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Waffenbesitz
Sammler und Sportschützen gegen strengere Kontrollen

Die Bundesregierung will das Waffengesetz verschärfen. Dagegen protestieren Waffenbesitzer, etwa Sammler oder Sportschützen. Sie fühlen sich durch die geplante Novelle und deren strengeren Vorschriften kriminalisiert und diskriminiert.

Von Anke Petermann |
Zuständige Genehmigungsbehörden sollen sich laut geplanter Gesetzesnovelle über potentielle Waffenkäufer erkundigen. Etwa, ob diese verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen.
Zuständige Genehmigungsbehörden sollen sich laut geplanter Gesetzesnovelle über potentielle Waffenkäufer erkundigen. Etwa, ob diese verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. (picture alliance / dpa / Patrick Seeger)
Das Alte Zollhaus im rheinland-pfälzischen Wachenheim markierte mal die Grenze zwischen Hessen und Bayern. Hier hätte ein Sammler historischer Waffen gern ein Militärmuseum eingerichtet. Doch aufgrund der strengen Vorschriften hätte er das zuvor erworbene Bruchsteinhäuschen zum Hochsicherheitstrakt umbauen müssen.
"Durch Vergittern von allen Fenstern, Sicherheitstüren, ich hätte eine Alarmanlage mit Direktaufschaltung einbauen müssen, das wollte ich dann nicht," sagt Peter Müller, der eigentlich anders heißt. Doch als Sammler will er sich öffentlich nicht outen. Zu groß die Bedenken, als Waffennarr verunglimpft und in die rechte Ecke gedrängt zu werden. Er legt seine rote Waffenbesitzkarte auf den Tisch.
Waffenbesitzer sind empört
"Die berechtigt mich, innerhalb meines Sammelthemas Waffen zu erwerben und zu sammeln." "Zu besitzen, aber nicht zu führen," präzisiert Müllers Sammlerkollege Helmut Bindl: "Führen darf nur jemand mit einem Waffenschein. Und einen Waffenschein bekommen ganz wenige in Deutschland, und zwar nur wirklich gefährdete Personen."
Bindl sitzt dem rheinland-pfälzischen Landesverband für Waffentechnik und –Geschichte vor. Der Verein setzt sich für die Interessen legaler Waffenbesitzer ein. Diese, ganz gleich ob Sammler, Sportschützen oder Jäger, sind mehrheitlich empört über die geplante Gesetzesverschärfung.
Statt sich auf illegalen Waffenhandel im "Darknet" zu konzentrieren, kriminalisiere die Novelle rechtstreue Waffenbesitzer, schimpft Bindl, Oberstabsfeldwebel der Reserve. Das fange schon damit an, dass deaktivierte, unschädlich gemachte Dekorationswaffen zu illegalen erklärt würden.
Doch die meist diskutierte Änderung ist die sogenannte Regelabfrage beim Verfassungsschutz. Beim Erwerb einer Waffe soll sich die zuständige Genehmigungs-Behörde künftig erkundigen, ob Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen oder Aktivitäten gegen den Käufer vorliegen. Kein Problem für gesetzestreue Sammler, sollte man meinen. Doch Helmut Bindl fragt sich, was geschieht, wenn sein Name beim Verfassungsschutz auf Extremismus-Vorwürfe überprüft wird:
"Wird der gleich wieder gelöscht, oder steht man dann einfach in einer Liste drin. Und irgendwann gibt es eine generelle Abfrage über Listen, und auf einmal steht man da drin, obwohl man überhaupt nichts damit zu tun hat."
Sammler sehen auch eine Verrohung der Gesellschaft
Hans Meier, nennen wir ihn so, ist der dritte im Trio. Er hat einen Jagdschein und sammelt außerdem Walther-Pistolen, also Handfeuerwaffen eines deutschen Traditionsherstellers.
"Ich habe einen Eid auf unser Land schon abgelegt, ich fühle mich dran gebunden, lebe hier, zahle meine Steuern, habe halt das Hobby, eine Waffensammlung aufbauen zu wollen. Und ich denke, der Staat muss auch ein gewisses Vertrauen in seine Bürger haben."
Schließlich habe Deutschland längst eines der schärfsten Waffengesetze, mit strengsten Vorschriften zur Zuverlässigkeit von Käufern und Besitzern. Außerdem strikte Regeln zur Lagerung von Waffen und Munition. "Und bisher fahren wir damit ganz gut", findet Meier. Als aktuellen Beleg dafür führt der Pfälzer an, dass der Attentäter von Halle legal gar nicht an eine Schusswaffe kommen konnte, sondern sich eine im 3-D-Drucker baute.
Allerdings beobachten auch die Sammler, dass die Gesellschaft verroht. Reichsbürger und Extremisten sollten nicht an Waffen gelangen können, das finden sie auch. Doch laut Schätzungen gibt es allein 300 legale Waffenbesitzer unter Reichsbürgern. Für die Grünen im Bundestag ist das Anlass, noch höhere Hürden für die Waffenerlaubnis zu fordern. Die Sammler jedoch erkennen keine Defizite beim Gesetz, sondern beim Vollzug. Helmut Bindl:"Die Möglichkeit, denjenigen die Waffen zu entziehen, sind geschaffen. Dann muss man es umsetzen."
"Mittlerweile sind die Behörden informiert, es gibt Behörden, die diese Sachen einsammeln, zur Abgabe auffordern. Wer bekannt ist, wer sich hier nicht zu unserer Verfassung, zu unserer Bundesrepublik bekennt, der wird auf keine Waffen erhalten und keine mehr behalten dürfen", ergänzt Meier.
"Eine kalte Enteignung"
Ob die Verfassungsschutz-Abfrage und schärfere Kontrollen verhindert hätten, dass der mutmaßliche Waffenbeschaffer im Mordfall Lübcke legal an Schießeisen kommen konnte? Ob sie die Schüsse eines bekennenden Ausländerhassers auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach verhindert hätten? Die Regierungsfraktionen, die das Gesetz verschärfen wollen, hoffen es. Die Sammler – und mit ihnen FDP und AfD – bestreiten es.
Dass in Bayern 2016 ein Polizist erschossen wurde, der einem Reichsbürger eine Waffe entziehen wollte – für die Gewerkschaft der Polizei ein Grund, pro Verschärfung zu sein. Doch in jenem Fall war es nach Ansicht von Helmut Bindl ein Problem des polizeilichen Vollzugs: Der getötete Beamte sei von seinen Kollegen wohl nicht ausreichend gesichert worden. Je mehr Schuss im Magazin, desto gefährlicher ein Täter, findet unter anderem die Gewerkschaft der Polizei. Magazine lassen sich leicht wechseln, widerspricht Helmut Bindl. Dass größere Magazine nun verboten werden sollen:
"Das ist eine kalte Enteignung", sagt Peter Müller. Über Jahre hat er teils vierstellige Beträge in Magazine und fünfstellige in Waffen investiert. Helmut Bindl legt ein historisches Trommelmagazin auf den Tisch, das unter das Verbot fallen würde.
"Das heißt, es kann weder verkauft, verschenkt, auch nicht vererbt werden und hat somit jeden Wert verloren."
Besitzstandwahrung habe Bundesinnenminister Seehofer Waffen-Eigentümern jüngst versprochen, aber nicht eingelöst, schimpfen die Sammler. Entgegen früherer Zusagen würden die EU-Vorgaben sogar verschärft. Den Grünen dagegen gehen die Pläne des Bundeskabinetts nicht weit genug. Sie verlangen, dass Munition gar nicht mehr privat gelagert werden darf.