getroffen, es hat Renault getroffen. Und jetzt geht es weiter in den Norden, und auch VW wird sich dieser schwierigen Situation nicht entziehen können."

    VW will nun den alten Golf als Preisbrecher einsetzen. Der wird noch bis zum Jahresende produziert – trotz des Modellwechsels. Aber die Produktionsmaschinen sind abgeschrieben, die Rendite hoch. Deshalb kann VW Sondermodelle mit hohen Rabatten anbieten. Das neue Modell, das Anfang November ausgeliefert werden soll, werde damit nicht belastet, sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh dem "Handelsblatt". Außerdem reduziere der Konzern seine Lagerbestände. Auch den Wolfsburgern macht Europa jetzt also Sorgen, aber einen Ausgleich gibt es in Nordamerika und in China. Ausgerechnet der Passat verkauft sich in den USA hervorragend, aber das hat einen wesentlichen Grund, sagt Autoexperte Dudenhöffer:

    "In den USA hat VW ja einen eigenen Passat gemacht, ein Fahrzeug, was deutlich besser ausgestattet ist als der Passat in Deutschland. Er ist größer, hat mehr Inhalt, ist preisgünstiger noch dazu. Und er wird in den USA produziert, und in den USA läuft das Autogeschäft derzeit hervorragend."

    In China ist VW noch gut im Geschäft. Aber auch die Chinesen spüren in ihren Exporten die rückläufige Nachfrage aus Europa. Deshalb dürften auch im Reich der Mitte allmählich Überkapazitäten entstehen. 9,7 Millionen Fahrzeuge könnte Volkswagen im Konzern, also einschließlich der Nutzfahrzeugtöchter MAN und Scania, im besten Fall bauen. Diese maximal eingeplante Produktionskapazität senkt der Konzern jetzt um 300.000. Der VW-Konzern müsse vor allem flexibel bleiben, meint Ferdinand Dudenhöffer:

    "In den nächsten ein, zwei Jahren muss man sich auch bei VW auf größeren Gegenwind einstellen. Und das bedeutet, man kann nicht mehr so wie in der Vergangenheit einfach immer nur auf Zusatzverkäufe hoffen, sondern man muss mit weniger morgen und übermorgen auskommen."

    In diesem Jahr aber noch hofft VW noch, deutlich mehr Autos verkaufen zu können als 2011: Da hatten die Wolfsburger weltweit 8,4 Millionen Autos abgesetzt.