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WADA-Präsident Witold Banka
Vom Leichtathleten zum Chef der Dopingjäger

Am 1. Januar 2020 wird der Pole Witold Banka die Nachfolge von Sir Craig Reedie als Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA antreten. Der Europarat hatte sich für den Ex-Leichtathleten ausgesprochen. Bei der WADA-Konferenz in Kattowitz präsentiert sich der designierte Chef erstmals auf großer Bühne.

Von Jan Pallokat |
Witold Banka, designierter WADA-Chef
Witold Banka, designierter WADA-Chef (www.imago-images.de)
Möglicherweise haben sich bei Witold Banka diejenigen verrechnet, die in dem 35-Jährigen einen pflegeleichten Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA sehen. Im Kandidaten-Rennen hatte sich der Pole zurückgehalten, während seine Hauptkonkurrentin, die Norwegerin Linda Helleland, mit kämpferischen Tönen von sich reden machte, auch mit Blick auf den Dauer-Problemfall Russland.
Der Pole präsentierte lieber einen Plan für einen Solidaritätsfonds, der die Doping-Abwehr in armen Ländern stärken soll und holte die entscheidenden Punkte der Sportverbände und Ländergruppen, die bei der WADA das Sagen haben. Und die nicht immer daran interessiert sind, dass Doping-Skandale das lukrative Geschäft mit dem Sport stören. Doch seit Banka nominiert ist, seine Bestätigung diese Woche bei einem WADA-Gipfel in Kattowitz ist Formsache, traut er sich mehr: Fordert strenge Sanktionen nicht nur gegen einzelne Doping-Sünder, sondern auch gegen Länder, die hinter der Praxis stehen.
Der Deutschen Welle sagte er: "Wenn Manipulationen nachgewiesen werden, werden die Schritte gegenüber Russland und denen, die manipuliert haben, sehr streng und konsequent sein. Ich warte jetzt auf die Ergebnisse der Untersuchungen und auf die Empfehlungen der Fachgremien. Die Wada ist heute in Sachen Sanktionen viel besser ausgestattet."
Drohen Russland strenge Sanktionen?
Konkret geht es aktuell um von Russland möglicherweise über Jahre systematisch gefälschte Labordaten zum Zwecke der Vertuschung, über die ein Insider die Weltpresse informierte. Die Ermittlungen eines WADA-Ausschusses dazu sollten bis Ende des Monats veröffentlicht werden; Banka übernimmt die Spitze der Agentur dann zum Jahreswechsel von Craig Reedie, dem eine zu große Nähe zum Kreml unterstellt wurde.

Nach Lage der Dinge kommen also auf den früheren Leichtathleten und 400-Meter-Läufer aus dem polnischen Oberschlesien stürmische Zeiten zu, die eher das Rückgrat eines Ringers erfordern: Denn nach einer Änderung des WADA-Regelwerks können Empfehlungen der WADA, etwa ein Ausschluss Russlands von den olympischen Sommerspielen nächstes Jahr in Tokio, nicht mehr einfach umgangen werden; möglicherweise landet der Fall beim Internationalen Sportgerichtshof CAS.
Craig Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur, spricht auf einer Pressekonferenz in Lausanne.
Craig Reedie, Ex-Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (dpa-Bildfunk / AP / Jean-Christophe Bott)
Die schon vor Amtsantritt doch recht deutlichen Worte Bankas haben viele in der Sportwelt aufhorchen lassen; auch Hajo Seppelt, ARD-Doping-Experte: "Sicherlich ist die Frage, wie mit Russland umgegangen wird, ein Lackmustest auch für Banka, man wird daran sehen, welche politische Präferenz er hat und welche Richtung er einschlägt. Ich gucke mit den Menschen an, er ist ein unbeschriebenes Blatt. Er hat sich in der Russland-Frage stärker positioniert als vorher, jetzt gilt es abzuwarten, ob seinen Worten Taten folgen."
Der polnische Politiker Witold Banka hält eine Rede.
Designierter WADA-Präsident Banka - Hoffnung auf mehr Effizienz und Unabhängigkeit
Witold Banka steht kurz vor seiner Bestätigung als neuer WADA-Präsident und die Erwartungen an ihn sind hoch. Die Entscheidungen der WADA sollten "unabhängig von Politik und Sportbewegungen" sein, sagte der Präsident der dänischen Anti-Doping-Agentur, Michael Ask, im Dlf.
Doping ekelte Banka schon als Sportler an
Als Sportminister stand Banka in Polen meist im Schatten seiner Ressortkollegen - schaffte aber doch eine deutliche Erhöhung des Fachbudgets, was er nicht zuletzt dem Jugend- und Kindersport zugute kommen ließ. Zudem baute er eine nationale polnische Anti-Doping-Agentur auf und verschärfte die Anti-Doping-Gesetze: Anstoß dafür gab der Fall der Brüder Zielinski. Die beiden polnischen Gewichtheber fielen jeweils vor beziehungsweise bei den Olympischen Spielen in Rio als Doping-Täter auf, und wurden disqualifiziert.
Schon als Sportler habe ihn Doping "angeekelt", sagt Banka, wichtig sei aber auch das Wissen der Athleten, etwa über verbotene Substanzen in Arzneien. Banka will das Verhältnis der WADA zu den Athleten verbessern, die bislang unterrepräsentiert sind. Er will mehr Geld hereinholen für die Agentur und die Zusammenarbeit mit staatlichen Ermittlern vertiefen. Zeit für all das hat er zunächst vier Jahre, aber mit Russland könnte eine erste Bewährungsprobe ganz am Anfang seiner Zeit stehen.